OGH 15Os24/03

OGH15Os24/0318.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Feber 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Nicholas Ezienne O***** wegen des Verbrechens nach § 28 (Abs 2, Abs 3 erster Fall SMG), AZ 282 Ur 54/02i des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. Dezember 2002, AZ 23 Bs 405/02 (ON 291 des Vr-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Nicholas Ezienne O***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Nicholas Ezienne O***** ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien eine Voruntersuchung wegen "des Verbrechens nach § 28 SMG" anhängig (Beschluss vom 17. November 2002, S 1b/z verso des AV-Bogens), weil er dringend verdächtig ist, er habe sich durch wiederholte vorherige Zusage der Übernahme von aus den Niederlanden eingeschmuggelten Suchtgiftes, nämlich zum einen in Bezug auf eine am 28. September 2002 an den Mitbeschuldigten Chuka Ok***** als Zwischenverteiler in Wien gelieferte Suchtgiftmenge von 202 Gramm Heroin netto (18,03 Gramm Reinsubstanz) und zum anderen hinsichtlich einer am 25. Oktober 2002 von einem unbekannten Kurier nach Wien verbrachten, bisher nicht näher feststehenden Suchtgiftmenge an der wiederholten Einfuhr von Suchtgift in großer Menge aus den Niederlanden nach Österreich gewerbsmäßig beteiligt (§§ 12 dritter Fall StGB, 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall SMG).

Nicholas Ezienne O***** befindet sich im bezeichneten Strafverfahren seit 17. November 2002 (ON 209) - nunmehr noch - aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 1, Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b StPO in Untersuchungshaft (der ursprünglich auch herangezogene Haftgrund der Verdunklungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 StPO ist im Hinblick auf § 194 Abs 1 StPO nicht mehr aktuell). Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der gegen den Fortsetzungs- und Verlängerungsbeschluss des Untersuchungsrichters vom 25. November 2002 (ON 238/V) gerichteten Beschwerde nicht Folge und ordnete seinerseits die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den genannten Haftgründen bis längstens 20. Februar 2003 an.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde, mit der mangelhafte Begründung des dringenden Tatverdachtes moniert wird, kommt keine Berechtigung zu.

Offenbar unzureichend nach § 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 StPO ist die Begründung des dringenden Tatverdachtes dann, wenn sie den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht und solcherart geradezu willkürlich erscheint. Auch im Fall bloßer Scheingründe hätte das Gericht den Rahmen des gesetzlichen Beweiswürdigungsermessens überschritten (§ 10 GRBG; JBl 2000/259 = EvBl 1999/192, EvBl 2000/112; EvBl 2000/193, EvBl 2001/97; 11 Os 143, 144/99, 12 Os 35/01, 13 Os 6/02, 14 Os 47/02, 13 Os 64/02, 14 Os 105/02 uva).

Die vom Oberlandesgericht zur Begründung des dringenden Tatverdachtes ins Treffen geführten bestimmten Tatsachen (den Beschuldigten belastende Angaben des inländischen Suchtgiftverteilers Ok***** und die damit im Einklang stehenden Ergebnisse der Fernmeldeüberwachung seines Mobiltelefons, die Namensbezeichnungen der Endempfänger samt deren Mobiltelefonnummer mit dem Auftrag an Ok*****, diese vom Einlangen der für sie bestimmten Lieferungen zu verständigen, Sicherstellung des Mobiltelefons mit der von Ok***** aufgezeichneten Rufnummer bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung des Beschuldigten sowie Ergebnisse der Fernmeldeüberwachung dieses - nach eigenen Bekundungen ausschließlich von ihm selbst benützten - Mobiltelefons in Verbindung mit der gänzlichen Mittellosigkeit des als Asylant in Österreich aufhältigen Beschuldigten) lassen den daraus gezogenen Schluss auf die hohe Wahrscheinlichkeit eines Zusammenwirkens gewerbsmäßiger Einfuhr von großen Suchtgiftmengen nicht unvertretbar erscheinen.

Eine Auseinandersetzung mit den weiteren Angaben des Mitbeschuldigten Ok***** über die näheren Umstände der Bekanntschaft zu N. D. (S 391, 393/II), bedurfte angesichts des - aufgrund eines Größenschlusses aus § 270 Abs 2 Z 5 StPO - auch für Haftentscheidungen geltenden Gebotes zur gedrängten Darstellung der Begründung keiner gesonderten Erörterung (§ 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO). Im Übrigen übersieht die Beschwerde bei dem Einwand, beim Beschuldigten handle es sich nicht um den von Ok***** genannten "N. D.", dass mit diesen Initialen nach der Aktenlage zwei verschiedene Personen, nämlich der mit Ok***** befreundete "N*****" (S 385/II), aber auch der dem Ok***** nicht bekannte O*****, welcher aufgrund der Verteilerliste (S 399/II) an Hand der Telefonnummer, nicht aber aufgrund persönlicher Bekanntheit (S 387/II) ausgeforscht wurde, bezeichnet werden.

Einen Schuldbeweis verlangt § 180 Abs 1 erster Satz StPO, der Beschwerdeauffassung zuwider, nicht, vielmehr genügt ein höherer Grad von Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Straftat begangen habe (Hager/Holzweber GRBG § 2 E 14, 17). Warum das noch ausstehende Ergebnis der beim Beschwerdeführer durchgeführten Hausdurchsuchung, bei welcher eine Vielzahl von Unterlagen (Zettel mit handschriftlichen Notizen und andere schriftliche Aufzeichnungen, deren Auswertung noch aussteht) sichergestellt wurden, den Beschwerdeführer entlasten soll, legt die Beschwerde nicht dar, sodass sie insoweit nicht erwiderungsfähig ist. Inwiefern die Frage, ob die Auswertung der aktenkundigen Telefonüberwachungsprotokolle über am 9. und 10., sowie 25., 26. und 30. Oktober 2002 mit dem Mobiltelefon des Beschuldigten geführten Gespräche mit der Auswertung der im Mobiltelefon gespeicherten Rufnummern wegen eines technischen Defekts des Mobiltelefons oder aus anderen Gründen nicht komplettiert wurde, für die Beurteilung des Tatverdachts von Bedeutung wäre, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen, weil sie selbst zugesteht, dass der Dokumentation sämtliche SMS-Speicherungen und vier gewählte Rufnummern fehlen. Die Verdachtslage betreffend die hohe Wahrscheinlichkeit der Beteiligung am Drogenimport einer am 25. Oktober 2002 nach Wien verbrachten Suchtgiftmenge leitet das Oberlandesgericht begründet aus den Ergebnissen der Fernmeldeüberwachung des ausschließlich vom Beschuldigten benutzten Mobiltelefons und den sich daraus ergebenden Gesprächsinhalten (S 7 des angefochtenen Beschlusses) ab. Da somit durch den angefochtenen Beschluss eine Grundrechtsverletzung nicht stattgefunden hat, weil dieser im Zeitpunkt seiner Fassung in jeder Hinsicht korrekt war, konnte der Grundrechtsbeschwerde kein Erfolg beschieden sein. Sie war sohin ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Stichworte