OGH 7Ob126/02h

OGH7Ob126/02h26.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Allmayer-Beck und Mag. Dr. Stockert, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Sascha S*****, vertreten durch Mag. Dr. Hausmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen ausgedehnt EUR 4.723,73 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2001, GZ 38 R 182/01y-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 26. April 2001, GZ 26 C 2382/00h-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit EUR 399,74 (hierin enthalten EUR 66,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Vater des Beklagten ist Eigentümer einer seit 1978 "mit Pfandrechten in Tranchen" zugunsten der klägerischen Bank belasteten Wohnung in Wien, die aufgrund einer nach dem 8. 5. 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden war. Am 15. 6. 1993 schloss er mit seinem Sohn (dem Beklagten) einen schriftlichen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit, in welchem ein pauschalierter Mietzins von monatlich S 3.000 inklusive Betriebskosten, Steuern und Abgaben zuzüglich S 300 an gesetzlicher Umsatzsteuer sowie Wertsicherung vereinbart wurde. Von diesem Mietvertrag bekam die klagenden Partei zunächst keine Kenntnis. Der Vater des Beklagten "betrieb" zeitgleich eine GmbH, für welche seit etwa 30 Jahren Verbindlichkeiten bei der klagenden Partei aushaften. Am 5. 12. 1997 wurde über das Vermögen der GmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet, im Rahmen dessen die Klägerin Forderungen von fast S 11 Mio anmeldete, für welche beide Eltern des Beklagten auch als Garanten, Wechselbürgen und Realschuldner hafteten. Die Klägerin beabsichtigte die Einleitung einer Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung, was von den Eltern abzuwenden versucht wurde. Erst im Zuge der hierüber geführten Gespräche erlangte die klagende Partei Kenntnis vom Mietvertrag mit dem Sohn. Zwischen dessen Vater und der Klägerin, die (als Gegenleistung für ein Unterbleiben der Zwangsversteigerung) auf einer Erhöhung des Mietzinses auf eine marktgerechte Miete sowie auf einer Abtretung der monatlichen Mietzinse zur Sicherstellung ihrer gesamten offenen Forderungen bestand, wurde in der Folge ua vereinbart, dass der Vater des Beklagten zur Besicherung der im einzelnen vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten der Klägerin die Rechte und Ansprüche aus dem Mietvertrag vom 15. 6. 1993, insbesondere den monatlichen Mietzins, abtritt, wobei der Mietzins exklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer in einer ergänzenden Vereinbarung auf ein marktadäquates Niveau in Höhe von ca S 5.000 per Monat angehoben werden müsse. Der Vater des Beklagten wandte sich hierauf an seinen Sohn und ersuchte ihn, um ihm bei der Abwendung des drohenden Konkurses und Durchführung des Ausgleichsverfahrens behilflich zu sein, um den Abschluss einer entsprechenden Zusatzvereinbarung zum seinerzeitigen Mietvertrag, in dem die monatliche Nettomiete auf S 5.000 angehoben wurde. Der Beklagte war damit einverstanden und schlossen Vater und Sohn (bei sonst weiterhin unverändertem Mietvertrag) eine entsprechende Zusatzvereinbarung. Daraufhin vereinbarten der Vater und die Klägerin eine Zession der Rechte aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Mietvertrag in Höhe des erhöhten monatlichen wertgesicherten Mietzinses von S 5.000 zur Besicherung der Forderungen der klagenden Partei gegen die GmbH. Die Verständigung des Schuldners (Beklagten) wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 5. 8. 1998 vorgenommen, worin sie den Beklagten auch gleichzeitig ersuchte, den Mietzins künftighin auf ein bestimmtes Konto bei ihr zu bezahlen und darauf hinwies, dass Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung nunmehr ausschließlich an die klagenden Partei geleistet werden konnten. Der Vater des Beklagten richtete hierauf an die Klägerin ein Fax des Inhalts, dass die Zession ausschließlich zur Besicherung gegeben wurde, weshalb "zur Zeit kein Rechtsgrund vorliegt, dass der Mieter Ihnen direkt Mieten überweist". Die erfolgreiche Durchführung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der GmbH war weder Geschäftsgrundlage noch Bedingung für den Abschluss der Vereinbarung der klagenden Partei mit dem Vater über die Zession der Mietzinsforderungen.

Im Sommer 1999 wurde das Konkursverfahren über die GmbH eröffnet, worauf sich der Vater des Beklagten an seinen Sohn wandte und diesem mitteilte, dass der Ausgleich nicht erfolgreich gewesen sei. Zwischen Beiden wurde vereinbart, dass der Beklagte nicht mehr S 5.000, sondern nur mehr S 3.000 wie vor der Zusatzvereinbarung an die Hausverwaltung zahlen müsse. Tatsächlich bezahlte der Beklagte bereits seit der Abtretung der Mietzinsforderung im August 1998 bis Schluss der mündlichen Verhandlung im Jänner 2001 keine Mietzinse von S 5.000 an die beklagte Partei, sondern bezahlte lediglich an seinen Vater von April 1998 bis Juni 1999 den erhöhten monatlichen Mietzins von S 5.000.

Mit der am 17. 3. 2000 eingebrachten und in der Folge mehrfach ausgedehnten Klage begehrte die Klägerin unter Hinweis auf ihre Stellung als Zessionarin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der aufgelaufenen Monatszinse von (zuletzt) S 65.000 samt Staffelzinsen. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grund und der Höhe nach.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten im Sinne des ausgedehnten Klagebegehrens. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Beide Vorinstanzen bejahten - zusammengefasst - die Abtretbarkeit der Mietzinsforderungen und damit die Gläubigereigenschaft der Klägerin; die später zwischen Vater und Sohn getroffene Herabsetzungsvereinbarung sei dieser gegenüber unwirksam. Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, wandelte diesen Ausspruch jedoch in der Folge über Antrag des Beklagen nach § 508 ZPO in einen Zulassungsausspruch ab und begründete diesen damit, dass - soweit überblickbar - "keine Rechtsprechung zur Frage der nachträglichen Änderung des Inhalts eines Dauerschuldverhältnisses und dessen Auswirkungen auf bereits abgetretene zukünftige Forderungsrechte besteht und eine Fallkonstellation von allgemeiner rechtlicher Erheblichkeit vorliegt."

In der (entgegen der Ansicht der Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung ausreichend) erkennbar auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision wird beantragt, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer kostenpflichtigen Klageabweisung abzuändern.

Die klagende Partei hat nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher die Zurückweisung des Rechtsmittels (mangels erheblicher Rechtsfrage), in eventu die Bestätigung des bekämpften Urteils beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an einem Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsänderungsausspruch (unter im Wesentlichen wörtlicher Übernahme der entsprechenden Passage in der Revision) formulierte Rechtsfrage stellt sich schon deshalb nicht, weil ja nicht das "Dauerschuldverhältnis als solches", also das Bestandverhältnis zwischen Vater und Sohn "einvernehmlich als Ganzes" zu Lasten der klagenden Zessionarin, sondern bloß der zwischen Zessus und Zedenten vereinbarte, der Zessionarin bekanntgegebene und an diese einvernehmlich (unter Verständigung und Einbindung des Zessus) abgetretene Mietzins zum Nachteil der Klägerin herabgesetzt wurde. Der in der Revision - in der die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes sogar als weitgehend "völlig richtig" bezeichnet wird - hiezu angestellte und als "absurde Konsequenz" titulierte Vergleich mit einem von der Zession der Lohnforderungen seines Dienstnehmers konfrontierten Arbeitgeber, wonach dieser "bis zur vollständigen Bezahlung der Schuld am Dienstverhältnis in der bestehenden Form festhalten müsste, was im Ergebnis einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatautonomie darstellen würde und auf einen Vertrag zu Lasten Dritter hinausliefe", hinkt daher schon zufolge der nicht vergleichbaren Ausgangsvoraussetzungen. Nicht das Bestandrecht als Vermögensrecht war Gegenstand der Zession (vgl Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1393; Wilhelm, Übergang des Bestandverhältnisses durch Vermächtnis? JBl 1972, 79 [81 f]), sondern nur die Zahlung der daraus geschuldeten, künftig fällig werdenden Zinse, was nach ständiger Rechtsprechung jedoch zulässig ist (RIS-Justiz RS0032906 und RS0032827; SZ 71/154; Ertl aaO Rz 4 zu § 1393; Honsell/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 27 f zu § 1393) - und auch vom Revisionswerber gar nicht bestritten wird. Durch den Gläubigerwechsel verändert sich nur die Rechtszuständigkeit, während Verpflichtung und Schuldner gleich bleiben (Koziol/Welser II12 114 und 117). Nach dem maßgeblichen und zwischen Zedenten und Zessionar bestandenen (und auch nach wie vor unverändert bestehenden) Schuldverhältnis sollte die Abtretung der Mietzinse zur Schuldentilgung insgesamt dienen, ungeachtet der vom Zedenten erwarteten, jedoch nicht zustandegebrachten Ausgleichserfüllung; hiefür war sie auch weder Bedingung noch Geschäftsgrundlage. Mangels Gläubigerstellung ab Wirksamkeit der Zession durfte der Zedent daher keine die Schuld des Zessus gegenüber dem Zessionar reduzierende (und diesen daher benachteiligende) Vereinbarung mehr treffen. Insoweit war die abgetretene Forderung nämlich aus dem Vermögen des Zedenten ausgeschieden und Bestandteil des Vermögens des Zessionars geworden (Honsell/Heidinger, aaO Rz 20 zu § 1392). Diesen rechtlichen Vorgaben handelte der Vater des Beklagten (und auch der Beklagte selbst) zuwider, weshalb die Vorinstanzen dem der Höhe nach ohnedies unstrittigen Klagebegehren zutreffend stattgegeben haben. Eine erhebliche Rechtsfrage ist dieser "Fallkonstellation" entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht entnehmbar; dazu kommt, dass es sich um eine typische Einzelfallbeurteilung ohne die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO handelt. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich (und zutreffend) hingewiesen.

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