Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 405,46 (= S 5.579,20) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagten Parteien haften der klagenden Partei aus einem aus dem Alleinverschulden des Zweitbeklagten verursachten Verkehrsunfall, bei welchem ein Soldat getötet und mehrere zum Teil schwer verletzt wurden. Die klagende Partei begehrt Ersatz ihres beim Unfall beschädigten Heeres LKW unter Berücksichtigung des Zeitwerts zum Zeitpunkt des Unfalls sowie unter Anrechnung des verbliebenen Wrackwerts. Der Berechnung des Zeitwerts wurde der Kaufpreis für den LKW einschließlich der entrichteten Umsatzsteuer zugrunde gelegt. Strittig ist im Revisionsverfahren letztlich der Anspruch der klagenden Partei auf Ersatz der Umsatzsteuer, die bei Anschaffung des bei dem Unfalls ebenfalls beschädigten Heeres LKWs von der klagenden Partei bezahlt wurde, im - noch streitverfangenen - Ausmaß von S 87.790,37.
Die beklagte Partei hat diesem Begehren entgegengehalten, dass zu dem Zeitpunkt, in welchem der klagenden Partei bei Ankauf des LKW die Verpflichtung erwachsen sei, Umsatzsteuer zu entrichten, sie selbst gegen die Lieferfirma eine Umsatzsteuerforderung gehabt habe, weil die Lieferfirma selbst Umsatzsteuer an die klagende Partei abgeführt habe. Im Vermögen der klagenden Partei sei der Kaufpreis für den LKW nur als Nettobetrag schlagend geworden.
Das Erstgericht hat dem Klagebegehren - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - unter unbekämpfter Abweisung eines Mehrbegehrens stattgegeben.
Es stellte fest, dass der Anschaffungspreis des Fahrzeuges im Herbst 1987 S 820.475 zuzüglich 20 % USt, demnach S 984.570 betragen habe. Die Umsatzsteuer sei vom Bundesministerium für Landesverteidigung dem Lieferanten bezahlt worden. Der Zeitwert des Fahrzeuges habe zum Unfallstag S 526.748 einschließlich USt, der Wrackwert S 60.000 einschließlich USt betragen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die klagende Partei bei der Anschaffung des LKW Umsatzsteuer bezahlt habe und für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges wieder Umsatzsteuer zu bezahlen sei. Nach Art 12 Abs 7 EGUStG 1972 zur Umsatzsteuer berühre die Berechtigung zum Abzug von Vorsteuern gem § 12 UStG die Bemessung des Ersatzes nicht. Der Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer habe zur Voraussetzung, dass den ersatzberechtigten Geschädigten selbst die Steuerpflicht getroffen habe. Das Berufungsgericht gab der gegen den Zuspruch der Umsatzsteuer im Ausmaß von S 87.790,37 gerichteten Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Es treffe zwar zu, dass das hier vorliegende Problem nichts mit der Berechtigung zum Abzug von Vorsteuern gemäß § 12 UStG zu tun habe, sondern das Problem der Schadenshöhe als solche betreffe. Die Frage, ob der Lieferant des Fahrzeuges Umsatzsteuer an die klagende Partei im Rahmen der Hoheitsverwaltung abliefere oder nicht, sei für die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zu beurteilende Frage der Schadenshöhe nicht von Bedeutung, weil Fragen des Steueraufkommens nicht mit der Frage des Schadenersatzes zu verknüpfen seien. Aufgabe des Schadenersatzes sei es, einen Ausgleich zu schaffen, der sich am Anschaffungspreis einschließlich Umsatzsteuer zu orientieren habe. Auch bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges falle neuerlich Umsatzsteuer an.
Da zu diesem spezifischem Problem Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht bestehe, sei die ordentliche Revision zuzulassen. Die beklagten Parteien machen in ihrem Rechtsmittel - zusammengefasst - geltend, die klagende Partei wäre durch die von den Vorinstanzen gewählte Vorgangsweise bei der Schadensberechung bereichert, weil sie einerseits Schadenersatz durch den Schädiger für die von ihr abgeführte Umsatzsteuer an den Lieferanten erhalte, andererseits diesen Umsatzsteuerbetrag nach Abfuhr der Umsatzsteuer durch den Unternehmer an sie neuerlich erhalte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach § 1323 erster Satz ABGB muss, um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, alles in den vorigen Stand zurückversetzt, oder wenn dieses nicht tunlich ist, der Schätzungswert vergütet werden. Danach gilt zunächst der "Primat der Naturalrestition", weil dieser dem dem Schadenersatzrecht innewohnenden "Ersatzgedanken" am besten entspricht (vgl SZ 68/101; Ch. Huber, Schadensberechnung 141 ff). Wenn Naturalherstellung nicht möglich oder nicht tunlich ist, muss Geldersatz geleistet werden. Wenn bei Zerstörung oder Beschädigung von Sachen nicht Natural-, sondern Geldersatz zu leisten ist, gebührt der gemeine Wert der Sache zur Zeit der Schädigung (§ 1332 ABGB). Danach hat der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf Kosten der Reparatur der beschädigten Sache, doch besteht dieser Anspruch dann nicht, wenn die Reparatur des (hier) beschädigten Fahrzeugs unmöglich oder unwirtschaftlich wäre. Der vom Schädiger in Geld zu ersetzende Sachschaden findet dann seine Grenze im Zeitwert, dem Wiederbeschaffungswert der beschädigten Sache. (vgl ZVR 1987/94;
Klang in Klang II, 47; Wolff in Klang VI, 169; Apathy, Aufwendungen 86 f, Mayrhofer Schuldrecht I 316, Reischauer in Rummel § 1332 Rz 8;
Welser in Koziol/Welser Grundriss 12). Zwar wird in der Literatur auch die Ansicht vertreten, der "gemeine Wert" im Sinne des § 1332 ABGB habe sich nicht am Einkaufspreis, sondern am Verkaufs- oder Marktwert zu orientieren (vgl Ch. Huber Schadensberechnung, 157 ff; Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 10/16; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1332 Rz 2), doch betonen auch diese Autoren, dass sich im Falle der Abgeltung des "Integritätsinteresses", also bei Schaffung einer Ersatzlage, der gemeine Wert am Wiederbeschaffungswert zu orientieren hat (Ch. Huber Schadensberechnung, 158; Koziol Haftpflichtrecht aaO; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1323 Rz 50). Ob nun bei Berechnung des gemeinen Wertes nur auf den Wiederbeschaffungswert abzustellen ist oder auch der "Veräußerungswert" bzw "Verkaufswert" (vgl Harrer in Schwimann ABGB2 § 1332 Rz 2; Ch. Huber, aaO Koziol, Haftpflichtrecht aaO) maßgeblich ist, kann hier letztlich auf sich beruhen. Auszugehen ist davon, dass die klagende Partei bei Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges mangels Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wieder Umsatzsteuer zu entrichten hat und auch bei Verkauf des beschädigten Fahrzeuges auf dem freien Markt (zur Ermittlung eines allfälligen Verkaufswertes) ebenfalls Umsatzsteuer zu entrichten ist. Bei der Frage der Wertberechnung ist daher die Umsatzsteuer jedenfalls zu berücksichtigen.
Die beklagten Parteien argumentieren jedoch dahin, dass der klagenden Partei letztlich im Rahmen ihrer Finanzhoheit die abgeführte Umsatzsteuer zu Gute komme und sie daher insgesamt in ihrem Vermögen nicht geschädigt sei, weshalb bei der Schadensberechnung die Umsatzsteuer außer Betracht zu bleiben habe.
Auch diesem Gedanken kann nicht gefolgt werden. Die beklagten Parteien lassen dabei nämlich außer Acht, dass bei der hier gebührenden Feststellung des objektiv - abstrakten Wertes nur auf das verletzte Rechtsgut, nicht aber auf das gesamte Vermögen des Geschädigten abgestellt wird. Danach sind Vorteile, die im sonstigen Vermögen des Geschädigten entstanden sind, nicht zu berücksichtigen (vgl Koziol, Haftpflichtrecht3 Rz 10/22). Weiters bleibt außer Acht, dass die klagende Partei bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges neuerlich Umsatzsteuer entrichten muss, die bei Unterbleiben der durch den Unfall ausgelösten Anschaffung eben nicht neuerlich angefallen wäre. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, in welcher Form die klagende Partei durch den Zuspruch der Mehrwertsteuer im Rahmen des Schadenersatzes für einen beschädigten Heeres LKW "bereichert" sein soll. Die Einhebung der Mehrwertsteuer dient ja nicht der Vermögensbildung der klagenden Partei, sondern der Finanzierung des gesamten Staatshaushaltes. Ein dem Bereicherungsrecht unterliegender "Vermögensvergleich" scheidet schon aus diesem Grunde aus.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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