Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die 50 Antragsteller sind sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****.
Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuch begehren sie, auf Grund der Vereinbarung zur Begründung von Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsvertrag) vom 3. 7. 2002, des Nachtrags hiezu vom 28. 10. 2002 samt Plankonvolut, des Gutachtens des DI Herbert Wolfesberger vom 30. 9. 2002 samt Bescheinigung gemäß § 6 WEG 2002 vom 30. 9. 2002, der Vollmacht vom 31. 10. 2002, der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 12. 9. 2002 und des Rangordnungsbeschlusses vom 10. 6. 2002, TZ 4389/02 I. im Gutsbestandsblatt:
in der Aufschrift die Bezeichnung "Wohnungseigentum" aufzunehmen,
II. im Eigentumsblatt
- a) die Zusammenziehung auch verschieden belasteter Anteile
- b) die Löschung sämtlicher Anmerkungen der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums
c) die Einverleibung des berichtigten Eigentumsrechts gemäß § 136 GBG und des Wohnungseigentums sowie Teilung des Anteils BLNr 22 der S***** AG und die Verbindung der betreffenden Anteile infolge gemeinsamen Wohnungseigentums (gemäß Punkt II c des Grundbuchsantrags).
Ausdrücklich erklärt wurde, dass die beantragten Grundbuchshandlungen nur zur Gänze bewilligt werden dürfen, sollte also die Einverleibung des berichtigten Eigentumsrechts und des Wohnungseigentums abgewiesen werden, dürften auch die anderen Anträge nicht vollzogen werden. Das Erstgericht wies das gesamte Begehren ab.
Der Bewilligung stünden folgende Hindernisse entgegen:
Gemäß § 27 Abs 1 GBG müssten Urkunden, auf Grund derer eine bücherliche Eintragung geschehen solle, bezüglich der Heftung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, was im vorliegenden Fall beim Nutzwertgutachten des DI Herbert Wolfesberger nicht zutreffe. Dieses sei mit einem jederzeit zu öffnenden "Spiralrücken" zusammengefügt worden und irgendwelche Vorkehrungen, welche das Entnehmen, Austauschen oder Unterschieben von Blättern wirksam verhindern könnten, seien nicht getroffen worden. Bereits dieser Umstand stelle einen Abweisungsgrund dar.
Im Weiteren verneinte das Erstgericht die Zulässigkeit der Berichtigung der Mindestanteile nach § 10 Abs 3 WEG 2002 und § 136 Abs 1 GBG bei der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum. Sämtliche Antragsteller seien bereits zu verschieden großen Miteigentumsanteilen ideelle Miteigentümer der Liegenschaft. Im Wohnungseigentumsvertrag vom 3. 7. 2002 hätten die Vertragsteile festgehalten, dass sämtliche Miteigentümer ihre Liegenschaftsanteile seinerzeit bereits zum Zweck erworben hätten, Wohnungseigentum an den von ihnen benützten Wohnungen zu begründen, wobei die ausdrückliche Zustimmung zur Richtigstellung der Miteigentumsanteile gemäß § 4 Abs 2 WEG 1975 erteilt wurde und - unter Bezugnahme auf mehrere Tabellen - die vollkommen unentgeltliche Übernahme bzw Übertragung von Liegenschaftsanteilen sowie die Einräumung von Wohnungseigentum beurkundet worden. Mit dem Nachtrag zu dieser Urkunde (am 28. 10. 2002) sei noch der Neukodifikation des Wohnungseigentumsgesetzes durch das WEG 2002 insbesondere im Hinblick auf die nun erforderliche Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an Kfz-Abstellplätzen Rechnung getragen worden.
Aus diesen Urkunden stellte das Erstgericht fest, dass es vertraglich zu einer Verschiebung von Miteigentumsanteilen dergestalt gekommen ist, dass Anteile der S***** AG (BLNr 22) von bisher 52.745/100.000 um 32,73 % auf nun 35.482/100.000 reduziert wurden, sowie dass die Anteile sämtlicher anderer Miteigentümer um diese Anteile "berichtigt" worden seien. Dadurch sei beispielsweise der Miteigentumsanteil des Josef H***** (BLNr 2) von 1011/100.000 auf nun 1351/100.000, also um mehr als 33 % erhöht worden, jener etwa des Friedrich M***** (BLNr 4) von 979/100.000 auf nun 1591/100.000, also um mehr als 62 %, erhöht worden. Auch die Änderung der Miteigentumsanteile der anderen Miteigentümer erfahre durch diese "Berichtigung" eine Erhöhung im ähnlichen Ausmaß.
Im Wege der Berichtigung nach § 136 GBG begehrten nun die Antragsteller die Teilung des Anteils der S***** AG und die Einverleibung des "berichtigten" Eigentumsrechts gemäß § 136 GBG sowie die Einverleibung des Wohnungseigentums für die anderen Miteigentümer.
Aus den mit dem Grundbuchsantrag vorgelegten Urkunden gehe hervor, dass sämtliche Vertragsteile einer solchen "Berichtigung" vertraglich zugestimmt haben.
Dennoch liege kein Berichtigungsfall vor. Eine Berichtigung setze stets voraus, dass nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten sei, bücherlich noch nicht durchgeführt worden sei, sodass der Eintragung bloß deklarative Bedeutung zukomme. Ein weiterer Anwendungsfall sei § 10 Abs 3 WEG 2002, wobei im Fall der Nutzwertfeststellung nach § 9 Abs 2 Z 1 bis 3 WEG 2002 nach der Einverleibung des Wohnungseigentums auf Antrag die Mindestanteile in der Weise zu berichtigen seien, dass jedem Wohnungseigentümer der für sein Objekt nun erforderliche Mindestanteil zukomme. Diesfalls bezögen sich bücherliche Rechte Dritter, die auf dem Mindestanteil lasten, ohne weiteres auf den berichtigten Mindestanteil. Dies entspreche der früheren Bestimmung des § 4 Abs 2 iVm § 12 Abs 3 WEG 1975.
Im Fall der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum sei jedoch eine solche Berichtigung der Mindestanteile nicht zulässig, nur im Fall der Neufestsetzung von Nutzwerten - nun § 9 Abs 2 Z 1 bis 3 WEG 2002 - komme eine solche Berichtigungsmöglichkeit in Betracht. Im konkreten Fall spreche gegen eine analoge Anwendbarkeit im Fall der Erstbegründung von Wohnungseigentum, dass der erforderliche Mindestanteil den bereits einverleibten Miteigentumsanteil um teilweise mehr als 60 % übersteige. In einem solchen Fall würden sich bücherliche Rechte Dritter ohne weiteres auf den so berichtigten Mindestanteil beziehen.
Im Weiteren wies das Erstgericht auf bestehende höchstgerichtliche Rechtsprechung und den Wortlaut des JAB zu § 12 WEG 1975 hin, wonach "Abs 3 für und nur für die Fälle der Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 3 Abs 2 Z 1 vorgesehen ist".
Eine Einverleibung des Eigentumsrechts ob den Miteigentumsanteilen der S***** AG zugunsten der sonstigen Miteigentümer im Ausmaß der jeweiligen Differenz hätten die Antragsteller ausdrücklich abgelehnt. Im Übrigen sei eine Zusammenziehung von Miteigentumsanteilen gemäß § 582 Geo nur dann zulässig, wenn diese nicht verschieden belastet seien. Eine Zusammenziehung bewirke nämlich nicht die Erstreckung von bücherlichen Lasten von einem belasteten auf einen unbelasteten Anteil (5 Ob 13/98t). Das hätte zur Folge, dass entgegen den Bestimmungen der §§ 11 und 12 WEG 2002 ein Teil des Mindestanteiles belastet, der andere Teil unbelastet wäre. Ein solches Ergebnis sei unzulässig. Die Miteigentümer müssten also eine gleichmäßige Belastungssituation bewirken, bevor eine Wohnungseigentumsbegründung wie beabsichtigt durchgeführt werden könne.
Einem gegen diese Abweisung des Grundbuchsgesuchs von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Es teilte zunächst die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass durch die Art der Ausführung des Nutzwertgutachtens (Bindung bloß durch leicht zu öffnende Spiralfeder) der Vorschrift des § 27 Abs 1 GBG nicht entsprochen worden sei.
Auch in der Sache selbst billigte das Rekursgericht die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Die Berichtigung der Mindestanteile bzw der Anteile am Mindestanteil der Miteigentümer seien gemäß § 10 Abs 3 WEG 2002 (zuvor: § 12 Abs 3 WEG 1975) schon nach dem Gesetzeswortlaut nur dann zulässig, wenn es sich nicht um eine erstmalige Festsetzung der Nutzwerte handle, sondern nur bei Neufestsetzung der Nutzwerte nach bereits erfolgter Einverleibung des Wohnungseigentums. Nur in einem solchen Fall bezögen sich auch die bücherlichen Rechte Dritter, die auf dem Mindestanteil lasten, ohne weiteres auf den berichtigten Mindestanteil (5 Ob 2298/96v).
Auf § 136 GBG allein könnten die Antragsteller ihr Begehren aber nicht gründen. Es reiche nämlich nicht aus, dass erst ein obligatorischer Anspruch auf Einräumung eines Rechtes vorhanden sei, um eine Berichtigung vornehmen zu können. Eine Berichtigung komme nur in Frage, wenn dingliche Rechte bereits bestünden und der Grundbuchsstand an diese außerbücherlich eingetretene Änderung herangeführt werden solle.
Den vorliegenden Fall betreffend liege allerdings keine eindeutige Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor. In MietSlg XXXIV/22 (= 5 Ob 116/65) sei die Ansicht vertreten worden, dass dann eine Berichtigung gemäß § 136 in Betracht komme, wenn ideelles Miteigentum bestehe, bei Begründung von Wohnungseigentum sich jedoch herausstelle, dass diese Anteile den in der Folge gerichtlich bestimmten Jahresmietwerten (Nutzwerten) nicht entsprächen.
Hingegen habe der Oberste Gerichtshof in SZ 69/98 bei Begründung von Wohnungseigentum und der dabei erforderlichen Zuordnung von bereits als ideellem Miteigentum einverleibten Miteigentumsanteilen zu bestimmten Wohnungseigentumsobjekten eine Berichtigung dann abgelehnt, wenn ein massives Ungleichgewicht zwischen ideellen Miteigentumsanteilen und den sich ergebenden Mindestanteilen an dem zu begründenden Wohnungseigentum bestand. Ein solcher Fall liege im Übrigen hier vor.
Die Frage der Zulässigkeit der Zusammenziehung von Anteilen im Sinn des § 582 Geo nach Berichtigung des Grundbuchsstands stelle sich nicht, weil die Berichtigung für nicht zulässig erachtet werde. Das Rekursgericht erkärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage darin begründet sei, ob eine Berichtigung von Anteilen schlichten Miteigentums gemäß § 136 GBG anlässlich der Erstbegründung von Wohnungseigentum zulässig sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
§ 10 Abs 3 letzter Satz WEG 2002 geht auf § 12 Abs 3 WEG 1975 zurück und erlaubt ausdrücklich in den Fällen des § 9 Abs 2 Z 1 bis 3, nicht aber in denen der Z 4 und 5, die auf direkten Antrag beim Grundbuchsgericht erfolgende und daher (naturgemäß) erst bei einverleibtem Wohnungseigentum mögliche Berichtigung der Mindestanteile in der Weise, dass jedem Wohnungseigentümer der für sein Wohnungseigentumsobjekt nun erforderliche Mindestanteil zukommt. Eine analoge Anwendung des § 10 Abs 3 letzter Satz WEG 2002 auf Anteilsverschiebungen bei erstmaliger Wohnungseigentumsbegründung muss nach Lehre und Rechtsprechung ausgeschlossen werden (vgl MietSlg 34.521/22; WoBl 1993/120; Würth in Rummel II2 Rz 5 zu § 12 WEG; P. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Rz 35 zu § 10 WEG;
Faistenberger/Barta/Call WEG 1975 Rz 37 f zu § 3 WEG). Auch in den Entscheidungen SZ 69/98 und 5 Ob 2298/96v wird diesem Grundsatz Rechnung getragen.
Es liegt also entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes keine Judikaturdifferenz vor. Die zu § 12 Abs 3 WEG 1975 ergangene Rechtsprechung ist daher auch im Bereich des § 10 Abs 3 letzter Satz WEG 2002 aufrecht zu erhalten. Es kommt dabei nicht darauf an, in welchem Umfang Anteilsverschiebungen stattfinden und ob damit in die Rechte Dritter eingegriffen wird oder nicht.
Im Übrigen billigt der erkennende Senat die Rechtsansicht der Vorinstanzen hinsichtlich der Urkundenbeschaffenheit (§ 27 GBG) sowie zur Frage der Zusammenziehung verschieden belasteter Anteile (5 Ob 13/98t).
Wie die Vorinstanzen weiters zutreffend ausgeführt haben, liegt ein Berichtigungsfall des § 136 GBG - losgelöst von der Bestimmung des § 10 WEG - nicht vor, weil nicht außerbücherlich eine Rechtsänderung eingetreten ist, die deklarativ nachzuvollziehen wäre, sondern die beabsichtigten Rechtsänderungen vielmehr eine konstitutive bücherliche Einverleibung aufgrund eines tauglichen Titels nach § 26 GBG voraussetzen.
Der Revisionsrekurs war daher nicht berechtigt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)