OGH 6Ob201/02f

OGH6Ob201/02f29.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****sverein M*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen die beklagte Partei Peter M*****, vertreten durch Rechtsanwälte Partnerschaft DDr. Gerald Fürst KEG in Mödling, wegen 1.427,25 EUR, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 29. Mai 2002, GZ 18 R 125/02i-17, mit dem die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 15. Februar 2002, GZ 3 C 634/01h-11, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte auf Grund einer behaupteten Vereinbarung vom Beklagten restliche Energie- und Betriebskosten von 19.639,40 S (1.427,25 EUR) für zur Verfügung gestellte Räumlichkeiten. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht erkannte den Beklagten mit Urteil vom 15. 2. 2002 schuldig, "der klagenden Partei 26,206 EUR (360,60 S) samt 4 % Zinsen seit 11. 4. 2001 sowie die mit 799,15 EUR (10.996,56 S), darin enthalten 133,19 EUR (1.832,76 S) an Umsatzsteuer, bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters bei sonstiger Exekution zu bezahlen". Das Mehrbegehren von "1.401,045 EUR" (19.278,80 S) samt dem Zinsenmehrbegehren wies es ab. In seiner Begründung führte es zur Kostenentscheidung aus, dass sich diese auf § 43 Abs 2 ZPO gründe, weil die beklagte Partei nur mit einem geringen Teil unterlegen sei, dessen "Geltendmachung" überdies keine besonderen Kosten verursacht habe, sodass sie Anspruch auf den gesamten Kostenersatz habe. Dieses Urteil wurde den Parteien jeweils am 21. 2. 2002 zugestellt.

Mit seinem von Amts wegen gefassten Beschluss vom 7. 3. 2002 berichtigte das Erstgericht seine Kostenentscheidung unter Hinweis auf den in seinem Urteil klar zum Ausdruck kommenden Entscheidungswillen dahin, dass die klagende Partei (anstatt der beklagten Partei) schuldig sei, der beklagten Partei (anstatt der klagenden Partei) die bereits im Urteil ziffernmäßig bestimmten Verfahrenskosten zu Handen des Beklagtenvertreters zu zahlen. Dieser Beschluss wurde der klagenden Partei am 11. 3. 2002 (und dem Beklagten am 7. 3. 2002) zugestellt.

Die klagende Partei brachte zunächst mittels Telefax einen Berufungsschriftsatz beim Erstgericht ein, der mit dem Absendedatum 8. 4. 2002, 18.19 Uhr, und dem Eingangsvermerk des Erstgerichtes vom 9. 4. 2002 versehen ist. Am 10. 4. 2002 wurde beim Erstgericht der vom Vertreter der klagenden Partei unterfertigte Originalberufungsschriftsatz in zweifacher Ausfertigung persönlich nachgereicht.

Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück, weil die Berichtigung der Entscheidung im Kostenpunkt keine neue Rechtsmittelfrist für die Anfechtung der Entscheidung in der Hauptsache eröffne und daher die vierwöchige Berufungsfrist des § 464 Abs 1 ZPO am 21. 3. 2002 geendet habe. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die Berufungsfrist erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses am 11. 3. 2002 ausgelöst worden sei, sei die Berufung verspätet, weil dann die Berufungsfrist am 8. 4. 2002 geendet hätte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der klagenden Partei ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne die Beschränkung des § 502 Abs 1 ZPO und ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig (RIS-Justiz RS0043893; 2 Ob 61/00k mwN). Er ist aber nicht berechtigt.

Es entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass die Berichtigung einer - auch erstgerichtlichen - Entscheidung im Kostenpunkt nicht eine neue Berufungsfrist in Gang setzt. Es besteht kein Grund, der Partei in diesem Fall der Berichtigung eine neue Rechtsmittelfrist für die Anfechtung der Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren, weil ihr ohnehin gegen den berichtigten Teil gemäß § 55 ZPO innerhalb der insoweit von neuem zu laufenden Rechtsmittelfrist der Rekurs offensteht. Durch die Berichtigung im Kostenpunkt ist sie in der Hauptsache, gegen die sich ihre Berufungsausführungen alleine richten, nicht betroffen (8 Ob 597/88; 2 Ob 149/98w mwN). Auf allfällige wirtschaftliche Erwägungen, die Anfechtung in der Hauptsache von der Kostenentscheidung abhängig zu machen - wie dies hier im Rekurs behauptet wird -, kann nicht Bedacht genommen werden, weil diese außerhalb der allein beachtlichen rechtlichen Interessen der Parteien liegen (8 Ob 597/88). Ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, wonach die Berufungsfrist bei Berichtigungen von Kostenentscheidungen nur dann nicht mit der Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung neu zu laufen beginne, wenn das Berufungsgericht seine Kostenentscheidung berichtigt habe (5 Ob 71/63 = SZ 36/33 mwN), sind durch die zitierte Rechtsprechung überholt.

Auf die im Gegensatz zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach Telefaxrechtsmittel fristwahrend sind, wenn ihnen ein formgerechter Schriftsatz nachfolgt (SZ 65/162; RIS-Justiz RS0006955) stehende Hilfsbegründung des Berufungsgerichtes, dass die Berufung selbst bei Annahme des Fristenbeginns mit Zustellung des Verbesserungsbeschlusses verspätet wäre, ist nicht weiter einzugehen. Der letzte Tag der der klagenden Partei offen stehenden Berufungsfrist war der 21. 3. 2002. Die Berufungsfrist war daher am 8. 4. 2002 (das ist das auf der Telefaxberufung aufscheinende Absendedatum) längst abgelaufen, sodass das Berufungsgericht die Berufung jedenfalls zutreffend als verspätet zurückgewiesen hat. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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