OGH 15Os28/03

OGH15Os28/036.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christopher Manfred L***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, AZ 14 U 53/01h des Bezirksgerichtes Leoben, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 16. Mai 2002, GZ 14 U 53/01h-6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 16. Mai 2002, GZ 14 U 53/01h-6, verletzt

1) § 15 Abs 2 JGG durch den Ausspruch über die Verlängerung der dem Christopher Manfred L***** im Verfahren zu AZ (richtig:) 11 E Vr 71/00 des Landesgerichtes Leoben gemäß § 13 Abs 1 JGG gewährten Probezeit auf fünf Jahre,

2) § 31 Abs 1 StGB durch Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Oktober 2001, GZ 11 E Vr 1039/01z-124. Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Verlängerung der Probezeit hinsichtlich des Urteils des Landesgerichtes Leoben vom 25. Juli 2000, GZ 11 E Vr 71/00-39, aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 25. Juli 2000, GZ 11 E Vr 71/00-39, wurde (ua) der am 6. Juni 1985 geborene Jugendliche Christopher Manfred L***** des Verbrechens des teils durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 2, 130 erster Satz erster Fall StGB sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten und gemäß § 22 Abs 2 JGG Bewährungshilfe angeordnet.

Mit Urteil desselben Gerichtes vom 23. August 2001, GZ 11 E Vr 369/01-18, wurde der Genannte der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO iVm §§ 15, 16 JGG unter gleichzeitiger Einbeziehung des Schuldspruches des Landesgerichtes Leoben vom 25. Juli 2000, GZ 11 E Vr 71/00-39, zu einer auf drei Jahre bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und Bewährungshilfe angeordnet, wobei festgehalten wurde, dass ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt (S 281).

Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Oktober 2001, GZ 11 E Vr 1039/01z-124, wurde Christopher Manfred L***** wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls nach §§ 127, 129 Z 2 StGB und der Vergehen des versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach den §§ 15, 136 Abs 1 und Abs 2 StGB, der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Tatzeiten Anfang 2000 bis 3. Juli 2000) neuerlich verurteilt und über ihn unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 23. August 2001, GZ 11 E Vr 369/01-8, gemäß §§ 31, 40 StGB eine (für drei Jahre bedingt nachgesehene) Zusatzstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt.

Schließlich wurde der Genannte mit Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 16. Mai 2002, GZ 14 U 53/01h-6, des - am 24. September 2001 begangenen - Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Oktober 2001, GZ 11 Hv 1039/01z-124, gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von drei Wochen, die ("gemäß § 43 Abs 1 StPO") unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Zugleich sprach dieses Gericht - entgegen der Vorschrift des § 494a Abs 4 StPO nicht in (erkennbarer) Beschlussform - "gemäß § 53 Abs 2 StPO" aus, dass (auch) "die Probezeit hinsichtlich der Verurteilungen zu 11 E Vr 71/02 sowie 11 E Vr 369/01 auf 5 Jahre verlängert" wird.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 16. Mai 2002, GZ 14 U 53/01h-6, in zweifacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Zum einen ist die Verlängerung der mit einem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmten Probezeit im Gesetz - anders als nach § 53 Abs 2 StGB im Fall der bedingten Strafnachsicht und der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe - überhaupt nicht vorgesehen und demnach in jedem Fall unzulässig (Jerabek WK2 § 53 Rz 23, Jesionek JGG3 § 15 Abs 1 Anm 15, Bachner-Foregger MTA JGG4 § 13 Anm III und VIII). Mag auch diese Probezeit im konkreten Fall wegen des bereits am 23. August 2001 unter AZ 11 E Vr 369/01 des Landesgerichtes Leoben erfolgten nachträglichen Strafausspruches gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO nicht mehr gelaufen und deren Verlängerung daher gegenstandslos sein, erweist sich dennoch die Beseitigung des Verlängerungsausspruches, soweit er die gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmte Probezeit betrifft, aus Gründen der Rechtsklarheit als erforderlich, um allfällige auf dem Versehen des Bezirksgerichtes beruhende Verfügungen oder Entscheidungen anderer Behörden auszuschließen.

Zum anderen nahm das Bezirksgericht Leoben bei Verhängung der (Zusatz-)Strafe zu Unrecht auf das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Oktober 2001 Bedacht, weil bereits in diesem Erkenntnis gemäß §§ 31, 40 StGB eine Zusatzstrafe zum Urteil desselben Gerichtes vom 23. August 2001 ausgesprochen worden war, die Tatzeit (24. September 2001) der der gegenständlichen Verurteilung des Bezirksgerichtes Leoben zu Grunde liegenden Straftat aber zwischen den beiden vorgenannten Urteilen des Landesgerichtes Leoben liegt (Leukauf/Steininger Komm3 § 31 RN 15, Ratz, WK2 § 31 Rz 5 f). Die rechtsirrige Annahme der Voraussetzungen des § 31 StGB durch das Bezirksgericht Leoben gereicht dem Verurteilten nicht zum Nachteil. Der Gefahr, dass das Landesgericht Leoben von einer - nur bei tatsächlichem Vorliegen dieser Voraussetzungen ex lege eintretenden - Auswirkung des bezirksgerichtlichen Urteils auf die Probezeit der unter AZ 11 Hv 1039/01z gewährten bedingten Strafnachsicht ausgehen könnte (§ 55 Abs 3 StGB), kann durch entsprechende Verständigung des Gerichtshofes begegnet werden.

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