OGH 1Ob88/03b

OGH1Ob88/03b27.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Offene Erwerbsgesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Karl Claus, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider die beklagte Partei Marktgemeinde G*****, ***** vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen Zuhaltung und Fertigung eines Kaufvertrags (Streitwert EUR 41.423,52) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2002, GZ 13 R 52/02s-29, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 5. Dezember 2001, GZ 2 Cg 27/99t-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin sieht in dem Umstand, dass das Berufungsgericht auf einen Teil der Aussage eines Zeugen nicht eingegangen sei, eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Berufungsgericht, wenn es gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts keine Bedenken hat, nicht verpflichtet ist, auf die einzelnen Zeugenaussagen besonders einzugehen (vgl nur Fasching IV, 311). Das Berufungsurteil ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0043371) nur dann mangelhaft, wenn es sich mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst. Eine knapp gehaltene Begründung, die erkennen lässt, dass eine Überprüfung stattgefunden hat, genügt (9 ObA 195/98m). Ein Verfahrensmangel würde dann vorliegen, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge gar nicht oder nur so mangelhaft befasste, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (vgl nur 9 Ob 238/01t). Davon kann hier keine Rede sein, lässt doch insbesondere die Angabe einzelner Belegstellen aus dem erstgerichtlichen Akt durch das Berufungsgericht eine ausreichende Beschäftigung mit dem Beweismaterial erkennen.

Soweit die Revisionswerberin den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation erhebt, übersieht sie, dass dieser in der Berufung nicht aufrecht erhalten wurde. Vielmehr behauptete sie dort die Zustimmung des Bürgermeisters zu dem von Silvia N***** "als Geschäftsführerin der klagenden Partei" abgegebenen Angebot einer Ratenzahlung (ON 26, S 5) bzw Zusagen an die "Klägerin" (ON 26, S 3), mit denen deren Aktivlegitimation inhaltlich außer Streit gestellt wurde.

Wenngleich nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0014664) Bestimmungen einer Gemeindeordnung, die bestimmte Rechtsgeschäfte dem Gemeinderat vorbehalten, nicht bloß interne Organisationsvorschriften darstellen, sondern eine Beschränkung der allgemeinen Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters beinhalten, ist ein von diesem ohne Vertretungsmacht abgeschlossenes Rechtsgeschäft nicht etwa von vornherein unheilbar nichtig, sondern vorerst schwebend unwirksam. Nach der auch für Gemeinden geltenden Regel des § 1016 ABGB kann es nachträglich genehmigt und damit geheilt werden (RIS-Justiz RS0014709).

Nun ist ein solcher nachträglicher Gemeinderatsbeschluss (vom 31. Oktober 1995) auch in der Tat festgestellt. Ob es diesem Beschluss an bestimmten Voraussetzungen seines fehlerfreien Zustandekommens in dessen Vorfeld (wie etwa einer Aufnahme in die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung) gebricht, ist eine Tatfrage, wofür nach allgemeinen Regeln die Beklagte behauptungspflichtig gewesen wäre. Ein solches Vorbringen wurde aber - als unzulässige Neuerung (§ 482 ZPO) - erstmals in der Berufung erstattet.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Da der Oberste Gerichtshof der Revisionsgegnerin die Beantwortung der von der beklagten Partei erhobenen außerordentlichen Revision nicht freigestellt hat, war die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. (RIS-Justiz RS0043690, RS0113633) Ein Kostenersatz hat demnach nicht stattzufinden.

Stichworte