OGH 14Os77/03

OGH14Os77/0324.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian Josef B***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Bernhard K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 20. Februar 2003, GZ 37 Hv 6/03i-179, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch II des Bernhard K*****, demgemäß auch im Strafausspruch (nicht aber im Umfang der Einziehung nach § 34 SMG) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte K***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Christian Josef B***** umfassenden) Urteil wurde Bernhard K***** (zu II) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG schuldig erkannt. Danach hat er von Sommer 1999 bis April 2001 in Mondsee, Tamsweg und andern Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Verkehr gesetzt, und zwar

1. durch wiederholte Weitergaben von insgesamt 240 Ecstasy-Tabletten an Johann P*****, Corina M*****, Martin M*****, Elke Z***** und Manuel R*****;

2. durch wiederholte Weitergaben von insgesamt zumindestens 2,5 kg Cannabisharz bzw Cannabiskraut an Johann P*****, Walter H*****, Corina M*****, Reza Z*****, Sabrina L*****, Florian F*****, Hannes W*****, Martin M*****, Jürgen H*****, Michael F*****, Manfred S*****, Manuel R***** und Erwin K*****.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten dagegen erhobenen, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt zutreffend auf, dass sich das Erstgericht

mit den durch Verlesung (S 128/VIII) in die Hauptverhandlung

eingeführten Aussagen der Zeugen Johann P***** (S 337/VI = 83/VII und

S 343/VI = 89/VII), Walter H***** (S 235/VI), Corina M***** (S

455/VI), Johann W***** (S 425/VI = 77/VII), Martin M***** (S 217/I,

323/VI = 63/VII und S 331/VI = 71/VII), Jürgen H***** (S 463 ff/VI),

Manuel R***** (S 395/VI = 101/VII und S 399/VI = 105/VII) sowie

Johann M***** (S 209/I, 355/VI = 135/VII und 119 ff/VIII) nicht

auseinandergesetzt hat, obgleich diese Suchtgiftabnehmer die Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung vom 20. Februar 2003 stützen, mit der er seine das Inverkehrsetzen größerer Mengen an Suchtgift einräumenden Angaben vor der Gendarmerie vom 19., 20. und 21. April 2001 einschränkte und nunmehr behauptete, wesentlich weniger Cannabisprodukte und Ecstasy-Tabletten als in der Anklage angeführt weitergegeben zu haben (S 112 ff/VIII). Die in der Beschwerde zur Bestätigung einer mengenmäßig geringeren Suchtgiftweitergabe zudem angeführten Aussagen der Zeugen Reza Z*****, Sabrina L*****, Florian F*****, Michael F***** und Manfred S***** befinden sich infolge mehrfacher Ausscheidungen von Verfahrensteilen betreffend mitangeklagt gewesener Personen nicht mehr im Akt. Diese auch unter dem Gesichtspunkt einer Tatsachenrüge (Z 5a) nicht weiter verifizierbaren Angaben konnten schon mangels Verlesung in der Hauptverhandlung in der Urteilsbegründung nicht gewürdigt werden (§ 258 StPO; vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 422). Dessen ungeachtet hätten die Tatrichter, welche die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung als Schutzbehauptung werteten und von den Mengenangaben des Beschwerdeführers bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie ausgingen (US 5 ff), die dazu im Widerspruch stehenden, in der Hauptverhandlung verlesenen Zeugenaussagen würdigen müssen. Dies wäre umso notwendiger gewesen, als der Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung und nach den diese Angaben im Wesentlichen bestätigenden Aussagen der genannten Zeugen Cannabisprodukte und Ecstasy-Tabletten (nur) in einem Umfang weitergegeben haben soll, bei dem selbst nach den Urteilsannahmen zum Reinheitsgrad der in Verkehr gesetzten Cannabisprodukte und Ecstasy-Tabletten auch bei gebotener Zusammenrechnung aller Suchtgifttransaktionen das Erreichen einer großen Menge iSd § 28 Abs 6 SMG zumindest in Frage steht. Das Urteil erweist sich daher insoweit als unvollständig begründet. Darüber hinaus ist auch die Subsumtionsrüge (Z 10) im Recht. Das Schöffengericht stellte zur subjektiven Tatseite lediglich fest, dass der Angeklagte bei seinen Suchtgiftweitergaben "mit einem einheitlichen Tatvorsatz" vorging (US 5). Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass damit der für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG beim Verkauf mehrerer, die Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) zwar nicht für sich allein, wohl aber in Summe erreichender Teilmengen notwendige Vorsatz nicht festgestellt wurde, von vornherein durch die kontinuierliche Weitergabe geringer Suchtgiftmengen und den daran geknüpften Aditionseffekt eine große Menge Suchtgift in Verkehr zu setzen (vgl zuletzt 13 Os 10/03, 13 Os 156/02).

Somit zeigt sich in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285e StPO), bei der im Übrigen auch die Angaben der Zeugen Reza Z*****, Sabrina L*****, Florian F*****, Michael F***** und Manfred S***** zu berücksichtigen sein werden. Zu diesem Zweck wird es notwendig sein, die ursprünglich im Akt vorhanden gewesenen Aussageprotokolle dieser Zeugen wieder anzuschließen.

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die in der Subsumtionsrüge inhaltlich ausgeführte Mängelrüge (Z 5) betreffend den festgestellten Reinheitsgrad der in Verkehr gesetzten Suchtgiftsubstanzen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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