OGH 6Ob99/03g

OGH6Ob99/03g26.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Jörg H*****, vertreten durch Dr. Michael Rami, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) S*****gesellschaft mbH, *****, und 2.) Dr. Katharina K*****, beide vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen, deren Widerrufs und Veröffentlichung des Widerrufs, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 12. Februar 2003, GZ 1 R 238/02f-48, mit dem das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 28. Juli 2002, GZ 3 Cg 29/99d-43, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der Entscheidung über eine Revision ist der Oberste Gerichtshof nicht an die anlässlich der Entscheidung über eine einstweilige Verfügung in derselben Sache geäußerte Rechtsansicht gebunden (RIS-Justiz RS0043717). Der Umstand, dass der Oberste Gerichtshof im Sicherungsverfahren den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den das Sicherungsbegehren abweisenden Beschluss des Rekursgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen hat, steht daher der Beachtung des seither ergangenen verurteilenden Strafurteiles und dessen Bindungswirkung, die im Hauptverfahren nunmehr zur Stattgebung auch des dem Sicherungsbegehren entsprechenden Unterlassungsbegehrens führt, nicht entgegen.

Wegen der auch hier strittigen Äußerung wurde die Erstbeklagte rechtskräftig gemäß § 6 MedienG zu einem Entschädigungsbetrag und die Zweitbeklagte wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB verurteilt. Der Oberste Gerichtshof vertritt seit der in SZ 68/195 veröffentlichten Entscheidung des verstärkten Senates die Auffassung, dass sich der in einem Strafverfahren Verurteilte in einem Nachfolgeprozess nicht darauf berufen könne, er habe die Tat, derentwegen er verurteilt worden sei, nicht begangen. Der Oberste Gerichtshof hat seither bereits auch mehrfach eine Bindungswirkung an strafgerichtliche Erkenntnisse nach dem Mediengesetz und in einem Privatanklageverfahren wegen strafbarer Handlungen gegen die Ehre bejaht und zum Umfang der sich aus der materiellen Rechtskraft abzuleitenden Bindung ausgeführt, dass der Schuldspruch in allen seinen Teilen der Rechtskraft teilhaft werde. Es wurde bereits klargestellt, dass eine rechtskräftige Verurteilung nach § 6 MedienG, durch die festgestellt wird, der Medieninhaber habe durch einen näher bezeichneten Medieninhalt den objektiven Tatbestand der üblen Nachrede, der Verleumdung oder Verspottung hergestellt, für die Zivilgerichte bindend und nicht mehr überprüfbar festlegt, dass das Medienpublikum den im Urteil bezeichneten Medieninhalt als tatbestandmäßig (ehrverletzend oder verleumderisch) versteht. Im Zivilverfahren kann die Rechtsfrage des objektiven Bedeutungsinhaltes der bekämpften Äußerung nicht mehr aufgerollt werden (RIS-Justiz RS0043494). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits dargelegt, dass er sich trotz der Entscheidungskritik Oberhammers (ecolex 1998, 395), auf die sich die Revisionsausführungen beziehen, aus den in der Entscheidung vom 23. 11. 2000, 6 Ob 265/00i, näher dargelegten Gründen nicht veranlasst sieht, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Das Berufungsgericht hat daher in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dargelegt, dass das Erstgericht im Verfahren nach § 1330 ABGB an die Feststellung des Strafgerichtes gebunden war, dass die Beklagten durch die strittige Äußerung den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 StGB verwirklicht haben. Dieser Tatbestand setzt im Gegensatz zur Beleidigung nach § 115 StGB eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung voraus. Der Wahrheitsbeweis ist zulässig (§§ 111 Abs 3, 112 StGB). Das Strafgericht hat daher für das Zivilgericht bindend eine Qualifikation vorgenommen, die die Annahme eines bloßen unüberprüfbaren Werturteiles ausschließt (6 Ob 265/00i). Es steht damit auch die Unwahrheit der Behauptung bindend fest. Davon hat das Zivilgericht ohne eigene Prüfungskompetenz auszugehen. Hinsichtlich der Zweitbeklagten sind damit auch die Rechtfertigungsgründe des § 6 Abs 2 Z 2 lit a und b MedienG ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung können unwahre kreditschädigende Tatsachenbehauptungen nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK) gerechtfertigt werden. Eine Interessenabwägung hat in einem solchen Fall nicht stattzufinden (RIS-Justiz RS0032201). Die Vorinstanzen sind dieser Rechtsprechung gefolgt. In der außerordentlichen Revision werden keine von der Rechtsprechung bisher noch nicht beachtete Fragen der Bindungswirkung strafgerichtlicher Erkenntnisse aufgezeigt. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO liegt nicht vor. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte