Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.842,80 (darin EUR 307,13 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die auf Bezahlung rückständigen Mietzinses und Räumung gerichtete Klage wurde am 22. 5. 1991 eingebracht und der beklagten Partei am 13. 6. 1991 zu Handen des damaligen Geschäftsführers und nunmehrigen Liquidators zugestellt. Bereits am 26. 11. 1991 wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien zu 5 Nc 909/91 ein Konkursantrag gegen die beklagte Partei mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen und ins Firmenbuch eingetragen, dass die beklagte Partei gemäß § 1 ALöschG aufgelöst ist. Seit diesem Zeitpunkt befindet sich die beklagte Partei in Liquidation und der ehemalige Geschäftsführer ist nunmehr Liquidator, welcher selbständig vertritt. Mit weiteren Beschlüssen des Handelsgerichtes Wien vom 24. 6. 1994 zu 6 Nc 592/94 und vom 24. 11. 1994 zu 6 Nc 439/94 wurden erneut Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen und dies ins Firmenbuch eingetragen. Mit Beschluss vom 31. 4. 1993 wurde der beklagten Partei im gegenständlichen Verfahren Verfahrenshilfe bewilligt. Eine Löschung der beklagten Partei im Firmenbuch ist bislang nicht erfolgt. Die beklagte Partei verfügt derzeit über kein Vermögen.
Infolge Antrages der klagenden Partei vom 27. 9. 2000 auf Beendigung ("Einstellung") des Verfahrens wegen amtswegiger Auflösung der beklagten GmbH gemäß § 1 ALöschG wies das Erstgericht die Klage auf Zahlung rückständiger Mietzinse in Höhe von S 948.491,61 sA sowie auf Feststellung, dass das mit der beklagten Partei bestehende Unterbestandverhältnis infolge Verzuges mit der Bezahlung des Untermietzinses gemäß § 1118 ABGB aufgehoben sei, zurück und erklärte überdies das durchgeführte Verfahren für nichtig. Die Kosten der Parteien hob es gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig auf. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs lediglich für den Fall einer gelöschten Gesellschaft gemäß § 2 ALöschG (nunmehr § 40 FBG), nicht jedoch für den Fall einer vermögenslosen, gemäß § 1 ALöschG (nunmehr § 39 FBG) aufgelösten Gesellschaft vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist aus dem genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die beklagte Partei wendet sich wie im Rekursverfahren gegen die Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des verstärkten Senates 8 ObA 2344/96f = SZ 71/175 auf den vorliegenden Fall, weil sich der hier zur Entscheidung anstehende Sachverhalt wesentlich von dem der Entscheidung des verstärkten Senates zugrundeliegenden unterscheide. Dort sei es um eine gemäß § 2 ALöschG amtswegig bereits gelöschte Gesellschaft gegangen, wogegen im vorliegenden Fall eine amtswegige Auflösung gemäß § 1 ALöschG vorliege, ohne dass die beklagte Partei gelöscht worden sei. Es sei zwar richtig, dass die beklagte Partei derzeit vermögenslos sei; die beklagte Partei führe aber amtsbekannter Maßen zahlreiche Passiv- aber auch Aktivprozesse, sodass bei entsprechendem Prozessausgang durchaus die Behebung der Vermögenlosigkeit unter Weiterführung des Unternehmens möglich, aber jedenfalls nicht auszuschließen sei.
Diese Ausführungen sind nicht stichhältig.
Es macht keinen wesentlichen Unterschied, ob die Gesellschaft gemäß § 2 ALöschG (nunmehr § 40 FBG) wie im Falle des verstärkten Senates wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wird oder ob gemäß § 1 Abs 1 ALöschG (nunmehr § 39 FBG) die Gesellschaft mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde, aufgelöst wird. Der Eintragung der Löschung der Firma kommt nämlich nur deklarative Bedeutung zu. Die Liquidation der Gesellschaft kann erst dann als beendet angesehen werden, wenn das Gesellschaftsvermögen zur Gänze verteilt ist (6 Ob 537/91 = WBl 1991, 367; 8 Ob 2344/96f = SZ 71/175 ua). Wesentlich ist vielmehr, dass in beiden Fällen die Gesellschaft als aufgelöst gilt und keine Liquidation stattfindet. Es ist daher sachgemäß, dem Kläger in beiden Fällen, das Recht zu geben das Verfahren fortzusetzen, ihn jedoch hiezu nicht zu zwingen. Für die Erwägungen des verstärkten Senates, dem Kläger ein Wahlrecht einzuräumen, war nämlich entscheidend, dass einem Kläger, der gegen eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft einen Prozess führt, zugebilligt werden muss, sich auf die Vermutung der Vermögenslosigkeit der beklagten Partei berufen zu können und daher von der Fortsetzung des für ihn sinnlos gewordenen Prozesses abzustehen. Es würde das Recht des Klägers auf ein chancengleiches, faires Verfahren verletzen, wollte man ihn zwingen, entgegen seinem Willen weitere, kostenverursachende Prozessmaßnahmen zu setzen. Dies gilt auch im Fall des § 1 ALöschG (nunmehr § 39 FBG). Es besteht aufgrund der rechtskräftigen Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung die Vermutung der Vermögenslosigkeit. Zwar könnte eine solche Gesellschaft - anders als im Fall des § 2 ALöschG (nunmehr § 40 FBG) - fortgesetzt werden, jedoch nur dann, wenn der Nachweis gelingt, dass nunmehr kein Konkurseröffnungsgrund mehr
vorliegt (6 Ob 14/92 = GesRZ 1992, 236; 1 Ob 2014/96z = WBl 1996, 459
= ZIK 1997, 68 ua); diesen Nachweis hat die beklagte Partei aber
nicht gebracht, sondern vielmehr selbst darauf hingewiesen, dass sie derzeit völlig vermögenslos ist und nur hoffe, durch ihre zahlreichen (auch Aktiv-)Prozesse künftig zu Vermögen zu kommen.
Sowie im Fall des § 2 ALöschG sind auch im Fall des § 1 ALöschG die
Interessen der beklagten Partei in diesem Zusammenhang nicht
schützenswert, weil dort der Gesellschaft im Löschungsverfahren nach
Verständigung gemäß § 18 FBG ausreichend Gelegenheit geboten wurde,
allfälliges Vermögen zu behaupten und zu bescheinigen und damit die
Löschung zu verhindern (8 Ob 2344/96f = SZ 71/175), hier aber die
beklagte Partei die Möglichkeit hatte, die Abweisung des Antrages auf
Eröffnung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens
durch Nachweis eines ausreichenden Vermögens zu verhindern bzw unter
Bescheinigung neu hervorgekommenen Vermögens neuerlich Konkursantrag
zu stellen oder, sollte ein Konkurseröffnungsgrund nicht mehr
vorliegen, die Gesellschaft fortzusetzen (siehe 1 Ob 2014/96z = WBl
1996, 459 = ZIK 1997, 68). Gegenüber der beklagten Partei ist daher
auch in diesem Fall die Vermutung der Vermögenslosigkeit gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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