OGH 13Os54/02

OGH13Os54/0226.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lazarus als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Patrick G***** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 7. Jänner 2002, GZ 33 Hv 1077/01f-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Patrick G***** wurde der Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB (I.) sowie des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 3 StGB (II. 1., 3. und 4.), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, Abs 2 Z 1 und Abs 3 StGB (II. 2.), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (III.) sowie der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (IV.) schuldig erkannt. Danach hat er, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz, in Linz

I) mit Gewalt bzw durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib

oder Leben (§ 89) gegen nachfolgende Personen diesen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

  1. 1) ...
  2. 2) am 30. 7. 2001 in Gesellschaft mit Roman G***** dem Thomas L*****, der unter dem Eindruck bereits früher mehrfach geäußerter Androhungen, ihm Schläge zu versetzen, stand, sowie durch Versetzen von Fußtritten mit Stahlkappenschuhen gegen den rechten Unterarm, Bargeld in nicht näher bekannter Höhe;

    II) nachstehende Personen vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar:

  1. 1) ...
  2. 2) am 12. 8. 2001 den Herbert P***** dadurch, dass er mit einer Gaspistole aus einer Entfernung von rund 50 cm gegen dessen Kopf einen Schuss abgab, sohin mit einem solchen Mittel und auf solche Weise handelte, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, in Form von Erosionen im Bereich der rechten Gesichtshälfte, einer Hornhauterosion am rechten Auge sowie einer traumatischen Trommelfellperforation rechts;
  3. 3) ...
  4. 4) ...

    wobei er mindestens drei selbständige Taten ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt begangen hat; III) am 12. 8. 2001 den Reinhard H***** dadurch, dass er ihm eine geladene Gaspistole an der Stirn ansetzte, gefährlich mit dem Tode bedroht, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Trotz umfassenden Urteilsaufhebungsantrages (und eines nicht nachvollziehbaren Antrages auf Vernichtung der Hauptverhandlung nach § 288a StPO) ersichtlich bloß gegen die Schuldsprüche II. 2. und III. richtet sich die auf Z 3, und gegen den Schuldspruch I. 2. die auf Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Die Verfahrensrüge (Z 3) behauptet eine Nichtigkeit des Schuldspruchs

II. 2., weil sich dieser auf die Aussage des Zeugen Herbert P***** stützen würde, der jedoch über das ihm gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO zustehende Entschlagungsrecht nicht belehrt worden sei. Zu diesem Schuldspruch habe sich nämlich der Angeklagte damit verantwortet, dass er die Gaspistole nur deshalb auf diesen Zeugen gerichtet hätte, weil ihm dieser anstelle von Haschisch "einen wertlosen Stoff" verkaufen hätte wollen. Damit wäre dem Zeugen aber schon vor der Hauptverhandlung vorgeworfen worden, mit Suchtgift und damit strafbar im Sinne des SMG gehandelt zu haben. Gleiches gelte für den Schuldspruch Faktum III., bei welchem ebenfalls die nichtige Aussage des Zeugen P***** verwertet worden sei.

Die Beschwerde übersieht, dass sich der reklamierte Befreiungsgrund auf ein angebliches früheres Verhalten des Zeugen und nicht auf den primär den Gegenstand der Vernehmung darstellenden dem Angeklagten vorgeworfenen Sachverhalt bezieht, fallbezogen somit eine Teilbarkeit des Entschlagungsrechtes vorlag (§ 152 Abs 4 zweiter Satz StPO), und daher die vermisste Belehrung erst dann erforderlich gewesen wäre, wenn eine Sachverhaltsgrundlage für ein Entschlagungsrecht (die Gefahr einer allfälligen bevorstehenden Selbstbezichtigung) des Zeugen erkennbar gewesen wäre (bis zu diesem Zeitpunkt kommt ein Verfahrensmangel von vornherein nicht in Betracht - 13 Os 20/00). Dies war jedoch nicht der Fall (der Zeuge hatte übrigens auch bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter - ON 32 - jeden Drogenkonnex in Abrede gestellt).

Im Übrigen ist die Möglichkeit einer Benachteiligung des Angeklagten durch Missachtung des behaupteten, einen anderen als dem Angeklagten vorgeworfenen Sachverhalt betreffenden Entschlagungsrechtes (§ 281 Abs 3 StPO) aus der Aktenlage nicht erkennbar und wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Zu dem im Zusammenhang mit diesem Beschwerdevorbringen behaupteten Verwertungsverbot genügt der Hinweis, dass die Aussage in der Hauptverhandlung rite vorgekommen ist und somit zu verwerten war. Die sich gegen den Schuldspruch I. 2. richtende Tatsachenrüge (Z 5a) zeigt keine sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachenfeststellungen auf, sondern trachtet unter Abwägung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Thomas L*****, somit nach Art einer unzulässigen Schuldberufung, die Beweiswürdigung der Tatrichter zu bemängeln, was sie unter Hinweis auf den Grundsatz "in dubio pro reo" selbst zu erkennen gibt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Stichworte