OGH 9Ob8/03x

OGH9Ob8/03x12.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragstellerinnen 1. Yunicel T*****, derzeit ohne Beschäftigung, *****, Philippinen, als vorgesehenes Wahlkind und 2. Buenafe F*****, Abteilungshelferin, *****, als vorgesehene Wahlmutter, beide vertreten durch Dr. Leopold Wiedermann, öffentlicher Notar in Wien, über den Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. November 2002, GZ 45 R 643/02w-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 2. Oktober 2002, GZ 32 P 31/02m-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrem Antrag vom 1. 3. 2002 begehrten die beiden Antragstellerinnen die Bewilligung ihres am 11. 2. 2002 abgeschlossenen Adoptionsvertrages. Die am 30. 10. 1958 geborene Zweitantragstellerin (Wahlmutter) lebt seit 1987 in Österreich, ist österreichische Staatsbürgerin und hat keine Kinder. Sie ist die Schwester der leiblichen Mutter des eigenberechtigten Wahlkindes und kennt dieses seit dem Säuglingsalter.

Die Erstantragstellerin (Wahlkind) ist ledig und hat keine Kinder. Der Kontakt zwischen den Antragstellerinnen beschränkte sich auf Zeiten, während der die Zweitantragstellerin zu Urlaubszwecken auf den Philippinen weilte bzw, dass diese die Erstantragstellerin viermal auf Urlaub mitnahm. Desweiteren unterstützte die Zweitantragstellerin die Erstantragstellerin finanziell. Die Erstantragstellerin will nach Österreich, da sie hier bessere Berufsaussichten vermutet. Die Adoption soll erfolgen, um der Erstantragstellerin einen rechtmäßigen Aufenthalt und eine Arbeitsbewilligung in Österreich zu ermöglichen.

Das Erstgericht wies das Adoptionsansuchen ab, weil es an den Voraussetzungen nach § 180a Abs 1 ABGB mangle. Weder bestehe eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung zwischen den Antragstellern, noch könne in dem Hauptzweck des Adoptionsvertrages, nämliche eine Aufenthaltsbewilligung der Erstantragstellerin in Österreich zu erreichen, ein gerechtfertigtes Anliegen ersehen werden.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichtes. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass das Fehlen einer Eltern-Kind-ähnlichen Beziehung bzw auch das Fehlen der Absicht, eine solche Beziehung herzustellen und nur eine Aufenthaltsbewilligung zu erreichen, keine Bewilligung des Adoptionsvertrages ermögliche. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu vorliege, ob die erleichterte Erlangung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung in Österreich und damit das Erreichen besserer beruflichen Aussichten des Wahlkindes ein gerechtfertigtes Anliegen iSd § 180a ABGB darstelle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Adoption der Erstantragstellerin durch die Zweitantragstellerin bewilligt werde.

Entgegen dem Zulassungsausspruch des Rekursgerichtes, an welchen der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 16 Abs 3 AußStrG), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits in seiner Entscheidung vom 12. 6. 2002, 7 Ob 102/02d (= ARD 5349/29/2002 = RIS-Justiz RS0048764) zur Adoption eines ausländischen Wahlkindes, bei der ebenfalls Aufenthalts- und Einreisebewilligung im Vordergrund standen, ausführlich Stellung genommen. Schon damals wurde darauf hingewiesen, dass die Beurteilung, ob eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll bzw ein gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des Wahlkindes vorliegt, eine von den singulären Besonderheiten der beteiligten Personen geprägte Einzelfallentscheidung ist, deren Beurteilung letztlich in einem gewissen Ermessensspielraum des Gerichtes gelegen ist (RIS-Justiz RS0087008 und RS0087006). Das (nur) für die Erwachsenenadoption in § 180a Abs 1 dritter Satz ABGB normierte Erfordernis des gerechtfertigten Anliegens - welches im Gesetz nicht näher definiert wird - soll dabei der Missbrauchsgefahr bei einer besonderen Form der Annahme begegnen. Wenngleich auch unter Erwachsenen die Eltern-Kind-Beziehung nicht überbetont werden darf, kann dieser Umstand nicht völlig übergangen werden. Ausdrücklich heißt es in der zitierten Vorentscheidung, dass die (ausschließliche) Erleichterung des Erhaltes einer Arbeits- und/oder Aufenthaltsbewilligung ohne die vom Gesetz geforderte personenbezogene und die grundsätzlich auch bei einer Erwachsenenadoption geforderte familienrechtliche Begründung (Herstellung) einer (zusätzlichen) Eltern-Kind-Beziehung jedenfalls zu wenig wäre und die bloße Umgehung fremdenrechtlicher Bestimmungen kein gerechtfertigtes Interesse an der Adoption darzustellen vermag (unter Zitat von Stabentheiner in Rummel ABGB I3 Rz 1 zu § 180a; Schwimann in Schwimann ABGB2 Rz 2 zu § 180a; unter ausdrücklicher Billigung von EFSlg 93.213, LG für ZRS Wien). Da somit bereits Rechtsprechung zu der vom Rekursgericht beurteilten Rechtsfrage besteht, welche die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes deckt und auch die Revisionsrekurswerberinnen keine darüber hinausgehende erhebliche Rechtsfrage (§ 14 Abs 1 AußStrG) aufzuzeigen vermögen, erweist sich ihr Rechtsmittel als unzulässig.

Stichworte