OGH 2Ob73/02b

OGH2Ob73/02b24.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mario M*****, bei Einbringung der Klage vertreten durch die Mutter Delfa Matanovic, ebendort, diese vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in Wien gegen die beklagten Parteien 1.) E***** AG - G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Manfred Macher, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Mag. Gerhard B*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Martin R*****, 3.) A***** AG, ***** und 4.) Rosa K*****, die letzten beiden vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 44.805,42 und Feststellung (Streitwert EUR 7.267,28) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 2002 GZ 12 R 175/01w, 176/01t-18, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23. August 2001 GZ 2 Cg 72/01z-8 bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden behoben, soweit sie die Zurückweisung der Klage gegen die zweitbeklagte Partei hinsichtlich des Feststellungsbegehrens betreffen.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens gegen die zweitbeklagte Partei hinsichtlich des Feststellungsbegehrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger wurde am 25. 7. 1998 bei einem Verkehrsunfall als Mitfahrer auf einem von Bernhard R***** gelenkten, bei der erstbeklagten Partei haftpflichtversicherten und von der zweitbeklagten Partei gehaltenen Motorfahrrad Malagutti mit dem amtlichen Kennzeichen W ***** schwer verletzt. Die viertbeklagte Partei war Lenkerin eines bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten und ebenfalls unfallsbeteiligten PKWs Lancia Y mit dem amtlichen Kennzeichen W *****.

Der Kläger begehrt mit der am 12. 9. 2001 beim Erstgericht eingebrachten Klage Zahlung von S 541.5436 (in der Folge [ON 3] berichtigt auf S 616.536,-) sowie die Feststellung der Haftung aller beklagten Parteien für die (zukünftigen) Folgen aus diesem Verkehrsunfall und brachte vor, der bei dem Unfall zu Tode gekommene Lenker des Motorfahrrades habe eine weit überhöhte Geschwindigkeit eingehalten, sei wegen eines geparkten LKWs auf die Gegenfahrbahn geraten und habe wegen des entgegenkommenden PKWs der vierbeklagten Partei eine Notbremsung einleiten müssen, weshalb er deshalb zu Sturz gekommen und mit dem entgegenkommenden PKW kollidiert sei.

Die Viertbeklagte habe ebenfalls eine weit überhöhte Geschwindigkeit und einen zu großen Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand eingehalten.

Über das Vermögen des Martin R***** wurde am 17. 5. 2001 das Konkursverfahren eröffnet (44 S 133/01g des Handelsgerichtes Wien) und der Zweitbeklagte zum Masseverwalter bestellt, der in der Folge die Zurückweisung der gegen den Gemeinschuldner gerichteten Klage sowie Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens beantragte.

Das Erstgericht berichtigte die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei in Mag. Gerhard B***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Martin R*****, erklärte das Verfahren hinsichtlich des Zweitbeklagten für nichtig und wies die Klage gegen ihn zurück. Nach Konkurseröffnung könnten gegen den Gemeinschuldner keine Rechtsstreitigkeiten anhängig gemacht werden, die das vom Konkurs erfasste Vermögen beträfen. Der Klage könne nicht entnommen werden, dass die geltend gemachte Forderung vom Konkurs nicht erfasst sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses (Nichtigerklärung des Verfahrens hinsichtlich der zweitbeklagten Partei) zu entfallen habe und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Nach § 6 Abs 1 KO könnten Rechtsstreitigkeiten, die die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezweckten, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden. Nach Abs 3 dieser Gesetzesstelle könnten Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht beträfen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners, auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner oder von ihm anhängig gemacht oder fortgesetzt werden. Der Kläger nehme Martin R***** ausdrücklich als Halter eines der beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge in Anspruch; es könne dahin gestellt werden, ob und welche Ansprüche Martin R***** gegen seinen Haftpflichtversicherer habe, jedenfalls sei die Klage nicht auf einen solchen Anspruch gestützt worden, weshalb der Rechtsweg ausgeschlossen sei. Auch das Feststellungsbegehren sei zurückzuweisen, weil damit ebenfalls ein vermögensrechtlicher Anspruch erhoben werde.

Da die Klage bereits dem Masseverwalter zugestellt worden sei, sei kein nichtig zu erklärender Verfahrensschritt vorhanden, weshalb der Ausspruch über die Nichtigerklärung des Verfahrens zu entfallen habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob und inwieweit Feststellungsklagen betreffend vermögensrechtliche Ansprüche der Vorschrift des § 6 Abs 1 KO zu unterstellen seien.

Der Kläger beantragt in seinem Revisionsrekurs, die Klage "jedenfalls zumindest hinsichtlich des Feststellungsbegehrens gegen die zweitbeklagte Partei in eventu gegen den Masseverwalter für zulässig zu erklären", den Kostenzuspruch an den Masseverwalter abzuweisen, in eventu angemessen zu verringern und die zweitbeklagte Partei, in eventu den Masseverwalter zum Ersatz der Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat jüngst ausgesprochen, dass eine Berichtigung der Parteibezeichnung vom Gemeinschuldner auf den Masseverwalter dann zulässig ist, wenn eine nicht der Anmeldung unterliegende Konkursforderung geltend gemacht wird (1 Ob 106/02y). In einem solchen Fall mangle es - ebenso wie bei der Geltendmachung von Aus- und Absonderungsanspruchen - zwar an der Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners, es liege aber nicht Unzulässigkeit des Rechtsweges vor (Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen Rz 19 zu § 6 KO). Zu bedenken sei der dem § 6 Abs 1 KO zu Grunde liegende Zweck der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger aus der Konkursmasse und ferner, dass nicht durch die Abführung verschiedener Rechtsstreitigkeiten außerhalb des Konkursverfahrens die einzelnen Anspruchsberechtigten einander den Vorrang ablaufen und ihre Lage gegenüber der Gesamtheit und zu deren Schaden zu verbessern trachten. Wo dieser Zweck - die gemeinschaftliche und gemeinsame Befriedigung - von vornherein ausgeschlossen sei, liege kein Grund vor, die Austragung von Rechtsstreitigkeiten zu versagen. Unter den in § 6 Abs 1 KO genannten Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen, zu deren Durchsetzung Rechtsstreitigkeiten gegen den Gemeinschuldner bei sonstiger Klagszurückweisung - nicht anhängig gemacht werden dürfen, seien somit nur solche zu verstehen, zu deren Verfolgung der Rechtsweg unzulässig wäre, die also der Anmeldung unterlägen. Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an.

Forderungen, mit denen kein Anteil an der Konkursmasse begehrt wird, sind im Konkursverfahren nicht anzumelden, sondern mittels Klage gegen die vom Masseverwalter vertretene Masse durchzusetzen (Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, Rz 18 zu § 102 KO). Feststellungsansprüche sind nicht im Konkursverfahren anzumelden (Bartsch/Pollak 3 I 479 FN 2). War aber das Feststellungsbegehren nicht im Konkursverfahren anzumelden, weil es keine unmittelbare Auswirkung auf die zu verteilende Vermögensmasse hatte, konnte das Verfahren zulässig gegen den Masseverwalter eingeleitet werden.

Gegen die Zurückweisung des Leistungsbegehrens richtet sich der Revisionsrekurs nicht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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