OGH 13Os59/02

OGH13Os59/0217.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Adamovic, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin S***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 26. Februar 2002, GZ 28 Hv 25/02y-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Martin S***** (bloß) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 22. November 2001 in Brixen i.Th. eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Flasche Whisky im Wert von 189,90 S (13,80 EUR) Verantwortlichen des Lebensmittelgeschäftes Billa mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft bekämpft die unterbliebene Annahme der Qualifikation des räuberischen Diebstahls (§ 131 StGB) aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO, verfehlt aber die prozessordnungsgemäße Darstellung.

Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Angeklagte im Kassabereich beim Verlassen des Lebensmittelgeschäftes - nachdem er der Aufforderung, zwecks Durchsuchung nach Diebsgut stehen zu bleiben, nicht Folge geleistet hatte - von der Kassiererin Erika B***** mit festem Griff, jedoch nur am Ärmel des Blousons, festgehalten, befreite sich sodann aber - mit der Absicht, sich den Besitz der an sich gebrachten Whiskyflasche zu erhalten - aus dem Festhaltegriff mit einem starken Ruck und flüchtete (US 4). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung trafen die Tatrichter, die sich in der Hauptverhandlung von der Zeugin B***** den Festhaltevorgang eigens demonstrieren hatten lassen (AS 57), weiters noch die ergänzende Feststellung, dass der Angeklagte mit seinem gegen die Kassiererin gerichteten Verhalten die für den Gewaltbegriff maßgebende Erheblichkeitsschwelle (vgl JBl 1990, 670 = EvBl 1991/12 = 16 Os 11/90) gerade noch nicht überschritten hat, zumal (weder durch den Festhaltegriff noch durch den dagegen gerichteten Stoß) die Flucht des Angeklagten behindert wurde (und auch keine der beiden beteiligten Personen zu Sturz gekommen ist; US 6).

Die Beschwerde räumt zwar die grundsätzliche Richtigkeit der Ausführungen des Erstgerichtes ein, wonach das - hier zu beurteilende - Losreißen von einer Person nicht in jedem Fall mit einer Gewaltanwendung gegen die Person des Festhaltenden verbunden ist, vielmehr im Einzelfall jeweils besonders zu prüfen ist, ob der mit seinem Losreißen einhergehende Kraftaufwand des Täters die für den Gewaltbegriff maßgebende Erheblichkeitsschwelle überschreitet, über die Art und Intensität des Zugriffes, der dagegen gerichteten Körperbewegungen des Täters, deren Auswirkungen auf den Festhaltenden, dessen Reaktionen und ähnliches erforderlich, stützt sich jedoch auschließlich darauf, dass sie die Richtigkeit der vom Schöffengericht (auf Grund vorangegangener Demonstration des Tatherganges) getroffenen Konstatierungen über den gegen die Zeugin B***** gerichteten (als unerheblich bewerteten) Kraftaufwand in Abrede stellt, wobei sie - unter Außerachtlassung des Umstandes, dass Erika B***** den Angeklagten bloß am Ärmel seines Blousons zurückzuhalten versuchte - ua zum urteilsfremden Ergebnis gelangt, der Angeklagte sei durch den Festhaltegriff der Kassiererin doch zumindest kurzfristig aufgehalten und in seiner Flucht behindert worden.

Damit geht die Beschwerde bei Behauptung eines dem Erstgericht unterlaufenen Rechtsirrtums prozessordnungswidrig (vgl Mayerhofer StPO4, § 281 Z 10 E 9) nicht vom festgestellten Tatsachensubstrat aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit - in Übereinstimmung mit der Meinung der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass die Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Innsbruck zukommt (§ 285i StPO).

Stichworte