Spruch:
Dem Revisionsrekurs des vormaligen Verlassenschaftskurators und Testamentsvollstreckers wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht verpflichtete ua in Punkt 3 seines Beschlusses den vormaligen Verlassenschaftskurator (und Testamentsvollstrecker) sämtliche von ihm im Endausweis angeführten (und noch nicht übergebenen) Vermögenswerte an den Erben der am 22. 8. 1991 verstorbenen Erblasserin zu übergeben.
Das Rekursgericht bestätigte mit ausführlicher Begründung den erstgerichtlichen Beschluss, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den es entschieden hat, EUR 20.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es schildert das schon zehn Jahre dauernde Verlassenschaftsverfahren und nimmt zu allen Argumenten des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers Stellung, mit denen sich dieser ua gegen die Herausgabe eines Teiles des Verlassenschaftsvermögens (Schmuck und Münzen) an den Erben (bzw dessen Sachwalter) zu widersetzen versucht, weil dieser nicht die exorbitante Honorarforderung des Revisionsrekurswerbers für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker von über S 2 Mio anerkennt. Gegen diesen Beschluss richtet sich der weitwendige, auf zahlreiche Rechtsmittelgründe gestützte außerordentliche Revisionsrekurs des ehemaligen Verlassenschaftskurators und Testamentsvollstreckers. Allerdings bekämpft er in diesem ausdrücklich nur mehr die Herausgabeverpflichtung hinsichtlich des Schmucks und der Münzen (S 10 des Revisionsrekurses) und begehrt die ersatzlose Beseitigung des diesbezüglichen Beschlussteiles, in eventu dessen Aufhebung. Festzuhalten ist daher, dass Gegenstand des Revisionsrekurses nur mehr die Frage ist, ob einem Rechtsanwalt als Verlassenschaftskurator und Testamentsvollstrecker ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der zur Verlassenschaft gehörenden Wertgegenstände (Schmuck und Münzen) im Hinblick auf seine bestrittenen Entlohnungsansprüche als Testamentsvollstrecker zusteht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG zwar zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage fehlt, aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber meint, es liege eine falsche Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter richtige Rechtsprechung sowie ein Abweichen von dieser Rechtsprechung, was das Zurückbehaltungsrecht betreffe, vor und es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung, ob aus dem Auftrag entspringender Nutzen (erhaltene Wertgegenstände) Gegenstand des Zurückbehaltungsrechts im Hinblick auf die Entlohnungsansprüche des Auftragnehmers sei. Das Rekursgericht habe seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass § 19 Abs 1 RAO als lex specialis die Anordnung des § 1440 zweiter Satz ABGB verdränge und darüber hinaus kein Zurückbehaltungsrecht bestehe. Es habe gemeint, dem allgemeinen Zivilrecht sei ein Zurückbehaltungsrecht fremd. Dies treffe nicht zu. Das Aufrechnungs- und Zurückhaltungsverbot des § 1440 ABGB gelte nicht für das Mandat, es sei denn, dass die betreffenden Beträge oder Gegenstände vom Machthaber zu einem ganz bestimmten Zweck übernommen worden wären, was hier nicht der Fall sei. Der Oberste Gerichtshof (JBl 1999, 659) habe erst jüngst ausgeführt, dass eine Aufrechnung im Mandatsverhältnis dort zulässig sei, wo der Rückforderungsgläubiger typischerweise mit Gegenansprüchen des Beauftragten rechnen müsse, sie also für ihn nicht überraschend kämen.
Geht man mit der herrschenden Lehre (F. Bydlinski, Letztwillige Verwaltungsanordnungen JBl 1981, 72 [76 f]; Sprung/Fink, Letztwillig angeordnete Nachlassverwaltung im österreichischen Recht JBl 1996, 205 [210]; Strasser in Rummel ABGB I3 § 1002 Rz 34a; Eccher in Apathy [Hrsg] Bürgerliches Recht VI Erbrecht2 Rz 4/122; vgl auch Kralik ErbR 271 ff) und Rechtsprechung (EvBl 1990/20) davon aus, dass mit der Bestellung des verwaltenden Testamentvollstreckers durch den Erblasser und der Erklärung, das Geschäft zu übernehmen, zwar kein gewöhnlicher Bevollmächtigungsvertrag zustandekommt, aber doch infolge der beiderseitigen Willensakte eine Situation, die so verwandt ist, dass die gesetzliche Formel "als ein Machthaber" in § 816 ABGB als Verweisung auf die Regelung in den §§ 1002 ff ABGB verstanden werden muss, dann wurden dem Testamentsvollstrecker die zum Nachlass gehörigen Gegenstände von der Erblasserin als Machtgeberin anvertraut und traf ihn diesbezüglich eine Verwahrungspflicht, sodass - anders als in dem der Entscheidung SZ 71/155 zugrundeliegenden Fall - das Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsverbot des § 1440 Satz 2 ABGB zum Tragen kommt. Dem Revisionsrekurswerber ist zwar einzuräumen, dass § 19 Abs 1 RAO als lex specialis dem § 1440 Satz 2 ABGB vorgeht, doch ist für ihn damit nichts gewonnen, weil diese Bestimmung ein Zurückbehaltungsrecht- und Pfandrecht an den "für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften" vorsieht. Dieser Ausdruck wird in Lehre und Rechtsprechung so verstanden, dass es sich um Geldbeträge handeln muss, die von einem Dritten, also nicht vom Mandanten (und Machtgeber), dem Rechtsanwalt übergeben werden und seinem Mandaten zugedacht sind (siehe 6 Ob 16/02z mwN, insbes Dullinger, Handbuch der Aufrechnung, 113; SZ 71/155; ÖBA 1993, 151 [Dullinger]). Da die Münzen und der Schmuck dem Testamentsvollstrecker nicht von einem Dritten übergeben, sondern von der Erblasserin und Machtgeberin anvertraut wurden, kommt darauf das Zurückbehaltungs- und Pfandrecht des § 19 RAO nicht zur Anwendung und erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Fragen, ob auch Schmuck und Münzen als "Barschaften" im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind und ob das Zurückbehaltungs- und Pfandrecht durch Verstoß gegen die in § 19 Abs 3 RAO normierte Pflicht zum gerichtlichen Erlag der Barschaften erlischt.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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