OGH 5Ob48/03z

OGH5Ob48/03z31.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Verner P*****, vertreten durch Mag. Tanja Kaufmann, Mietervereinigung Österreichs, Dammstraße 16, 1200 Wien, wider die Antragsgegner 1. Wilhelm R*****, vertreten durch Dr. Josef Lachmann, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Milos P*****, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG iVm § 27 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Oktober 2002, GZ 38 R 170/02k-23, womit infolge Rekurses des Erstantragsgegners der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 24. April 2002, GZ 9 Msch 6/01v-15, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der erstgerichtliche Sachbeschluss hinsichtlich des Erstantragsgegners wiederhergestellt.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist seit 1. 1. 1995 Hauptmieter der Wohnung top Nr 25 im Haus *****in ***** Die Wohnung weist eine Fläche von 41 m2 auf, besteht aus Zimmer, Küche und Kabinett und verfügte im Zeitpunkt der Vermietung nur über einen Kaltwasseranschluss, es gab weder Bad noch WC und auch kein Warmwasser in der Wohnung. Auch über eine Heizung verfügte die Wohnung nicht.

Im Jahr 1994 und 1995 war der Erstantragsgegner zum Verwalter dieses Hauses bestellt. Im Zeitraum 1994 und 1995 arbeitete der Erstantragsgegner mit dem Zweitantragsgegner in der Weise zusammen, dass für potenzielle Mieter freier Wohnungen der Zweitantragsgegner Ansprechpartner war, den Kontakt zur Hausverwaltung herstellte, die Daten der potenziellen Mieter der Hausverwaltung übermittelte, von der Hausverwaltung das fertig ausgefüllte und unterfertigte Mietvertragsformular erhielt und auch die jeweiligen auf die einzelnen Mietverträge anfallenden Geldbeträge für den Erstantragsgegner kassierte.

Ende 1994 suchte der Antragsteller eine neue Wohnung und lernte durch Zufall den Zweitantragsgegner kennen. Der Zweitantragsgegner bot ihm die gegenständliche Wohnung an und teilte ihm mit, dass die Vermietung dieser Wohnung S 220.000 kosten würde. Dafür würde der Antragsteller Mietvertrag, Schlüssel und Wohnung bekommen. Er selbst sei nur Angestellter einer Immobilienfirma und beziehe nur ein paar Prozent an Entgelt, etwa ca S 8.000.

Anfang Dezember 1994 kam es zur Besichtigung der Wohnung. Zunächst verlangte der Zweitantragsgegner S 10.000, um dem Antragsteller sein Recht auf die Wohnung zu sichern. Über Verlangen des Antragstellers nannte der Zweitantragsgegner ihm den Namen und die Adresse der Hausverwaltung des Erstantragsgegners und informierte ihn, dass er sich dort tatsächlich vergewissern könne, ob die erteilten Informationen richtig wären. Das tat der Antragsteller auch und suchte die Räumlichkeiten des Erstantragsgegners auf. Er erkundigte sich bei einer dort anwesenden Dame, die im Rahmen der Hausverwaltung arbeitete, ob die Wohnung tatsächlich vom Erstantragsgegner verwaltet werde und frei sei. Die Mitarbeiterin des Erstantragsgegners bejahte das und zeigte dem Antragsteller eine schriftliche Unterlage bezüglich der Wohnung. Dort stand schon der Name des Antragstellers und seine Daten. Weiters fiel dem Antragsteller eine Aufstellung von Geldbeträgen auf, von welchen der größte S 170.000 war. Weil dieser Betrag geringer war als jene S 220.000, die der Zweitantragsgegner vom Antragsteller verlangte, hoffte der Antragsteller, eventuell weniger zu bezahlen und fragte bei der Mitarbeiterin des Erstantragsgegners nach, ob er den Betrag nicht direkt bei der Hausverwaltung einzahlen könne. Die Mitarbeiterin des Erstantragstellers verwies ihn jedoch an den Zweitantragsgegner und sagte, er könne beruhigt an diesen Mann bezahlen.

Am 20. 12. 1994 wurde in der Wohnung des Zweitantragsgegners dem Antragsteller der fertig vorbereitete und unterfertigte Mietvertrag übergeben. Der Antragsteller unterfertigte diesen Mietvertrag und bezahlte restliche S 210.000 an den Zweitantragsgegner. Der Antragsteller erhielt daraufhin Mietvertrag und Schlüssel.

Auch bei anderen Mietern im Haus war die Vorgangsweise bei Mietvertragsunterzeichnung und Übergabe des Geldes ebenso gehandhabt worden, wie beim Antragsteller.

Der Erstantragsgegner war jedenfalls in Kenntnis der beschriebenen Tätigkeit des Zweitantragsgegners.

Es steht nicht fest, an wen und zu welchen Teilen der Betrag von S 220.000 vom Zweitantragsgegner weitergegeben wurde.

Ausgehend von diesem Sachverhalt verpflichtete das Erstgericht Erst- und Zweitantragsgegner dazu, dem Antragsteller den Betrag von EUR 15.261,29 (= S 210.000) zu bezahlen, weil es sich diesfalls um eine verbotene Ablöse nach § 10 (richtig: 27) MRG gehandelt habe. Der Zustand der dem Antragsteller vermieteten Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe rechtfertige keinerlei über die monatliche Miete hinausgehendes Entgelt.

Die Haftung des Zweitantragsgegners gründe sich darauf, dass er den Geldbetrag vereinnahmt habe, die des Erstantragsgegners darauf, dass er sich eines solchen Mitarbeiters wie des Zweitantragsgegners bedient habe, dessen Machenschaften geduldet und ermöglicht habe.

Einem vom Erstantragsgegner gegen diesen Sachbeschluss erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge und änderte in einem "Teilsachbeschluss" (richtig: Sachbeschluss) die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich des Erstantragsgegners dahin ab, dass das gesamte Zahlungsbegehren gegenüber dem Erstantragsgegner abgewiesen wurde.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Rekursgericht den Standpunkt, dass das Verfahren gegen den Zweitantragsgegner noch nicht rechtskräftig beendet sei, weil diesem der erstgerichtliche Sachbeschluss noch nicht wirksam zugestellt worden sei. Der Zweitantragsgegner habe sich zwar am Verfahren vor der Schlichtungsstelle beteiligt, seit Anrufung des Gerichtes seien jedoch sämtliche Zustellversuche an den Zweitantragsgegner erfolglos gewesen. Weil das dem Schlichtungsstellenverfahren nachfolgende Verfahren mit ersterem nicht ident sei, komme eine Zustellung nach § 8 Abs 1 ZustG nicht in Betracht. Der Zweitantragsgegner habe nämlich vom gerichtlichen Verfahren niemals Kenntnis erlangt. Dennoch sei eine Teilentscheidung hinsichtlich des Erstantragsgegners zulässig, weil mehrere auf Rückzahlung einer unzulässigen Ablöse belangte Antragsgegner keine einheitliche Streitpartei bildeten.

Der Rekurs des Erstantragsgegner sei auch berechtigt. Eine Leistungskondiktion nach § 27 MRG stehe dem Leistenden gegen denjenigen zu, der nach dem Zweck der Vermögensverschiebung und nach dem angenommenen Schuldverhältnis Leistungsempfänger sein sollte. Bedeutungslos sei, wem die unzulässige Ablöse tatsächlich zugeflossen sei. Dass ein Teil oder der gesamte Ablösebetrag dem Erstantragsgegner zugekommen sei, stehe nicht fest. Ein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Erst- und Zweitantragsgegner lasse sich nach den getroffenen Feststellungen nicht ableiten, auf eine solche Vollmacht habe sich auch der Antragsteller nicht berufen. Zu prüfen sei, ob der Erstantragsgegner ein Verhalten gesetzt habe, das beim Antragsteller die begründete Annahme rechtfertigte, er habe dem Zweitantragsgegner Vollmacht erteilt. Das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht sei aber zu verneinen: Der Antragsteller habe nur von einer Mitarbeiterin des Erstantragsgegners die Antwort erhalten, dass er beruhigt an den Zweitantragsgegner zahlen könne. Daraus habe der Antragsteller aber nicht ableiten können, der Zweitantragsgegner hätte eine ungerechfertigte Ablöse vereinbaren oder entgegennehmen dürfen, schließlich sei auch nicht der Anschein erweckt worden, die Mitarbeiterin des Erstantragsgegners sei für diesen vertretungsbefugt gewesen. Damit verneinte das Rekursgericht die Passivlegitimation des Erstantragsgegners.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine Zustellung nach § 8 Abs 1 und 2 ZustG im gerichtlichen Verfahren zulässig sei, wenn eine Partei zwar vom Verfahren vor der Schlichtungsstelle, nicht jedoch vom gerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt habe. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob in einem Teilsachbeschluss über einen Rückforderungsanspruch nach § 27 MRG nur einem von mehreren Antragsgegnern gegenüber entschieden werden könne.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Erstantragsgegner beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Vorerst ist auf die aufgeworfenen prozessualen Fragen einzugehen: Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass auch in dritter Instanz Parteien von Funktionären der im § 37 Abs 3 Z 11 MRG genannten Vereine vertreten werden können. Die Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 11 MRG über die Vertretung in erster und zweiter Instanz dient lediglich der Abgrenzung gegenüber der unzulässigen "Winkelschreiberei", der vom Antragsteller bevollmächtigte Vertreter konnte daher wie auch sonst im Verfahren außer Streitsachen als Nichtrechtsanwalt wirksam ein Rechtsmittel erheben. Eine analoge Anwendbarkeit der Bestimmung des § 29 Abs 3 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus der Aktenlage keine Tatsachen ergeben, die Mag. Tanja Kaufmann dem Gericht als Winkelschreiberin bekannt erscheinen ließen (vgl RIS-Justiz RS0070400; 0070403; ImmZ 1991, 307; SZ 69/243).

Im Weiteren kommt es auf die Frage, ob die gegen den Zweitantragsgegner ergangene Entscheidung in Rechtskraft erwachsen konnte oder nicht, entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes hier nicht an. Auch liegt der Fall, dass es fraglich wäre, in welchem Umfang eine Abziehung des Rückzahlungsbegehrens von der Schlichtungsstelle an das Gericht erfolgt wäre, nicht vor. Entscheidend ist nur, dass die beiden auf Rückzahlung einer unzulässigen Ablöse belangten Antragsgegner keine einheitliche Streitpartei bilden, sodass die Teilentscheidung gegen einen von ihnen keine Verfahrensvorschriften verletzt (vgl zuletzt 5 Ob 141/00x).

Der Revisionsrekurs ist daher nicht aus den vom Rekursgericht genannten Gründen, sondern deshalb zulässig und berechtigt, weil es zwar die Grundsätze der Anscheinsvollmacht richtig wiedergegeben, auf den vorliegenden Sachverhalt jedoch in krass unrichtiger Weise angewandt hat.

Eine Anscheinsvollmacht, also die Vollmacht wegen Vertrauens auf den äußeren Tatbestand, setzt voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäfts zu erwecken. Dabei ist maßgeblich, dass die Grundlage des Vertrauens im Verhalten des Vollmachtsgebers selbst liegt, dass dieser einen äußeren Tatbestand schuf und damit die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begründete (JBl 1991, 517; RIS-Justiz RS0019609 ua). Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Geschäftsherrn das Bewusstsein der Abgabe einer solchen Willenserklärung fehlte (VerR 1992, 217 ua).

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass es nicht um eine Anscheinsvollmacht für den Abschluss eines Mietvertrages geht, sondern um eine solche für die Vereinbarung und Entgegennahme einer verbotenen Ablöse. Gerade was diese Frage betrifft, fällt ins Gewicht, dass die Angestellte der Hausverwaltung des Erstantragsgegners dem Antragsteller als Mietinteressenten gegenüber auf seine Frage, ob er die Ablöse nicht in der Hausverwaltung bezahlen könne, antwortete, er könne diese Zahlung unbesorgt an den Zweitantragsgegner leisten und dabei sogar ein Schriftstück betreffend die Wohnung und Namen und Daten des Mietinteressenten in Händen hielt. Daraus konnte der Antragsteller - ohne dass ihm dabei die geringste Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre - mit Recht schließen, der Zweitantragsgegner sei vom Hausverwalter bevollmächtigt, mit ihm die Ablösevereinbarung zu treffen und das Geld entgegen zu nehmen. Das wurde ihm ja nahezu wörtlich von der in den Räumen des Hausverwalters anwesenden Mitarbeiterin mitgeteilt. Dass dies keineswegs ohne Wissen und Willen des Erstantragsgegners geschehen ist, ergibt sich aus der Feststellung, dass bei mehreren Mietvertrags- und Ablösevereinbarungen derart vorgegangen wurde und der Erstantragsgegner in Kenntnis der Handlungsweise des Zweitantragsgegners war.

Damit ist das Verhalten des Erstantragsgegners so zu beurteilen, als habe er selbst den Ablösebetrag entgegengenommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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