Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Vater des am 29. 3. 1983 geborenen Antragstellers ist aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 13. 11. 2000 (ON 125) verpflichtet, diesen ab 1. 1. 1999 mit S 4.300 monatlich zu alimentieren. Dieser Unterhaltsanspruch wurde vom Bund gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG bis 31. 3. 2002 bevorschusst (ON 126). Am 14. 3. 2002 begehrte der Antragsteller - vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt - im Verfahren außer Streitsachen, den Unterhaltsbeitrag des Vaters rückwirkend ab 1. 1. 1999 auf S 6.000 = EUR 436,04 monatlich ab 1. 1. 1999 zu erhöhen. Das Erstgericht wies den Antrag zurück und führte aus, Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder seien im streitigen Rechtsweg geltend zu machen. Der Unterhaltsberechtigte habe mit 1. 7. 2001 (= InKraftTreten des KindRÄG 2001) die Volljährigkeit erlangt. Der Antrag sei daher zurückzuweisen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Der Antragsteller habe bei InKraftTreten des KindRÄG 2001 am 1. 7. 2001 das 14. Lebensjahr bereits vollendet gehabt. Deshalb seien ihm gemäß Art XVIII § 5 Abs 1 dieses Gesetzes Unterhaltsvorschüsse bis längstens zum Ende des Monats, in dem er das 19. Lebensjahr vollenden wird, zu gewähren. Solange Unterhaltsvorschüsse gewährt würden, bleibe die gesetzliche Vertretung durch den Jugendwohlfahrtsträger aufrecht und trete kein Übergang der Unterhaltsforderungen des Kindes auf den Bund ein. Der Wille des Gesetzgebers sei es, dem nunmehr nach der Novelle Volljährigen noch wie bisher den Genuss des Unterhaltsvorschusses zu verschaffen, aber auch zur Sicherung der Interessen des Bundes die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers aufrecht zu erhalten (7 Ob 269/01m). Daraus ergebe ich auch dessen Rekurslegitimation. Entgegen der im Rekurs vertretenen Auffassung sei daraus aber nicht abzuleiten, dass über eine allfällige Erhöhung oder Herabsetzung von Unterhaltsvorschüssen (welche auch eine Herabsetzung bzw Erhöhung des zugrundeliegenden Unterhaltstitels bedinge) bis zum
19. Geburtstag des Unterhaltsberechtigten im Außerstreitverfahren zu entscheiden sei. Für die Zuständigkeit des Außerstreitgerichtes komme es nämlich allein darauf an, ob der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Anspruchserhebung noch minderjährig sei. Eine gesetzliche Vertretung des volljährigen Unterhaltsberechtigten (nach Art XVIII § 5 KindRÄG) könne ebenso wenig als schlüssige Verweisung angesehen werden wie der Umstand, dass über Unterhaltsvorschüsse kraft ausdrücklicher Anordnung (§ 10 UVG) im Außerstreitverfahren zu entscheiden sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es - soweit überblickbar - an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob bei Gewährung bzw Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen über die Volljährigkeit hinaus, dh bis zum 19. Geburtstag des Unterhaltsberechtigten (Art XVIII § 5 KindRÄG 2001), auch über die Unterhaltsansprüche im außertreitigen Verfahren zu entscheiden sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt als Jugendwohlfahrtsträger, der lediglich damit begründet wird, die Rekurswerberin vertrete unverändert die Ansicht, "dass bei Gewährung bzw Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen über die Volljährigkeit hinaus, dh bis zum 19. Geburtstag des Unterhaltsberechtigten (Art XVIII § 5 KindRÄG 2001), auch über die Unterhaltsansprüche im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist".
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs jedoch ist nicht zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die aufgeworfene Frage in der - ausführlich begründeten aber bisher offenbar noch nicht veröffentlichten - Entscheidung vom 30. 4. 2002, 1 Ob 76/02m, bereits wie folgt beantwortet hat:
"1. Rechtsquellen
Durch Art I Z 1 KindRÄG 2001 BGBl I 2000/135 wurde § 21 Abs 2 ABGB novelliert. Seither lautet diese Bestimmung, die gemäß Art XVIII § 1 Abs 1 der Novelle am 1. 7. 2001 in Kraft trat, wie folgt:
"Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig."
Nach Art III Z 1 iVm Art XVIII § 1 Abs 1 der Novelle hat § 9 Abs 2 UVG seit dem 1. 7. 2001 folgenden Wortlaut:
"Der Jugendwohlfahrtsträger wird mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Vorschüsse gewährt werden, alleiniger gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche."
Gemäß Art XVIII § 5 Abs 1 und 2 iVm Art XVIII § 1 Abs 1 der Novelle gilt folgende Übergangsbestimmung:
"(1) Hat ein Kind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes das vierzehnte Lebensjahr bereits vollendet, so sind ihm Unterhaltsvorschüsse nach dem Unterhaltsvorschussgesetz 1985, BGBl. Nr. 451/1985, in der jeweils geltenden Fassung ungeachtet des Eintritts der Volljährigkeit längstens bis zum Ende des Monats, in dem das Kind das neunzehnte Lebensjahr vollendet, wie bisher weiter zu gewähren. Solange die Vorschüsse gewährt werden, bleibt die gesetzliche Vertretung des Jugendwohlfahrtsträgers unberührt und der Übergang der Unterhaltsforderungen des Kindes auf den Bund tritt nicht ein.
(2) Das anspruchsberechtigte Kind hat aber, abgesehen vom Verlangen auf Einstellung der Unterhaltsvorschüsse, das Recht, die Auszahlung an sich selbst zu verlangen. ..."
2. Gesetzesmaterialien
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (296 BlgNR 21. GP, 115) wird die voranstehende Übergangsbestimmung wie folgt begründet:
"Für die durch diese Bestimmung angeordnete fünfjährige Übergangsfrist war der Gedanke ausschlaggebend, dass die Entscheidung über den weiteren Berufs- und Ausbildungsweg vor Beendigung der Schulpflicht getroffen werden muss. Eine wesentliche Entscheidungsgrundlage ist dabei die voraussichtliche Dauer der Sicherung der Unterhaltsansprüche durch Vorschussleistungen. Die Prämissen für (die) im Vertrauen auf die geltende Rechtslage getroffenen Entscheidungen sollen durch die Herabsetzung der Volljährigkeit nicht nachträglich geändert werden.
Weiters hält diese Bestimmung die für die Vollziehung des Unterhaltsvorschussgesetzes notwendige Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers aufrecht, stellt aber gleichzeitig die volle Verfügungsbefugnis des volljährig Gewordenen über die ihm zustehenden Vorschussleistungen sicher."
An anderen Stellen dieser Erläuterungen (296 BlgNR 21. GP, 22, 25 ff) wird in progammatischen Erklärungen ferner verdeutlicht, welche Beweggründe für die Novellierung des Kindschaftsrechts - auch in Aufhellung der Absicht des Gesetzgebers für den hier zu lösende Frage - ausschlaggebend waren.
....
3. Bewertung
Nach der Überzeugung der Antragstellerin wollte der Gesetzgeber der Personengruppe, die bei Inkrafttreten des KindRÄG 2001 das 14. Lebensjahr bereits vollendet hatte und daher Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen bis zur Vollendung des 19. Lebensjahrs hat, "den Rechtsschutz Minderjähriger" und "trotz Volljährigkeit auch die einfacheren Verfahrensabläufe und das geringere Kostenrisiko des Außerstreitverfahrens" erhalten.
Gerade diese Ansicht wird aber durch die referierten programmatischen Erklärungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage widerlegt. Soll sich ein Mensch, der das 18. Lebensjahr vollendete, "kalkulierbaren Gefahren und Herausforderungen" stellen, "eigenständig Entscheidungen" treffen und dafür "Verantwortung" - gerade auch in den Angelegenheiten des täglichen Lebens - übernehmen, so kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber Volljährigen zwischen dem vollendeten 18. und 19. Lebensjahr das außerstreitige Verfahren zur Festsetzung ihrer Unterhaltsansprüche als Verfahren staatlicher Rechtsfürsorge habe erhalten und solche Volljährige nicht der eigenverantwortlichen Beurteilung und Tragung des Kostenrisikos einer Unterhaltsklage habe aussetzen wollen. Personen, die nach Ansicht des Gesetzgebers reif zur Selbstbestimmung sind, können nicht mehr Subjekt staatlicher Rechtsfürsorge sein, sie müssen vielmehr die Konsequenzen ihres Handelns selbst beurteilen und tragen, sich also soweit "kalkulierbaren Gefahren und Herausforderungen" stellen, eigenständig Entscheidungen treffen und dafür Verantwortung übernehmen. Das betrifft eben auch die allfällige Kostenersatzpflicht nach einem zur Gänze oder teilweise verlorenen Unterhaltsprozess im Rahmen des eigenverantwortlich zu bewältigenden Lebensalltags. Würde man solchen Volljährigen weiterhin den Rechtsschutz Minderjähriger bei der Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche angedeihen lassen, so wären sie gegenüber anderen Volljährigen bevorzugt, ohne das eine solche Ungleichbehandlung durch Gründe für eine gebotene sachliche Differenzierung gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Rechtfertigung liegt jedenfalls nicht in den von der Antragstellerin erörterten Gründen zur Förderung einer "einheitlichen und auch in der Verwaltung einfach zu handhabenden Form der Abwicklung und Durchsetzung der Unterhaltsansprüche". Gründe der Verwaltungsvereinfachung - somit auch die von der Antragstellerin unter Berufung auf § 214 Abs 2 ABGB ausgeführten Erwägungen - dürfen nicht zur Bevorzugung einer bestimmten Gruppe von Volljährigen bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen führen. Somit ist aber - entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin - aus den im Anlassfall maßgebenden Übergangsbestimmungen des KindRÄG 2001 zur gesetzlichen Vertretung bestimmter Volljähriger durch den Jugenwohlfahrtsträger nicht ableitbar, dass gesetzliche Unterhaltsansprüche dieser Personengruppe weiterhin im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen sind.
Die Rechtsmittelwerberin wendet sich im Übrigen nicht gegen die Ansicht des Rekursgerichts, dass sie durch ihre Verfahrenshandlungen zum Ausdruck brachte, eine Umdeutung des Unterhaltserhöhungsantrags in eine Unterhaltsklage nicht zu wollen. Es muss daher nicht erörtert werden, ob eine solche Umdeutung andernfalls in Betracht käme."
Da die vorliegenden - eingangs wiedergegebenen - Rechtsmittelausführungen somit ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen, ist der Revisionsrekurs unzulässig.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)