OGH 10ObS213/02z

OGH10ObS213/02z18.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Olga Z*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Gernot Hain, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. März 2002, GZ 9 Rs 57/02x-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. März 2001, GZ 4 Cgs 223/00d-11, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 2. 8. 2000 gewährte die beklagte Partei der Klägerin ab 1. 6. 2000 Pflegegeld in Höhe der Pflegestufe 2. Das Erstgericht wies die dagegen erhobene, auf Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 3 gerichtete Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass bei Gegenüberstellung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens mit der Bewertung durch die beklagte Anstalt exakte Übereinstimmung bestehe, weshalb - entsprechend dem Standpunkt der beklagten Partei - von einem Pflegeaufwand im Ausmaß von 89 Stunden pro Monat auszugehen sei. Anhaltspunkte, die die Zuerkennung eines höheren Pflegegeldes als jenes der Stufe 2 rechtfertigen könnten, seien nicht hervorgekommen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass es den Inhalt des angefochtenen Bescheides wiederholte. Es sah die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Verletzung der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts und wegen Verletzung der Anleitungspflicht nicht als gegeben an, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und bestätigte im Ergebnis die Rechtsansicht des Erstgerichts. Bei der Klägerin bestehe folgender monatsbezogene Betreuungs- und Hilfebedarf:

1. An- und Auskleiden 20

Stunden

2. Tägliche Körperpflege 25

Stunden

3. Zubereitung von Mahlzeiten 30

Stunden

4. Einnahme von Medikamenten 3 Stunden

5. Herbeischaffung von Nahrungsmitteln etc 10

Stunden

6. Reinigung der Wohnung etc 10

Stunden

7. Pflege der Leib- und Bettwäsche 10

Stunden

8. Mobilitätshilfe im weiteren Sinn 10

Stunden

118

Stunden

Die Abweichung von der von der Klägerin vorgelegten Pflegebewertung

ergebe sich aus dem darin angenommenen Bedarf nach der Führung von

Motivationsgesprächen im Ausmaß von 10 Stunden pro Monat. Die

Notwendigkeit für die Durchführung solcher Motivationsgespräche habe

sich im Verfahren allerdings nicht ergeben. Aus der Erwähnung des vom

Erstgericht beigezogenen Sachverständigen, dass die Klägerin

„Kenntnis von ihrer körperlichen Schwäche" habe und daher „depressiv

und schlecht motivierbar" sei, lasse sich ein solcher Bedarf nicht

ableiten. Dies gelte umso mehr, als der Sachverständige einen Bedarf

nach der Führung von Motivationsgesprächen nicht in Anschlag gebracht

habe.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die von der Klägerin bereits in der Berufung geltend gemachten Mängel des Verfahrens erster Instanz (Verletzung der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts und Verletzung der Anleitungspflicht) hat das Berufungsgericht verneint, sodass sie nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (Kodek in Rechberger2 § 503 ZPO Rz 3; SSV-NF 7/74, 11/15 ua; RIS-Justiz RS0042963/T45 und RS0043061).

Hat die unterlegene Partei ihre Berufung nicht auch auf den

Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt und

ihn gesetzmäßig ausgeführt, so kann die versäumte Rechtsrüge in der

Revision nicht mehr nachgetragen werden. Dieser Grundsatz gilt

ungeachtet des § 87 Abs 1 ASGG auch im Verfahren in

Sozialrechtssachen (SSV-NF 1/28). Die gesetzmäßige Ausführung des

Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert

die Darlegung, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der

Sache unrichtig erscheint. Eine in einer Berufung enthaltene

Rechtsrüge, die sich im Wesentlichen auf den Hinweis beschränkt, dass

entsprechend der Bewertung durch das Landes-Pensionisten- und

Pflegeheim, in dem die Klägerin untergebracht ist, von einem

monatlichen Pflegebedarf von 128 Stunden auszugehen sei, was die

Zuerkennung von Pflegegeld der Stufe 3 nach sich ziehe, ist nicht

gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043480/T18).

Ergänzend ist auf die zutreffende Beurteilung durch das

Berufungsgericht hinzuweisen, dass die Verfahrensergebnisse keine

Notwendigkeit für die Durchführung von Motivationsgesprächen ergeben

haben. Vielmehr wird in der Berufung darauf hingewiesen, dass das

Erstgericht völlig zutreffend festgestellt habe, welche Tätigkeiten

die Klägerin zu verrichten alleine imstande sei bzw bei der

Verrichtung welcher Tätigkeiten sie der Betreuung und Hilfe bedürfe.

Für die Annahme, es sei im Berufungsverfahren ein Feststellungsmangel

gerügt worden, bleibt daher kein Raum.

Der Revision ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe

für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

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