OGH 7Ob297/02f

OGH7Ob297/02f15.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem 9. Juni 1990 verstorbenen Philipp Heinrich Theodor Franz Maria G***** über den Revisionsrekurs des erbl. Sohnes Philipp Georg G*****, Frankreich, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems als Rekursgericht vom 26. Februar 2002, GZ 1 R 36/02b-389, womit der Rekurs des erbl. Sohnes gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 3. August 2001, GZ 3 Hc 2/01a-333, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird keine Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Waidhofen a.d. Thaya als Verlassenschaftsgericht ersuchte am 14. 12. 2000 (ON 333 in Band IV; in der angefochtenen Rekursentscheidung unrichtig datiert mit "14. 2. 2000") das Bezirksgericht Krems um Schätzung und Errichtung des Teilinventars hinsichtlich mehrerer im Sprengel des letztgenannten Gerichtes gelegener Liegenschaften. Dieses betraute hierauf damit einen öffentlichen Notar in Gföhl (ON 334/IV), welcher die Teilinventare laut Protokoll vom 17. 7. 2001 zu 3 Hc 2/01a erstattete (ON 359/IV). Mit Beschluss vom 3. 8. 2001 nahm das Rechtshilfegericht das Teilinventar mit einem Aktivstand und zugleich Reinnachlass von S 22,951.641 zu Gericht an (Punkt 1. der Entscheidung), bestimmte im Weiteren die Gebühren der bestellten Sachverständigen und des bestellten Gerichtskommissärs und traf die entsprechenden Zahlungsanweisungen an den Rechnungsführer (Punkte 2. bis 5.); schließlich wurde der Akt dem Abhandlungsgericht nach Erledigung des Rechtshilfeersuchens wiederum rückgemittelt (Punkt 6., sämtliche in ON 363/IV). Die Zustellung dieses Beschlusses erfolgte an den nunmehrigen Rechtsmittelwerber (ältester Sohn des Erblassers, Noterbe und Legatar) am 6. 8. 2001. Zum Zwecke der Rekurserhebung beantragte der Genannte zunächst fristgerecht beim Rechtshilfegericht die (erneute: vgl ON 311 iVm 345/IV) Bewilligung der Verfahrenshilfe (ON 364 und 366/IV), später auch ergänzt um einen Antrag auf Wiedereinsetzung (gerichtet auf nachträgliche Teilnahme an den Schätzungshandlungen wegen nicht rechtzeitiger Terminverständigung hievon; ON 367/IV). Nach abermaliger Bewilligung der Verfahrenshilfe (ON 371 iVm ON 376/IV) wurde der bekämpfte Beschluss des Rechtshilfegerichtes dem bestellten Verfahrenshelfer (ON 372/IV) am 17. 12. 2001 durch persönliche Ausfolgung zugestellt (ON 380/IV). Der dagegen am 31. 12. 2001 beim Abhandlungsgericht eingebrachte "Nichtigkeitsrekurs" (ON 383/IV) wurde vom Rekursgericht zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs hinsichtlich Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses (Annahme des Teilinventars) wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig, im Übrigen jedenfalls unzulässig sei (§ 14 Abs 2 Z 1 AußStrG) und der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige. Das Rekursgericht erachtete das Rechtsmittel als verspätet, weil es nicht gemäß § 9 Abs 1 AußStrG bei dem Gericht, dessen Beschluss angefochten wurde (also beim Bezirksgericht Krems), sondern fälschlicherweise beim Bezirksgericht Waidhofen a. d. Thaya eingebracht worden sei, wo es erst am 8. 2. 2002 (ON 387/IV), also längst verspätet eingelangt sei. Ein Fall des § 11 Abs 2 AußStrG liege nicht vor (ON 389/IV).

Ausdrücklich und ausschließlich gegen Punkt 1. des rekursgerichtlichen Beschlusses richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des erblasserischen Sohnes Philipp Georg G***** aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, diesen dahingehend abzuändern, dass dem Rekurs Folge gegeben werde; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt. Das Rechtsmittelvorbringen lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass das für die Rechtzeitigkeit des erhobenen Rechtsmittels maßgebliche Erstgericht ausschließlich das Abhandlungs- und nicht das von diesem ersuchte Rechtshilfegericht gewesen sei, sodass sein Rekurs nicht als verspätet zurückgewiesen hätte werden dürfen; hiezu fehle es auch an Rechtsprechung. Auch könne der Argumentation des Rekursgerichtes nicht gefolgt werden, dass § 11 Abs 1 AußStrG hier nicht zur Anwendung komme, bestehe doch "ein ganz allgemeines Interesse nach richtiger, objektiver Bewertung des Teilinventars" im Sinne der Grundsätze des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (LBG), sodass eine Abänderung "ohne Nachteile eines Dritten" sehr wohl möglich wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zum Zwecke der rechtlichen Klarstellung und damit aus Gründen der Rechtssicherheit (§ 14 Abs 1 AußStrG) zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Bestellung eines Sachverständigen im Rechtshilfeweg (durch ein ersuchtes Gericht) ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 352 Abs 2 ZPO, welche Bestimmung auch im Verfahren Außerstreitsachen Anwendung findet: Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2, Rz 2 zu § 8 mwN). So wie in solchen Fällen das ersuchte (und nicht das ersuchende) Gericht zur beschlussmäßigen Bestimmung der Gebühren eines solchen Sachverständigen berufen ist (und selbstredend damit der diesem und nicht dem ersuchenden Gericht übergeordnete Gerichtshof etwa über ein hiegegen erhobenes Rechtsmittel zu entscheiden hat: vgl die in RIS-Justiz RS0059260 genannten Judikate 5 N 503/93 und 5 Nd 507/99), hat dies auch für ein - sonstiges - Rechtsmittel gegen einen Beschluss des Rechtshilfegerichtes zu gelten. Damit muss aber auch klar sein, dass ein gegen dessen Beschluss erhobenes Rechtsmittel auch (ausschließlich) an dieses (als die zu bekämpfen beabsichtigte Entscheidung erlassendes) Gericht im Sinne des § 9 Abs 1 AußStrG (als eben der nach dieser Gesetzesstelle "untere Richter") zu richten und bei diesem einzubringen ist, weil auch nur dieser unter Umständen dazu berufen sein kann, etwa einer an ihn gerichteten Vorstellung selbst stattzugeben (§ 9 Abs 2 AußStrG). Die Rechtzeitigkeit des vorliegenden Rekurses war (und ist) daher am Einlangen beim ersuchten Gericht zu messen. Dies erfolgte jedoch nach der (im Revisionsrekurs gar nicht bestrittenen) Aktenlage erst am 8. 2. 2002, also - bezogen auf das Zustelldatum 17. 12. 2001 - lange nach der gesetzlichen Notfrist von 14 Tagen des § 11 Abs 1 AußStrG. Eine Rechtsmittelfrist wird nämlich - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - nur durch Überreichung (oder Adressierung) an das zuständige Gericht gewahrt; bei einer falschen Adressierung (wie im vorliegenden Fall) wäre die Frist nur gewahrt, wenn das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist auch beim zuständigen Gericht eingelangt wäre (3 Ob 135/98m; 4 Ob 227/99g, jeweils mwN). Die Rechtzeitigkeit des Rekurses ist daher nach dem Zeitpunkt des Einlangens beim (richtigen) Gericht erster Instanz zu beurteilen (ausführlich auch 10 Ob 533/94). Aber auch die Nichtanwendung des § 11 Abs 1 AußStrG (sachliche Erledigung trotz Verspätung) auf den vorliegenden Fall wurde vom Rekursgericht richtig gelöst. Durch eine Umstoßung der erfolgten gutachterlichen Liegenschaftsbewertungen würde nämlich in die materiell-rechtliche Stellung der übrigen, sich hiegegen nicht beschwert erachtenden Erb- und Pflichtteilsberechtigten in einer Art eingegriffen, die als Nachteil im Sinne dieser Gesetzesstelle gewertet werden müsste und sohin die Berücksichtigung des verspäteten Rechtsmittels verhindert. Dem hält auch der Rechtsmittelwerber nichts konkret Stichhaltiges entgegen. Auf den vom Rekursgericht zusätzlich ins Treffen geführten Verzögerungseffekt des bereits mehr als 10 Jahre dauernden Verlassenschaftsverfahrens kommt es damit nicht mehr weiter an.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher - seitens des Obersten Gerichtshofes war hiebei nur die Rechtzeitigkeit zu prüfen - zu bestätigen; dem hiegegen ankämpfenden Revisionsrekurs war damit keine Folge zu geben.

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