OGH 5Ob72/03d

OGH5Ob72/03d29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshof Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Mietrechtssachen der Antragsteller 1.) Jörg S*****, 2.) Dipl.-Ing. Ewald R*****, und 3.) Ing. Jürgen K*****, alle vertreten durch Mag. Birgit Götz und andere Funktionäre der Mietervereinigung Österreichs, Bezirksorganisation Graz, gegen die Antragsgegner 1.) Ing. Franz K*****, und 2.) Hilde K*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Josef Peissl, Rechtsanwalt in Köflach, wegen Überprüfung der Hauptmietzinse (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG), über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Dezember 2002, GZ 3 R 245/02z-17, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12. September 2002, GZ 42 Msch 1002/02b-14 (weitere AZ 42 Msch 10003/02z und 42 Msch 10004/02x), bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****. Sie haben in den Jahren 1988 und 1999 die im ersten Stock des Hauses liegenden Räume umgebaut, dadurch aber den hier verfahrensgegenständlichen "Wohnungsverband top 9" nicht neu geschaffen.

Die Antragsteller sind bzw waren auf Grund einzeln abgeschlossener Verträge Hauptmieter der Objekte top 9a und 9d, die so wie die gleichartigen Objekten top 9b und 9c alle im "Wohnungsverband top 9" liegen. Jedes dieser mit einer eigenen Klingel und einer eigenen Gegensprechanlage ausgestatteten Objekte umfasst (zumindest) ein Zimmer mit einem Küchenblock, das den Antragstellern (bzw den Mietern der Objekte 9b und 9c) zur ausschließlichen Benützung überlassen war; dazu waren die Antragsteller (gleich den Mietern der Objekte top 9b und 9c) noch berechtigt, den Vorraum, die Diele, das Bad und das WC des "Wohnungsverbandes top 9" mitzubenützen. Es gab für jeden Mieter eines der Objekte 9a bis 9d einen Haustorschlüssel, der auch die Eingangstür zum "Wohnungsverband top 9" sperrte, und einen Schlüssel für den jeweils zur ausschließlichen Benützung überlassenen Wohnraum.

Die Vorinstanzen waren (nach vorheriger Anrufung der Schlichtungsstelle der Stadt Graz) mit einer Überprüfung der von den Antragstellern zu zahlenden Hauptmietzinse befasst. Auf Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens und des festgestellten Sachverhalts sowie das genaue Ergebnis der Mietzinsüberprüfung ist hier nicht einzugehen, weil sich nur die Frage stellt, ob die den Antragstellern vermieteten Objekte in die Ausstattungskategorie D (brauchbar) einzustufen sind oder - wie von den Antragsgegnern vertreten - die Vereinbarung angemessener Hauptmietzinse ermöglichen.

Beide Vorinstanzen vertraten die Auffassung, es handle sich um Mietgegenstände der Kategorie D (brauchbar), wobei das Rekursgericht seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründete:

Entgegen der vom Obersten Gerichtshof in MietSlg 39.306/35 zu einem vergleichbaren Fall vertretenen und offenbar sowohl von Würth/Zingher (Miet- und Wohnrecht20, Rz 35 zu § 1 MRG) als auch T. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 46 zu § 1 MRG) gebilligten Rechtsauffassung, sei nicht von der Vermietung einer Wohnung der Ausstattungskategorie A an mehrere Mieter auszugehen, sondern davon, dass die "selbständige bauliche Einheit Wohnung" zum Zweck der Ermittlung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses in mehrere Wohnungen zu teilen sei. Da die Antragsgegner den einzelnen Hauptmietern der Bestandobjekte 9a bis 9d jeweils an nur einem Zimmer Benützungsrechte eingeräumt hätten, sei keiner auch (Mit-)Mieter der anderen Wohnräume. Er hafte weder für den auf andere Wohnräume entfallenden Mietzins noch bilde er gemeinsam mit den übrigen Mietern eine einheitliche Streitpartei. In diesem Sinn habe der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 302/01z ausgesprochen, dass bei einer Einzelraumvermietung, deren Objekte über ein gemeinsames WC verfügen und nach dem Baukonsens als eine Wohneinheit anzusehen sind, die gesondert vermieteten Räume - als einzelne Wohnungen - in die Ausstattungskategorie D einzustufen seien (RIS-Justiz RS0069307 und RS0069993).

Bei der gegenständlichen Konstellation handle es sich - wie auch vom Erstgericht angenommen - bei den einzelnen mit Kochnischen ausgestatteten Räumen um baulich in sich abgeschlossene, zur Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen geeignete Gebäudeteile, die nach der Parteienabsicht zu Wohnzwecken vermietet worden seien (T. Hausmann aaO, Rz 45 zu § 1 MRG). Die gegenteilige Auffassung würde Umgehungen der Mietzinsobergrenzen des MRG dadurch erleichtern, dass Vermieter ganze Gebäudegeschoße (bestehend aus einzelnen vermieteten Zimmern mit gemeinsam zu benützenden Sanitärräumen) als eine Wohnung mit ständig wechselnden Mitmietern (deren Mitmietrechte sich auf die der gemeinsamen Benützung vorbehaltenen Räume beschränken würden) vermieten könnten. Wären die einzelnen Mieter Mitmieter des gesamten Wohnungsverbandes, hätten sie kein selbständiges Verfügungsrecht über ihren Anteil an den Bestandrechten und müssten sowohl im Zivilprozess als auch im Außerstreitverfahren nach § 37 MRG als einheitliche Streitpartei behandelt werden (WoBl 2001/97; WoBl 1999/17).

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch dass der ordentliche Revision in jeder der verbundenen Rechtssachen zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Abweichen von der in MietSlg 39/15 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes.

Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs streben die Antragsteller die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung und die Rückverweisung der Sache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an. Sie meinen, dass der in MietSlg 39/15 vertretenen Rechtsansicht zu folgen sei. Der Begriff Wohnung sei von dem ebenfalls in § 1 MRG verwendeten Begriff des Wohnungsteils strikt zu unterscheiden, weshalb die von den Antragstellern gemieteten Wohnungsteile (auch wenn es sich dabei um Mietgegenstände handle) in mietzinsrechtlichen Belangen dem "Wohnungsverband top 9" (also der Wohnung iSd § 15a MRG) zuzurechnen seien. Die Antragsteller hätten demnach Teile der Wohnung top 9 zur alleinigen Benützung, andere zur gemeinsamen Benützung gemietet. Mietgegenstand und Wohnung iSd § 15a MRG seien nicht immer deckungsgleich. Es könne aber kein Zweifel daran bestehen, dass die Wohnung top 9 über die kategoriebestimmenden Ausstattungsmerkmale eines im Wohnungsverband liegenden Klosetts und eines ebenfalls im Wohnungsverband liegenden Bades verfüge. Beide Einrichtungen seien für die Mieter erreichbar, ohne Allgemeinflächen des Hauses zu betreten. Einer Teilung der Wohnung, wie sie von den Vorinstanzen vorgenommen wurde, sei mit den Argumenten der Entscheidung MietSlg 39/15 entschieden entgegenzutreten. Dass jedes getrennt vermietete Objekt verschließbar und mit einer eigenen Klingel und Gegensprechanlage ausgestattet ist, ändere daran nichts. Denke man sich diese Ausstattungsmerkmale weg, würde das bei konsequenter Fortführung der Rechtsansicht der Vorinstanzen die Ausstattungskategorie verbessern, weil dann die einzelnen Objekte nicht mehr zur Befriedigung individuelle Wohnbedürfnisse geeignet wären und erst recht eine Wohnung (top 9) mit Wasserentnahmestelle und Klosett im Inneren vorläge. Zu der vom Rekursgericht befürchteten Umgehung der Mietzinsregelungen des MRG könne es im konkreten Fall gar nicht kommen, weil es den Antragsgegnern unbenommen wäre, die Wohnung top 9 als Kategorie A-Wohnung an einen oder mehrere Hauptmieter zu vergeben und dadurch den angemessenen Hauptmietzins zu erzielen.

Die Antragsteller haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Richtig ist, dass der Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 18, 19/87 (MietSlg 39/15) die Rechtsansicht vertreten hat, es gehe nicht an, ein Objekt, das sich als eine Wohnung darstellt, aber mit den hier gegebenen Modalitäten getrennt an mehrere Personen vermietet wurde, zum Zweck der Ermittlung des zulässigen Hauptmietzinses fiktiv in mehrere Wohnungen zu teilen. In einer späteren Entscheidung (5 Ob 302/01z = WoBl 2002/132) wurde es dann allerdings abgelehnt, mehreren zu einer Wohneinheit zusammengefassten Wohnungen mit nur einem gemeinsamen WC eine höhere als die Ausstattungskategorie D zuzugestehen, und dabei ein Vergleich mit einer (zur selben Kategorie-Einstufung führenden) Vermietung von Einzelräumen, die nach dem Baukonsens eine Wohneinheit sind, angestellt. Zu der an den erkennenden Senat herangetragenen Rechtsfrage liegen daher unterschiedliche (nicht näher begründete) Entscheidungen vor. Auch die dazu vertretenen Lehrmeinungen sind nicht einheitlich. Während T. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 46 zu § 1 MRG) und Würth/Zingher (in Miet- und Wohnrecht20, Rz 35 zu § 1 MRG) offenbar billigend die in MietSlg 39/15 zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht referieren, hält sie Prader (in der MGA des Mietrechtsgesetzes, Anm 5 zu § 15a) für nicht überzeugend, da durch die Vermietung an mehrere Personen gerade der vom Gesetzgeber gewünschte Komfort der Alleinbenützungsmöglichkeit der sanitären Anlagen fehlt. Daran ändere, so fährt der zuletzt genannte Autor fort, auch der Umstand nichts, dass im Gesetzestext (des § 15a MRG) der Begriff Wohnung aufscheint, weil es - wie im MRG üblich - auf die Widmung ankomme.

Der erkennende Senat schließt sich aus folgenden Erwägungen der schon in 5 Ob 301/02z zum Ausdruck gebrachten und auch jetzt vom Rekursgericht vertretenen Rechtsansicht an:

Nach § 1 MRG gelten die Bestimmungen des MRG, also auch die Regelungen über den zulässigen Hauptmietzins, für die Miete von Wohnungen, einzelnen Wohnungsteilen und Geschäftsräumlichkeiten aller Art. Dem MRG unterliegende Mietgegenstände können also auch bloß Wohnungsteile sein. In den hier maßgeblichen Regelungen über die Ausstattungskategorien und die Höhe des (zulässigen) Hauptmietzinses ist einmal von "Wohnung" die Rede (§ 15a MRG), dann wieder von dem "in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand" (§ 16 MRG). Da sich beide Bestimmungen mit der Mietzinsbildung befassen und dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, bei der Vermietung von Wohnungsteilen das Fehlen kategoriebestimmender Ausstattungsmerkmale außer Betracht zu lassen, andererseits aber die Kategorieeinstufung für die Vermietung von Geschäftsräumen keine Rolle spielt, ist der in § 15a MRG verwendete Begriff "Wohnung" so zu verstehen, dass er kurz den zu Wohnzwecken vermieteten Mietgegenstand umschreibt. Zutreffend ist daher das Rekursgericht davon ausgegangen, dass eine Wohneinheit "zum Zweck der Ermittlung des zulässigen Hauptmietzinses" sehr wohl in mehrere Wohnungen (iS von Mietgegenständen, die Wohnzwecken gewidmet sind) geteilt werden kann, wenn - wie hier - mehreren Hauptmietern in jeweils eigenen Verträgen an einzelnen Räumen Alleinbenützungsrechte und an anderen Teilen der Wohneinheit, vor allem den Sanitärräumen, Mitbenützungsrechte eingeräumt werden.

Dass dann für jedes einzelne dieser Mietobjekte getrennt zu prüfen ist, in welche Ausstattungskategorie es einzustufen ist, erscheint durchaus konsequent. Das Ergebnis, den zulässigen Hauptmietzins gemäß § 16 Abs 5 MRG mit dem (je nach Brauchbarkeit des Objekts) für Kategorie D-Wohnungen vorgesehenen Betrag zu limitieren, wenn sich im Inneren des Mietobjekts kein Klosett befindet, ist, was wiederum Prader überzeugend darlegt, damit zu rechtfertigen, dass der Gesetzgeber den Nachteil, das Klosett mit Hauptmietern anderer Objekte teilen zu müssen, als besonders gravierend wertete.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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