Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der beklagten Partei unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Über Antrag der Klägerin, die behauptet hatte, dass der Aufenthaltsort des Beklagten unbekannt sei und auch nicht ausgeforscht werden könne, bestellte das Erstgericht Dr. Anton D***** zum Kurator und stellte diesem die Klage auf Aufhebung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Ehe, mit welcher ein Eventualbegehren auf Scheidung wegen Verschuldens verbunden ist, zu.
Nach Durchführung zweier Verhandlungstagsatzungen, in welcher die Klägerin und zwei Zeugen einvernommen wurden, gab der nunmehrige Beklagtenvertreter am 4. 6. 2002 eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten bekannt. Darauf enthob das Erstgericht mit Beschluss vom 22. 7. 2002 den Kurator.
Den vom Beklagten gegen den Kuratorbestellungsbeschluss erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Beklagte mache zwar zutreffend geltend, dass die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kuratorbestellung weder ausreichend behauptet noch bescheinigt habe. Allerdings habe das Erstgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 22. 7. 2002 den Abwesenheitskurator noch vor Erhebung des Rekurses seines Amtes enthoben. Dem Beklagten fehle es daher zur Bekämpfung der Bestellung des Abwesenheitskurators für seine Person an der geforderten Beschwer. Wegen des fehlenden Rechtsschutzinteresses des Beklagten bereits zum Zeitpunkt der Erhebung seines Rechtsmittels sei der Rekurs zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Beklagten erhobene außerordentliche Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Richtig ist, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beschwer sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen muss. Andernfalls ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0041770; Kodek in Rechberger² vor § 461 ZPO Rz 9). Der Rechtsmittelwerber muss nach ganz herrschender Auffassung grundsätzlich formell beschwert sein; die formelle Beschwer reicht aber nicht immer aus. Wird nämlich die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die angefochtene Entscheidung nicht beeinträchtigt, dann ist sein Rechtsmittel auch bei Vorliegen formeller Beschwer dennoch mangels Beschwer zurückzuweisen (Kodek aaO vor § 461 ZPO Rz 10).
Durch die Enthebung des Kurators ist der Kuratorbestellungsbeschluss - der ebenso wie der Enthebungsbeschluss rechtsgestaltende Wirkung entfaltet (vgl RIS-Justiz RS0102031) - nicht beseitigt worden. Eine formelle Beschwer des Rechtsmittelwerbers ist daher gegeben. Davon, dass im konkreten Fall die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch den Kuratorbestellungsbeschluss nicht beeinträchtigt werden kann, ist nicht auszugehen: Nach ständiger Rechtsprechung ist der mit dem Kurator durchgeführte Prozess und die etwa gefällten Entscheidung im Sinne des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO nichtig, wenn der Kurator ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bestellt wurde (RIS-Justiz RS0049252; RS0036432; JBl 1980, 267, Kodek in Rechberger ZPO² § 477 Rz 8). Auch nach Enthebung des Kurators ist es von Bedeutung, ob dessen Bestellung und damit die Durchführung des Verfahrens mit ihm zu Recht erfolgt ist oder nicht (vgl 6 Ob 609/89 zur Bestellung eines Kurators im Aufkündigungsverfahren). Damit ist dieser Fall aber auch nicht mit jenem, der der Entscheidung 3 Ob 548/82 zugrunde lag, zu vergleichen: Die einzige Aktion, die der dort bestellte Kurator (in einem Unterhaltsvorschussverfahren) gesetzt hatte, bestand in der Einbringung eines Rechtsmittels, das als unzulässig zurückgewiesen wurde. Mit der Begründung, dass die Wirkungen des bekämpften Kuratorbestellungsbeschlusses - dass dem Kurator eine Entscheidung zugestellt wurde und dieser ein Rechtsmittel erhob - auch durch eine Änderung der getroffenen Verfügung nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wurde die Beschwer an der Beseitigung des Kuratorbestellungsbeschlusses verneint. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, in welchem immerhin zwei Verhandlungstagsatzungen in einem Eheaufhebungsverfahren mit dem bestellten Kurator durchgeführt wurden. Der Umstand, dass die Nichtigkeit der Kuratorbestellung auch in einem allfälligen Rechtsmittel gegen die Endentscheidung geltend gemacht werden könnte (vgl dazu JBl 1980, 267) steht der Bejahung eines Anfechtungsinteresses des Beklagten nicht entgegen, weil es der Rechtssicherheit dient, eine allenfalls zu Unrecht ergangene Kuratorbestellung bereits im Rekurs gegen den Bestellungsbeschluss geltend machen zu können, ohne die Endentscheidung abwarten zu müssen.
Das Rekursgericht wird daher über den Rekurs des Beklagten inhaltlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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