OGH 9Ob68/03w

OGH9Ob68/03w9.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hradil, Dr. Hopf, Dr. Schramm und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedspruches (Streitwert EUR 72.672,84), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. März 2003, GZ 4 R 11/03x-70, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juli 2002, GZ 25 Cg 168/00x-60, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Nach den (vom Berufungsgericht übernommenen) Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts hatte keiner der Schiedsrichter weder ein "wie immer geartetes Interesse" am Ausgang des Verfahrens, noch wollte er die Parteien ungleich behandeln oder nahm er eine einseitige Haltung zu Gunsten einer der Parteien ein. Auf der Basis dieser Feststellungen kann in der Auffassung der Vorinstanzen, die Ablehnung des Schiedsgerichtsvorsitzenden sowie eines weiteren Schiedsrichters sei nicht ungerechtfertigt zurückgewiesen worden (§ 595 Abs 1 Z 4 ZPO), kein Rechtsirrtum erblickt werden. Die von der Revisionsrekurswerberin als vermeintlich erhebliche Rechtsfrage angesprochene Problematik, in welchen Fällen (grobe) Verfahrensverstöße von Richtern eine Befangenheit begründen könnten, ist im vorliegenden Fall nicht zu lösen. Steht nämlich fest, dass die im Schiedsverfahren (erfolglos) abgelehnten Schiedsrichter keine Partei ungleich behandeln wollten und auch keine einseitige Haltung zu Gunsten einer der Parteien eingenommen hatten, so besteht - ungeachtet allfälliger Verfahrensfehler - schon logisch keine Möglichkeit mehr, von einer - von der Revisionswerberin behaupteten - mangelnden Objektivität auszugehen. Darüber hinaus stellt die Beurteilung, ob die Verfahrensführung einen ausreichenden Grund für die Ablehnung eines Richters darstellt (§ 586 Abs 1 ZPO iVm § 20 JN) regelmäßig eine Frage des Einzelfalles dar, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt.

2.) Unberechtigt ist auch der Vorwurf, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht eine Unvereinbarkeit des Schiedsspruches mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (§ 595 Abs 1 Z 6 ZPO) verneint.

Das Schiedsgericht hat dem Arglisteinwand der nunmehr klagenden Partei gegen die im Schiedsverfahren geltend gemachte Kaufpreisforderung der nunmehrigen beklagten Partei unter anderem entgegengehalten, dass auch eine erfolgreiche Anfechtung (wegen Arglist oder veranlassten Irrtums) der Vereinbarung über die Verschiebung des Liefertermines nicht dazu geführt hätte, dass der nunmehrigen Klägerin das Recht zu einer Preisanpassung (entsprechend den Marktpreisen zum Zeitpunkt der verspäteten Lieferung) zugestanden wäre. Auch dann hätte sie nämlich nur entweder die unverzügliche Freigabe der Lieferung noch im Februar 1995 verlangen oder aber unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Auflösung des Vertrages erklären können. Sie habe jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Nachfrist zur Lieferung der Ware zu den vereinbarten Preisen gesetzt, sondern im Gegenteil sogar noch Ende März 1995 die Abnahme der Ware zu den vereinbarten Preisen abgelehnt. Der Kaufpreisanspruch der Schiedsklägerin reduziere sich allerdings dadurch, dass diese ihrer Schadensminderungspflicht nicht hinreichend nachgekommen und daher so zu behandeln sei, als hätte sie den Deckungsverkauf früher und zu einem höheren Preis durchgeführt.

Dem hält die klagende Partei auch im Revisionsverfahren nichts Stichhaltiges entgegen. Unterstellt man ihre Tatsachenbehauptungen über die (arglistige) Irreführung durch die beklagte Partei zur Frage des Grundes für die Nichteinhaltung des Liefertermines als richtig, so trifft es zwar zu, dass von ihr vernünftigerweise eine Anfechtung der Vereinbarung über die Verschiebung des Liefertermines und eine daran anschließende Rücktrittserklärung und Nachfristsetzung nicht zu erwarten war, weil sie nach ihrem Prozessvorbringen über die tatsächliche Ursache der nicht rechtzeitigen Lieferung und des Ersuchens um einvernehmliche Verschiebung erst später informiert wurde. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum dies ohne weiteres dazu führen sollte, dass der Zahlungsanspruch der Verkäuferin von selbst erlischt und die Käuferin so zu behandeln wäre, als hätte sie bereits seinerzeit wirksam eine Auflösung des Kaufvertrages herbeigeführt. Die behauptete Verletzung der Verpflichtung der Verkäuferin, die Käuferin wahrheitsgemäß über die Ursachen für den Lieferverzug zu informieren bzw die Missachtung des sich schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergebenden Verbotes, seinen Vertragspartner über maßgebliche Umstände zu täuschen, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, könnte allenfalls zu einem Schadenersatzanspruch der dadurch beeinträchtigten Vertragspartei führen, etwa zum Ersatz jener Mehrkosten, die im Falle einer Auflösung des Kaufvertrages und dem Ankauf des benötigten Rohstoffes um einen günstigeren Preis bei einem anderen Anbieter vermeidbar gewesen wären. Dass die Revisionswerberin derartige Schadenersatzansprüche im Schiedsverfahren geltend gemacht hätte - sei es im Wege einer Aufrechnungseinrede oder aber durch einen Hinweis auf eine bereits außergerichtlich erfolgte Aufrechnung - behauptet sie selbst nicht. Hat sie nun aber die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen unterlassen, kann sie dem Schiedsgericht nicht den Vorwurf machen, nicht geprüft zu haben, ob die Anspruchsvoraussetzungen gegeben wären. Im Übrigen erscheint bereits die Auffassung des Schiedsgerichts, die Revisionswerberin habe kein ausreichendes Vorbringen erstattet, jedenfalls im Hinblick auf den hypothetischen Kausalverlauf bei wahrheitsgemäßer Information über die Ursache des Lieferverzugs nicht fehlerhaft.

3. Da sich das Schiedserkenntnis somit schon auf Grund der dargelegten Erwägungen als unbenklich erweist, ist unerheblich, ob seine Begründung - etwa zur Nichtzulassung von angebotenen Beweismitteln oder zur Frage, ob ein bestimmter Beweis gelungen ist - Unklarheiten oder gar Unrichtigkeiten aufweist. Damit geht auch der Vorwurf der Revisionswerberin, es liege deshalb eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Schiedsverfahren iSd § 595 Abs 1 Z 2 ZPO vor, weil das Schiedsgericht grob gegen tragende Grundsätze eines geordneten Verfahrens verstoßen und maßgebliche Fragen nicht erörtert hätte, ins Leere. Da die Revisionswerberin im Schiedsverfahren Schadenersatzansprüche gar nicht geltend gemacht hat, konnte tatsächlich dahingestellt bleiben, ob sie durch unrichtige Angaben der beklagten Partei - allenfalls sogar arglistig - dazu veranlasst wurde, einer Verschiebung des Liefertermines zuzustimmen.

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