OGH 9ObA176/02a

OGH9ObA176/02a4.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und DDr. Wolfgang Massl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zentralbetriebsrat der Austro Control, 1030 Wien, Schnirchgasse 11, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH, 1030 Wien, Schnirchgasse 11, vertreten durch Lansky & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (EUR 363.364,17), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. März 2002, GZ 7 Ra 48/02h-23, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. September 2001, GZ 32 Cga 237/00g-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.637,72 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 439,62 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf Grund einer mit dem Austro Control-Gesetz, Bundesgesetz BGBl Nr. 898/1993, erteilten Ermächtigung wurde anstelle des Bundesamtes für Zivilluftfahrt die beklagte Gesellschaft gegründet. Im Bundesamt für Zivilluftfahrt waren sowohl öffentlich-rechtliche Bedienstete als auch privatrechtliche Bedienstete beschäftigt gewesen, wobei die privatrechtlichen Dienstverhältnisse aufgrund § 1 Abs 5 VBG iVm der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 389/1967 vom Anwendungsbereich des VBG ausgenommen waren und dem Kollektivvertrag für das Bundesamt für Zivilluftfahrt unterlagen, den der Bund mit der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten abgeschlossen hatte. Nach § 7 Abs 1 des am 1. 1. 1994 in Kraft getretenen Austro Control-Gesetzes wurden die beim Bundesamt für Zivilluftfahrt beschäftigten Kollektivvertrags-Bediensteten Bedienstete der Beklagten; nach § 7 Abs 2 trat durch die Ausgliederung an den bestehenden kollektivvertraglichen und einzelvertraglichen Rechten und Pflichten der Bediensteten keine Änderung ein.

Der am 1. 12. 1967 zwischen dem Bund und der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten abgeschlossene Kollektivvertrag (KV I) und seine Nachträge gelten für alle Bediensteten der Beklagten, deren Dienstverhältnis nicht später als am 31. 12. 1996 begonnen hat. Für die nach diesem Zeitpunkt eintretenden Bediensteten wurde ein zweiter Kollektivvertrag (KV II) abgeschlossen, der am 1. 1. 1997 in Kraft trat.

Gegenstand des Verfahrens ist eine Sonderzahlung, die den Bediensteten seit 1984 jedes Jahr vom Bundesamt für Zivilluftfahrt bzw. ab 1994 von der Beklagten gewährt wird. Bemessungsgrundlage dieser jeweils im September ausgezahlten Sonderzahlung war das Entgelt für den Monat Mai jeden Jahres, in dem die Sonderzahlung ausgezahlt wurde. Der Prozentsatz der Sonderzahlung stieg (weitgehend) kontinuierlich von 15 % im Jahr 1984 auf 95 % im Jahr 1999. Eine Ausnahme bildet das Jahr 1996, in dem im Hinblick auf eine damals vereinbart Null-Lohnrunde ein Prozentsatz von 120 % vereinbart wurde.

Grundlage für die erstmalige Auszahlung der Sonderzahlung im Jahr 1984 war eine Vereinbarung zwischen den Kollektivvertragsverhandlungspartnern (Verkehrsministerium, Gwerkschaft der Post- und Fernmeldebedienstete unter Beiziehung der Personalvertreter des Bundesamtes für Zivilluftfahrt), die folgenden Wortlaut hat:

"Den Bediensteten des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, die sich am 1. 6. 1984 in einem kollektivvertraglichen Dienstverhältnis befunden haben, wird eine einmalige und freiwillige Sonderzahlung in der Höhe von 15 % ihres jeweiligen Gehaltsansatzes (laut Anhang I des Kollektivvertrages) auf der Basis des Junigehaltes 1984 - abweichend von Art XII Z 2 des Kollektivvertrages - gewährt.

Aus dieser einmaligen und freiwilligen Sonderzahlung können für die Zukunft keine Rechtsansprüche abgeleitet werden. Die in Frage kommenden Kollektivvertragsbediensteten werden von der Gewährung der Sonderzahlung mit Dienstzettel laut beiliegendem Muster verständigt werden."

Der dieser Vereinbarung beiliegende Musterdienstzettel enthält ua folgende Formulierung:

"Aus dieser einmaligen und freiwilligen Sonderzahlung können für die Zukunft keine Rechtsansprüche abgeleitet werden. Durch die Entgegennahme dieser Sonderzahlung erklären Sie formlos Ihr Einverständnis mit dieser Regelung".

Für das Jahr 1985 wurde eine entsprechende Vereinbarung am 19. 11. 1985 geschlossen, wobei die Höhe der Sonderzahlung mit 20 % des Gehaltsansatzes für Mai 1985 vereinbart wurde. Die Formulierung der Vereinbarung und des Musterdienstzettels entsprach im Wesentlichen der im Vorjahr getroffenen Vereinbarung.

In der für 1987 abgeschlossenen Vereinbarung wird die Widerrufbarkeit der Sonderzahlung wie folgt zum Ausdruck gebracht:

"Die Gewährung dieser einmaligen und freiwilligen Sonderzahlung ist für die zukünftigen Zeiträume jederzeit widerrufbar und es können aus der Gewährung auch keine Rechtsansprüche abgeleitet werden". Auch dieser Vereinbarung war ein Musterdienstzettel mit entsprechender Formulierung angeschlossen.

Die Vereinbarungen für die Jahre 1990 bis 1993 und die jeweiligen Musterdienstzettel entsprachen in ihrer Textierung der zuletzt wiedergegebenen Vereinbarung.

Nur die Vereinbarung für 1986 wurde als Kollektivvertrag hinterlegt und kundgemacht.

Ziel der Gewerkschaft war es, die Höhe der Sonderzahlung im Laufe der Jahre auf ein ganzes Monatsgehalt zu steigern. Ihren Wunsch, die Vereinbarungen jeweils in den Kollektivvertrag aufzunehmen, wurde vom Dienstgeber nicht erfüllt, weil dieser dadurch eine stärkere faktische Bindung befürchtete.

Bis 1993 waren die auszahlenden Stellen angewiesen, die in der Vereinbarung genannten Dienstzettel an die betroffenen Mitarbeiter auszufolgen. Die Mitarbeiter sollten die Dienstzettel unterschreiben und retournieren. Die Auszahlung der Sonderzahlungen wurde aber nicht von der Unterfertigung der Dienstzettel abhängig gemacht. Während in den ersten Jahren die Mehrheit der Dienstnehmer die Dienstzettel unterfertigt retournierte, wurden im Lauf der Jahre immer weniger Dienstzettel rückübermittelt.

Ab der Gründung der Beklagten führte diese die Verhandlungen über die Kollektivverträge und über die Vereinbarungen betreffend die Sonderzahlungen. Den Verhandlungspartnern war klar, dass sich an den Anspruchsvoraussetzungen nichts ändern sollte; die Verhandlungen wurden nur über die jeweilige Höhe der Zahlungen geführt. Insbesondere erörterten die Verhandlungspartner nicht, inwiefern die einzelnen Bediensteten einen vertraglichen Anspruch auf die Sonderzahlung erworben haben oder in Zukunft erwerben würden. 1996 wurde die Sonderzahlung als Leistungsprämie bezeichnet. Die in diesem Jahr vereinbarte Höhe von 120 % des Gehaltsansatzes war als teilweiser Ausgleich für eine in diesem Jahr vereinbarte Nulllohnrunde gedacht. In diesem Jahr wurde die Vereinbarung in den Kollektivvertrag aufgenommen. Zwischen den Verhandlungspartnern war klar, dass die Gewährung der nunmehr als Leistungsprämie bezeichneten Sonderzahlung im Rahmen des Kollektivvertrages kein Abgehen von der bisherigen Übung bedeuten sollte. Auch die Sonderzahlungen für die Folgejahre wurden in die jeweiligen Nachträge zum Kollektivvertrag aufgenommen. Ab dem 43. Nachtrag zum KV I enthalten sie folgenden jeweils gleichlautenden Satz:

"Diese Leistungsprämien sind einmalige Zahlungen und stellen kein Präjudiz für die Zukunft dar".

Im Zusammenhang mit der Auszahlung der Sonderzahlung für 1994 und die Folgejahre wurde nicht mehr vereinbart bzw. angeordnet, dass an die Betroffenen ein Dienstzettel ausgefolgt wird.

Der Text der jeweiligen Nachträge zum Kollektivvertrag und der jeweiligen Vereinbarungen über die Sonderzahlung wurde - auch in der Zeit des Bundesamtes für Zivilluftfahrt - in den Büros der Abteilungsleiter für interessierte Dienstnehmer zur Einsicht aufgelegt. Überdies wurden die Dienstnehmer vor der Auszahlung der Sonderzahlung auch durch die Betriebsräte und durch die Gewerkschaft informiert; es ist aber nicht feststellbar, ob dabei die Dienstnehmer auch auf die in den Vereinbarungen enthaltenen Klauseln über die Einmaligkeit und Widerruflichkeit hingewiesen wurden. Die klagende Partei begehrt im vorliegenden Verfahren die Feststellung,

1) dass diejenigen Bediensteten der Beklagten, deren Dienstverhältnis bis zum 31. 12. 1996 begonnen hat und die am 1. 5. 2000 bei der Beklagten beschäftigt waren, das Recht auf eine Sonderzahlung im Ausmaß von 95 % des dem jeweiligen Bediensteten am 1. 5. 2000 zustehenden Gehalts haben;

2) dass diejenigen Bediensteten der Beklagten, deren Dienstverhältnis bis zum 31. 12. 1996 begonnen hat und welche im Zeitraum zwischen 1. 5. 2000 und 30. 4. 2001 aus dem Unternehmen der Beklagten ausgeschieden sind und einen Abfertigungsanspruch haben, das Recht haben, dass in die Bemessungsgrundlage des Abfertigungsanspruchs auch eine Sonderzahlung im Ausmaß von 95 % des dem jeweiligen Bediensteten am 1. 5. 2000 zustehenden Gehalts einberechnet wird. Die klagende Partei brachte dazu vor, dass die Bediensteten mangels gegenteiliger Hinweise bei der Auszahlung der Sonderzahlungen darauf hätten vertrauen können, dass sie auch im Folgejahr eine Sonderzahlung zumindest in der Höhe der im Vorjahr gewährten erhalten werden. Die freiwilligen Sonderzahlungen seien daher Bestandteil der Einzelverträge geworden. Auch in den Jahren 1994 und 1995 sei die Sonderzahlung vorbehaltlos ausgezahlt worden. Dass in der Folge ab 1997 die Sonderzahlung immer in den Nachträgen zum Kollektivvertrag vereinbart worden sei, liege offenkundig daran, dass die Sonderzulage für die dem KV II unterworfenen Bediensteten (Eintritt nach dem 31. 12. 1996) in diesem Kollektivvertrag geregelt und als einmalige widerrufliche Leistung gewährt werde. Die vor dem 31. 12. 1996 eingetretenen Bediensteten hätten jedoch durch die langjährige Gewährung der Leistung einen einzelvertraglichen Anspruch erworben, der durch die Vereinbarungen in den Kollektivverträgen nicht mehr beseitigt werden könne. Im Jahr 2000 habe die Beklagte an ihre Bediensteten eine freiwillige Sonderzahlung bzw. Leistungsprämie im Ausmaß von 55 % gewährt. Die vor dem 31. 12. 1996 eingetretenen Bediensteten hätten aber ein einzelvertragliches Recht auf Auszahlung der Sonderzahlung im (1995 gewährten) Ausmaß von 95 % des Maigehalts. Hievon seien 700 Bedienstete betroffen. Für Bedienstete, die vor dem 31. 12. 1996 eingetreten aber in der Zeit vom 1. 5. eines Jahre bis zum 30. 4. des Folgejahres ausgeschieden seien, stelle sich außerdem die Frage der Berücksichtigung der Sonderzahlung bei der Berechnung der Abfertigung. Die betroffenen Bediensteten - es handle sich um 47 - hätten das Recht, dass die Sonderzahlung im Ausmaß von 95 % in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. In den der Gewährung der Sonderzahlungen zu Grunde liegenden Vereinbarungen sei auf die Einmaligkeit und Widerruflichkeit der freiwilligen Leistung hingewiesen worden. Davon seien die Bediensteten durch die Ausfolgung entsprechender Dienstzettel verständigt worden. Die - nicht als Kollektivvertrag hinterlegten - Vereinbarungen seien Verträge zu Gunsten Dritter. Die begünstigten Dienstnehmer könnten nicht mehr Rechte erwerben, als im Vertrag vorgesehen. Die Vereinbarung für 1987 sei als Kollektivvertrag hinterlegt worden, halte aber ebenfalls die Einmaligkeit, Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Leistung fest. Die Bediensteten hätten daher nicht darauf vertrauen können, diese Zahlungen auch in Zukunft zu erhalten. Dies ergebe sich auch daraus, dass allgemein bekannt gewesen sei, dass die jährlichen Zuwendungen immer wieder neu auszuhandeln gewesen seien. Es sei den Verhandlern und auch der Belegschaft völlig klar gewesen, dass insofern kein einzelvertraglicher Anspruch bestehe.

Im Laufe des Verfahrens wendete die Beklagte überdies ein, dass auch vor dem 31. 12. 1996 eingetretene Bedienstete dem KV II unterlägen, sofern sie innerhalb eines Jahres nach dessen Inkrafttreten in diesen Kollektivvertrag übergetreten seien. Der KV II sehe aber vor, dass vor der Beschreitung des Rechtsweges ein "Einigungsverfahren" durchgeführt werden müsse, das hier unterblieben sei. Den vor dem 31. 12. 1996 eingetretene Bediensteten, auf die der KV II anzuwenden sei, sei daher der Rechtsweg verwehrt. Für diejenigen Bediensteten, die zwischen dem 2. 12. 2000 (Klageeinbringung) und dem 30. 4. 2001 ausgeschieden seien, sei die klagende Partei nicht aktiv klagelegitimiert.

Schließlich machte die Beklagte geltend, dass die Bediensteten des Bundesamts für Zivilluftfahrt zwar von der Anwendung des VBG ausgenommen gewesen seien, dass aber nach § 2 Abs 1 die Bestimmungen des VBG solange rechtsverbindlich seien, bis ein Kollektivvertrag oder eine Satzung iSd ArbVG rechtswirksam werde. Für Vertragsbedienstete sei jedoch der Erwerb von einzelvertraglichen Rechten auf Grund von Betriebsübung ausgeschlossen. Die klagende Partei hielt dem Hinweis der Beklagten auf die Notwendigkeit eines Schlichtungsverfahrens entgegen, dass die Klage keine kollektivvertraglichen Ansprüche sondern Ansprüche aus den Einzelverträgen zum Gegenstand habe. Zudem könne die entsprechende Klausel des Kollektivvertrages nur die Kollektivvertragsparteien binden. Schließlich seien Schiedsgerichtsklauseln in Arbeitsrechtssachen rechtsunwirksam.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Der Rechtsweg sei zulässig, weil sich die kollektivvertragliche Schlichtungsklausel nur auf kollektivvertragliche Ansprüche beziehe, während das Klagebegehren auf einzelvertragliche Ansprüche gestützt sei. In der Sache selbst sei davon auszugehen, dass die Dienstnehmer jedenfalls bis 1993 von der Widerruflichkeit der Zuwendungen regelmäßig informiert worden seien; sie könnten daher aus der wiederholten Gewährung der Zuwendungen keine Rechtsansprüche für die Zukunft ableiten. Dies gelte auch für jene Arbeitnehmer, die aus welchen Gründen immer keine Dienstzettel erhalten hätten, weil auch sie sich leicht über den Charakter der - noch dazu in ihrer Höhe unterschiedlichen - Zahlungen hätten informieren können. Die Dienstnehmer könnten sich nicht nur auf die ihnen genehmen Aspekte der Betriebsübung berufen, sondern müssten auch die für sie ungünstigen Vereinbarungen, wie z.B. die Widerrufbarkeit der Zuwendungen - gegen sich gelten lassen. Vor diesem Hintergrund könne der Umstand, dass der Dienstgeber wenige Jahre auf die Widerruflichkeit der Leistung nicht hingewiesen habe, kein Vertrauen der Dienstnehmer auf einen Rechtsanspruch der Leistung begründen. Für die Jahre ab 1996 könne schon deshalb nicht von einem schützenswerten Vertrauen der Belegschaft ausgegangen werden, weil in diesen Jahren eine kollektivvertragliche Regelung Rechtsgrundlage der Zuwendungen gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Die in Rede stehenden Zuwendungen seien auf Grund von Vereinbarungen erfolgt, in denen - mit Ausnahme der Vereinbarungen für 1994 und 1995 - immer darauf hingewiesen worden sei, dass es sich um einmalige Zahlungen handle, die kein Präjudiz für die Zukunft darstellten. Auch in die Nachträge zu den Kollektivverträgen ab 1996 seien entsprechende Klauseln aufgenommen worden. Lediglich in den Vereinbarungen für 1994 und 1995 sei kein Hinweis auf die Widerruflichkeit der Leistung enthalten gewesen. Die Dienstnehmer seien von ihrer Vertretung über den Inhalt der Vereinbarungen informiert worden und hätten auch die Möglichkeit gehabt, in diese Einsicht zu nehmen. Damit könne von einer schlüssigen Veränderung der Einzelarbeitsverträge im von der klagenden Partei behaupteten Sinn nicht die Rede sein. Da die Höhe der Zuwendungen unterschiedlich gewesen sei, fehle es auch an der erforderlichen Bestimmtheit für eine schlüssige Vereinbarung. Für die Annahme eines Rechtsanspruchs auf Gewährung einer Sonderleistung in der Höhe des für 1999 vereinbarten Prozentsatzes von 95 % des Maigehaltes sei daher kein Raum.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Richtig ist, dass eine vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Arbeitnehmer begründete betriebliche Übung - soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, durch die - gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) - Zustimmung der Arbeitnehmer zur schlüssigen Ergänzung des Einzelvertrages jedes begünstigten Arbeitnehmers und damit zu einzelvertraglichen Ansprüchen führt (RIS-Justiz RS0014539; Arb 10.434; Arb 10.609 uva). Auf das tatsächliche Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers kommt es dabei nicht an; entscheidend ist, was die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Würdigung seinem Erklärungsverhalten entnehmen können bzw. welchen Eindruck sie von seinem schlüssigen Verhalten haben durften (RIS-Justiz RS0014154; Arb 10.493 uva).

Für den Umfang der Vertragsergänzung sind die faktische Leistungserbringung und deren Begleitumstände als Substrat des konkludenten Arbeitgeberoffertverhaltens maßgebend. Dieses Anbot muss, um Vertragsgrundlage sein zu können, dem Bestimmtheitserfordernis des § 869 ABGB entsprechen (SZ 66/48). In diesem Zusammenhang hat aber das Berufungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass die Zuwendung in all den Jahren in völlig unterschiedlicher Höhe gewährt wurde. Nach dem unwidersprochenen Klagevorbringen stieg sie in all den Jahren (weitgehend) kontinuierlich von 15 % des Maigehalts bis auf 120 % für das besonders gelagerte Jahr 1996, um dann auf 80 % zu fallen und in weiter Folge wieder auf 90 % und sodann 95 % zu steigen. Auch in den in der Revision besonders ins Treffen geführten Jahren 1994 und 1995 waren die Zahlungen unterschiedlich hoch (70 % bzw. 80 %). Überdies steht fest, dass über die Höhe der Zuwendung Jahr für Jahr neu verhandelt wurde.

Diese beiden Umstände verbieten es aber, das Arbeitgeberverhalten als ausreichend bestimmtes Anbot auf Änderung der Einzelverträge im Sinne der Gewährung einer Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe zu qualifizieren. Vielmehr war für die Dienstnehmer klar erkennbar, dass die Höhe der jährlichen Zahlung von den jährlich zu führenden Verhandlungen abhängig war, sodass sie nicht darauf vertrauen konnten, der Arbeitgeber wolle sich auch für die Zukunft zu einer Zahlung in einer bestimmten Höhe verpflichten (in diesem Sinne bereits DRdA 1993/25). Anders wäre dies dann, wenn den unterschiedlichen Prämienleistungen ein generalisierendes Prinzip zugrunde läge (so etwa SZ 66/48 [Valorisierung von Bezügen in unterschiedlicher Höhe, aber jeweils entsprechend der Anhebung der Bezüge des Landesbeamten]); ein solches generalisierendes Prinzip ist aber hier nicht zu erkennen. Dass die Zahlungen (im Wesentlichen) kontinuierlich stiegen, ändert daran nichts, weil dies nicht nur durch die Bereitschaft des Arbeitgebers, sich zu ständig steigenden Zahlungen zu verpflichten, sondern auch durch äußere Umstände (Betriebsergebnis etc) erklärt werden kann. Ohne vernünftigen Grund daran zu zweifeln (§ 863 ABGB) konnten die Beschäftigten daher nicht auf den Willen ihres Dienstgebers vertrauen, ihnen auch in Zukunft eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe gewähren zu wollen, sodass für die Annahme einer Ergänzung der Einzelverträge im von der klagenden Partei behaupteten Sinn keine Möglichkeit besteht. Die Bediensteten der beklagten Partei können sich dadurch, dass die Sonderzahlung für 2000 nur in der Höhe von 55 % des Maigehalts gewährt wurde, nicht als beschwert erachten.

Auf die übrigen Überlegungen des Berufungsgerichtes und die dagegen vorgebrachten Einwände braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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