OGH 6Ob91/02d

OGH6Ob91/02d23.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sabine L*****, Schülerin, *****, vertreten durch Dr. Heinz Robathin, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marek L*****, Bautechniker, *****, vertreten durch Dr. Joachim Breit, Rechtsanwalt in Tulln, wegen 5.710,27 EUR (78.575 S) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 25. September 2001, GZ 37 R 141/02p-45, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Tulln vom 30. Jänner 2001, GZ 2 C 94/98z-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die am 18. 7. 1981 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Die Ehe ihrer Eltern wurde 1985 von einem polnischen Gericht geschieden und die elterliche Gewalt des Beklagten gegenüber der Klägerin auf das Recht der persönlichen Kontakte mit ihr und die Mitentscheidung über zukünftige Schul- und Berufswahl eingeschränkt. Die Eltern der Klägerin setzten zunächst ihre Lebensgemeinschaft fort und trennten sich erst 1995. Beide Streitteile sind polnische Staatsbürger.

Aufgrund eines am 13. 2. 1993 erlittenen Verkehrsunfalles erhielt der Beklagte vom gegnerischen Versicherer 140.055,40 S, worin auch ein der verletzten Klägerin zustehender Schmerzengeldbetrag von 78.575 S enthalten war. Am 1. 4. 1993 zahlte der Beklagte 140.000 S auf ein Sparbuch mit Losungswort ein, auf das sowohl er als auch die Mutter der Klägerin Zugriff hatten. Dieses Sparbuch nahm die Mutter der Klägerin anlässlich der endgültigen Trennung vom Beklagten mit dessen Einverständnis an sich. Sie löste das Sparbuch am 31. 1. 1995 auf und überwies das vorhandene Guthaben von insgesamt 215.949 S auf ihr eigenes Konto. Dass der der Klägerin gewidmete Schmerzengeldbetrag vom Beklagten verbraucht oder für ihn verwendet wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrte 78.575 S (5.710,27 EUR). Der Beklagte habe den Geldbetrag für eigene Geschäfte verwendet. Die Klägerin habe den Beklagten mehrmals zur Herausgabe des Betrages aufgefordert. Er habe ihr auch Zahlung zugesichert und die Zahlungspflicht anerkannt. Hievon habe die Klägerin ihre Mutter informiert, die damit einverstanden gewesen sei, dass die Klägerin den Betrag anlässlich ihres 18. Geburtstages ausgefolgt erhalten solle. Kurz vor Weihnachten 1997 habe der Beklagte seine Zusage jedoch zurückgezogen. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Behauptungen der Klägerin und brachte vor, dass die Mutter das Sparbuch, auf dem der Betrag erlegt worden sei, an sich genommen und realisiert habe.

Das Erstgericht wies (im zweiten Rechtsgang) das Klagebegehren ab. Nach dem insoweit anzuwendenden polnischen Recht sei der Beklagte zum Zeitpunkt des Empfanges des Schmerzengeldbetrages der Klägerin nicht mehr deren gesetzlicher Vertreter gewesen. Der geltend gemachte Bereicherungsanspruch sei gemäß § 46 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen. Da der der Klägerin gewidmete Entschädigungsbetrag der Mutter zugekommen sei und die hiefür beweispflichtige Klägerin nicht erwiesen habe, dass der Beklagte den Betrag zu seinem Gunsten verwendet oder verbraucht habe, sei das Klagebegehren abzuweisen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Klägerin habe auch insoweit, als sich der Beklagte nach ihren Berufungsbehauptungen durch die Überlassung des Sparguthabens an die Mutter der Klägerin weitere Zahlungen an diese erspart habe, einen Bereicherungsanspruch nicht erweisen können, zumal nicht behauptet worden sei, dass weitere aufzuteilende Ersparnisse vorhanden gewesen seien. Ein konstitutives Anerkenntnis des Beklagten und die für eine wirksame Annahme dieses Anerkenntnisses erforderliche Zustimmung der Mutter der Klägerin als ihre damalige gesetzliche Vertreterin liege nicht vor. Seinen ursprünglich in diesem Urteil enthaltenen Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, änderte das Berufungsgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 2 ZPO dahin ab, dass es die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zuließ, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob die Annahme eines konstitutiven Anerkenntnisses durch eine Minderjährige der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters bedürfe. Die Revision der Klägerin ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl nach österreichischem als auch nach dem hier aufgrund des Personalstatuts der Klägerin (§ 9 Abs 1 IPRG) hinsichtlich der Frage des Umfanges ihrer Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt des behaupteten Anerkenntnisses anzuwendenden polnischen Recht ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters für Geschäfte, die für den Minderjährigen ausschließlich vorteilig sind und mit keinerlei Pflichten, Belastungen oder Nachteilen für ihn verbunden sind, nicht erforderlich (Art 17 polnisches ZGB; § 865 ABGB). Dass für die Klägerin Belastungen - selbst solche im weitesten Sinn (vgl Ertl in Rummel ABGB I3 § 1380 Rz 6) - mit dem behaupteten Anerkenntnis des Vaters verbunden sein sollten, lässt sich aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht erschließen. Dessen ungeachtet kann in der (schon im ersten Rechtsgang vertretenen) Ansicht des Berufungsgerichtes, dass das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses seitens des Beklagten nicht erwiesen werden konnte, eine zur Korrektur Anlass gebende Beurteilung des Einzelfalles nicht erblickt werden. Das behauptete Anerkenntnis des Beklagten ist gemäß dem seit 1. 12. 1998 aufgehobenen, aber gemäß § 50 Abs 2 IPRG hier noch anzuwendenden (weil das Anerkenntnis vor dem 30. 11. 1998 abgegeben worden sein soll) § 45 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen, weil sich auch der behauptete Bereicherungsanspruch der Klägerin, der dem Anerkenntnis zugrunde liegen soll, gemäß § 46 IPRG nach österreichischem Recht richtet, wie die Vorinstanzen unstrittig und zutreffend erkannt haben. Nach ständiger Rechtsprechung gehört das konstitutive Anerkenntnis zu den Feststellungsverträgen. Es setzt die Absicht des Erklärenden voraus, unabhängig vom bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (RIS-Justiz RS0032779). Das anerkannte Rechtsverhältnis wird wirksam, auch wenn es nicht bestanden haben sollte (RIS-Justiz RS0032406). Es schafft somit unabhängig von der Existenz des zweifelhaften Schuldgrundes einen neuen, selbständigen Verpflichtungsgrund. Das deklarative Anerkenntnis ist hingegen eine Wissenserklärung des Schuldners, mit dem dieser keine Rechtsfolgen herbeiführen will, sondern nur bekannt gibt, dass das Recht des Gläubigers seines Wissens besteht. Es ist nur Beweismittel im Rechtsstreit, das durch andere Beweismittel widerlegt werden kann (RIS-Justiz RS0032812; RS0032801). Je mehr bei den Parteien das Bewusstsein von der Unsicherheit der Sach- und Rechtslage hervortritt, desto eher ist ein konstitutives Anerkenntnis anzunehmen. Im Zweifel ist aber eine Erklärung die weniger weitgehende Wirkung des deklarativen Anerkenntnisses zu unterstellen (Ertl aaO Rz 7 mwN). Dass der Beklagte die Klägerin mit einer Zahlungszusicherung vertröstete, wie sie dies behauptete, lässt noch keineswegs zwingend auf die Verpflichtung zur Zahlung ohne Rücksicht auf ein tatsächlich zugrundeliegendes Schuldverhältnis schließen. Ob das Parteienvorbringen zur Dartuung des Klagegrundes eines konstitutiven Anerkenntnisses hinreicht, ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Es ist daher auch nicht entscheidungswesentlich, ob die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu einem mit einem Minderjährigen geschlossenen Anerkenntnisvertrag erforderlich ist. Soweit die Klägerin in ihrer Revision die Behauptung wiederholt, der Beklagte habe das ihr zustehende Schmerzengeld für in Polen getätigte Geschäfte verwendet und rügt, dass die hiezu geführten Zeugen nicht einvernommen worden seien, bekämpft sie in unzulässiger Weise die Negativfeststellung der Vorinstanzen, dass nicht festzustellen sei, dass der Beklagte das Geld selbst verbraucht oder für sich verwendet habe und macht einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend, der im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden kann, weil sein Vorliegen bereits vom Gericht zweiter Instanz verneint wurde (RIS-Justiz RS0042963).

Die Revision der Klägerin ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Die Revisionsbeantwortung enthält keinen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage, sodass sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war und der Beklagte daher diese Kosten gemäß §§ 41 und 50 ZPO selbst zu tragen hat.

Stichworte