OGH 4Ob57/02i

OGH4Ob57/02i16.7.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Dr. Gernot Hain und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagten Parteien 1.) S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Schmidt und andere Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, und 2.) F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwältin in Bruck an der Mur, wegen 130.252 S (= 9.465,78 EUR) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. November 2001, GZ 3 R 147/01m-27, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 22. Mai 2001, GZ 22 Cg 308/99s-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die zweitbeklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch der Vorinstanz hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ab:

Die gegenüber der zweitbeklagten Partei klageabweisliche Entscheidung des Berufungsgerichts ist durch die von diesem zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vor allem JBl 1982, 654) gedeckt. Danach setzt die Haftung nach § 1313a ABGB einen Zusammenhang des schadensursächlichen Gehilfenverhaltens mit der vom Haftenden geschuldeten Leistung voraus. Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen war die von der zweitbeklagten Partei der erstbeklagten Partei geschuldete Leistung (Grab- und Planierarbeiten im Bereich der Piste des Hirschenkogels) am 23. 10. 1998 erbracht (erfüllt) und der von der zweitbeklagten Partei eingesetzte Baggerfahrer vom Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei lediglich beauftragt, den im Bereich der Enzianhütte abgestellten Bagger am 27. 10. 1998 (einem Urlaubstag des Baggerfahrers, gleichzeitig einem Dienstag und dem nächstfolgenden Werktag) im Bereich der Talstation der Gondelbahn auf den Hirschenkogel zum Zweck des Abtransports abzustellen. Das an diesem Tag von (Leuten bzw dem Geschäftsführer) der erstbeklagten Partei an den Baggerfahrer gerichtete Ersuchen, mit dem (abzutransportierenden) Bagger im Bereich der Rodelbahn “noch zwei Löcher" zu graben, welchem der Baggerfahrer aus Gefälligkeit nachkam, war nach den Feststellungen und der unbedenklichen Auffassung der Vorinstanz nicht mehr Gegenstand des Auftrags (Werkvertrags) der zweitbeklagten Partei. Übernahm nun der Gehilfe (der zweitbeklagten Partei) eine wenn auch in einem erweiterten räumlichen Zusammenhang mit der von der zweitbeklagten Partei geschuldeten Leistung stehende, aber doch im Geschäftsleben allgemein als selbständige Leistung gewertete und sonst auch regelmäßig als solche entgoltene Leistung auf ausdrückliches Verlangen des Gläubigers (der erstbeklagten Partei), dann scheidet das damit verbundene Verhalten des Gehilfen (der zweitbeklagten Partei) jedenfalls dann aus dem Haftungsbereich des Leistungsschuldners aus, wenn die vom Gläubiger begehrte Leistung objektiv nicht eine bloße Konkretisierung der geschuldeten Leistung, sondern deren umfängliche Erweiterung bildet. In einem solchen - hier vorliegenden - Fall verwirklicht sich im Verhalten des Gehilfen eine unmittelbare Anweisung des Gläubigers, die auch die Zuweisung des Fremdausführungsrisikos an ihn rechtfertigt, denn er bestimmt die Leistung und nicht der Schuldner (die zweitbeklagte Partei), den insoweit keine Leistungspflicht traf und dessen Leitungs- und Weisungsrecht (gegenüber dem Gehilfen) der Gläubiger selbst im Umfang seiner eigenen Anordnung ausschaltete (JBl 1982, 654). Das schadensstiftende Verhalten des Baggerfahrers der zweitbeklagten Partei konnte demnach nicht dieser, sondern nur der erstbeklagten Partei zugerechnet werden. Allein der Umstand, dass die - späterhin schuldhaft beschädigte - Stromkabelleitung der Klägerin (den Leuten) der erstbeklagten Partei und dem Baggerfahrer (durch diese) bekannt war und nach der Rechtsprechung (siehe die Nachweise bei RIS-Justiz RS0022994) in den Schutzbereich des Vertrags der erstbeklagten Partei mit dem Baggerfahrer einbezogen war, hat noch nicht zur Folge, dass der von der zweitbeklagten Partei mit der erstbeklagten Partei geschlossene und vor dem 27. 10. 1998 erfüllte Werkvertrag betreffend die Planierung der Piste des Hirschenkogels, der jedenfalls nach dem Vorbringen der Parteien nicht den Schutz von Stromleitungen der Klägerin mitumfasste, die gleiche Schutzwirkung zugunsten der Klägerin entfalten konnte.

Die in EvBl 1991/44 vertretene Auffassung, dass der Geschäftsherr für Delikte seines Erfüllungsgehilfen immer dann hafte, wenn das bestehende Vertragsverhältnis dem Gehilfen die Schädigung des Gläubigers zumindest maßgeblich erleichtert hat, sofern nicht das Verhalten des Gehilfen aus dem allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs herausfällt, den der Erfüllungsgehilfe für den Schuldner wahrzunehmen hat, steht der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen. Damals war es darum gegangen, dass der Gehilfe aus eigenem Antrieb nicht geschuldete Handlungen vorgenommen hatte, die mit der geschuldeten Leistung in einem sachlichen Zusammenhang standen (dort: Überschreitung des Auftrags, indem der Gehilfe aus Gefälligkeit einen von ihm entdeckten geringfügigen Fehler in einer Anlage beheben wollte). Im hier zu beurteilenden Fall hingegen wurde der Gehilfe außerhalb der von der Zweitbeklagten geschuldeten Leistung auf Ersuchen der Erstbeklagten tätig; diese Arbeit fiel somit aus dem Umkreis des Aufgabenbereichs der Zweitbeklagten heraus.

Aus den dargelegten Gründen ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Da die zweitbeklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der Revision der Klägerin hinwies und nicht deren Zurückweisung beantragte, diente dieser Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weshalb ihr deren Kosten gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zur Last fallen.

Stichworte