OGH 6Ob272/02x

OGH6Ob272/02x26.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk sowie Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosmarie S***** , vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Andreas W*****, vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 26.591,61 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. August 2002, GZ 1 R 136/02p-42, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. April 2002, GZ 12 Cg 80/00w-38, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist mangels einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Anwendung des Anspannungsgrundsatzes richtet sich jeweils nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls (6 Ob 2319/96i; 6 Ob 116/00b). Nach der Rsp des OGH wird der Anspannungsgrundsatz als Art Missbrauchsvorbehalt nur dort eingesetzt, wo schuldhaft die zumutbare Erzielung deutlich höherer Einkünfte versäumt wird (4 Ob 166/98k; JBl 1992, 173; vgl 6 Ob 636/96 = EFSlg 78.712). Der Ehemann der Klägerin wurde im Dezember 1996 arbeitslos, als er wegen Veruntreuung als Filialleiter eines Interspar-Markts entlassen worden war. Er hat sich noch während aufrechter Ehe mit der Klägerin (im Sommer 1997 bzw zwei Monate später) bei zwei Arbeitgebern - unter Bejahung seiner Vorstrafe - um die Stelle eines Filialleiters beworben, wobei der monatliche Nettoverdienst zumindest 35.000 S betragen hätte. Nachdem ihm der Arbeitsort (Linz bzw im Flachgau) bekanntgegeben worden war, betrieb er die Bewerbungen nicht mehr weiter, weil er nicht mehr auswärts arbeiten, sondern bei seiner Familie (Anmerkung: nämlich bei seiner damals schwangeren langjährigen Lebensgefährtin, die er am 22. 11. 1997 heiratete) bleiben wollte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Vorstrafe des Ehemanns der Klägerin ein Hindernis gewesen wäre, eine gleich hoch bezahlte Anstellung zu finden wie jene, die er im Dezember 1996 verloren hatte und aus der er monatlich zwischen 35.000 S und 40.000 S netto erzielte. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Gesichtspunkten die (hypothetische) Anspannung auf monatliche Nettoeinkünfte von 35.000 S (mehr als 20.000 S über dem Arbeitslosengeld), insbesondere die Zumutbarkeit des Pendelns bejahte, kann darin eine krasse Fehlbeurteilung nicht erblickt werden, weil ein pflichtbewusster arbeitsloser Ehemann, dessen Ehefrau nach der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse keinem Erwerb nachging, bei einer derartigen Verdienstmöglichkeit vernünftigerweise auch eine Anstellung angenommen hätte, die Pendeln erfordert.

Die Frage, ob ein geschiedener, wiederverheirateter Mann, der einen Karenzurlaub zur Betreuung eines Kindes aus der neuen Ehe in Anspruch nimmt, auf ein ohne Karenz erzielbares Einkommen angespannt werden darf, stellt sich im vorliegenden Fall nicht, weil der Beklagte der Klägerin aufgrund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils auch für sämtliche Schäden und Nachteile aus dem Rat, eine Scheidungsklage einzubringen, haftet. Hätte die Klägerin die Scheidungsklage nicht eingebracht, hätte ihr Ehemann die Scheidung begehren müssen. Der Beklagte hätte behaupten und beweisen müssen, dass und wann der Ehemann die Scheidungsklage eingebracht hätte und die Ehe schon während der Zeit, als er Karenzurlaub in Anspruch nahm, geschieden worden wäre. Derartiges wurde nicht vorgebracht.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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