OGH 5Ob133/02y

OGH5Ob133/02y25.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin T*****, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Anichstraße 24/III, gegen die Antragsgegner 1. Edith N*****, 2. Dr. Edgar N***** und 3. Dr. Gerti N*****, alle *****, alle vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Adolf Pichler-Platz 10, wegen Genehmigung der Durchführung baulicher Maßnahmen, Änderung der Widmung einer Wohnung und Regelung der Benützung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 22. Februar 2002, GZ 54 R 66/01d-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 28. Juni 2001, GZ 36 Nc 14/00m-14, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ 834 GB 81113 Innsbruck steht im gemischten Miteigentum der Parteien dieses Verfahrens. Die Miteigentumsanteile, mit denen zum Teil Wohnungseigentum verbunden ist, verteilen sich so, dass 427/854 Anteile der Antragstellerin zukommen und ebenfalls 427/854 Anteile - zusammengerechnet - den Antragsgegnern. Es bestehen zwei Benützungsvereinbarungen aus den 80er Jahren. Die Antragstellerin strebt - soweit ihr Begehren noch Gegenstand des Verfahrens ist - bauliche Veränderungen zur Verknüpfung ihrer Telefon- und EDV-Netze, die Umwidmung einer Wohnung in einen Büroraum sowie die Änderung bzw Ergänzung der Benützungsregelung hinsichtlich des Hofraums der Liegenschaft zur Behebung von Parkplatz-Problemen an. Sie hat hiefür den außerstreitigen Rechtsweg gewählt. Das Erstgericht hat in Behandlung eines diesbezüglichen Einwands der Antragsgegner die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs bejaht, die in Rede stehenden Anträge jedoch abgewiesen (anderen Anträgen wurde stattgegeben).

Das Rekursgericht bestätigte die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs und setzte sich anlässlich der Überprüfung der Rechtzeitigkeit des von der Antragstellerin erhobenen Rekurses noch ausführlich mit der Frage auseinander, ob die Verfahrensvorschriften des AußStrG oder des § 26 Abs 2 WEG anzuwenden sind. Es gelangte zur Anwendbarkeit der Verfahrensvorschriften des § 26 Abs 2 WEG und begründete damit die Rechtzeitigkeit des Rekurses der Antragstellerin (er ist laut Eingangsvermerk des Erstgerichtes am 15. Tag nach der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung "überreicht" worden); in der Sache selbst vertrat es die Ansicht, dass das Begehren der Antragsteller an den materiell-rechtlichen Bestimmungen der §§ 834, 835 ABGB (also nicht an den Vorgaben des § 13 Abs 2 WEG) zu messen sei, hob den abweislichen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens an die erste Instanz zurück, um einige mit §§ 834, 835 ABGB zusammenhängende Fragen klären zu lassen.

Der rekursgerichtliche Aufhebungsbeschluss enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 10.000 übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Letzteres wurde wie folgt begründet:

Zur Frage, ob die materiell-rechtlichen Bestimmungen der §§ 834, 835 ABGB zur Anwendung kommen, wenn auf einer Liegenschaft schlichtes Miteigentum neben Wohnungseigentum besteht, sei die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht völlig einheitlich. Sie sei in den Entscheidungen 5 Ob 127/91 und 5 Ob 232/01f offen geblieben; mit dem in WoBl 1993/137 entschiedenen Fall sei der gegenständliche nicht völlig vergleichbar. Hinsichtlich der Frage, ob die Änderung der Benützungsregelung im streitigen oder außerstreitigen Verfahren durchzusetzen ist, sei die Rechtsprechung uneinheitlich. Darüber hinaus komme der Frage der Anwendbarkeit der verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 26 WEG im vorliegenden Fall maßgebliche Bedeutung zu, da nur im Fall der Anwendbarkeit der §§ 26 Abs 2 WEG iVm 37 Abs 3 Z 17 lit b MRG die Rekursfrist vier Wochen beträgt; sei der Rekurs der Antragstellerin im allgemeinen außerstreitigen Verfahren zu behandeln, betrage die Rekursfrist gemäß § 11 Abs 1 AußStrG nur 14 Tage, was zur Verspätung des Rekurses führen würde. Da kein Fall des § 11 Abs 2 AußStrG vorliege, stünde der Entscheidung des Rekursgerichtes die Rechtskraft der erstinstanzlichen Entscheidung entgegen.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes haben die Antragsgegner Rekurs mit den Anträgen erhoben, den Antrag der Antragstellerin wegen Unzulässigkeit des Außerstreitverfahrens zurückzuweisen, in eventu den Rekurs der Antragstellerin wegen Verspätung zurückzuweisen, in eventu den Beschluss des Rekursgerichtes aufzuheben und die Entscheidung der ersten Instanz wieder herzustellen. Von der Antragstellerin liegt dazu eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss zu bestätigen. Diesem Schriftsatz haben sie eine Kopie des Aufgabescheins ihres Rekurses gegen den erstinstanzlichen Beschluss beigelegt; demnach haben sie den Rekurs nicht am 3. 8. 2001 bei Gericht überreicht, sondern am 2. 8. 2001 zur Post gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Antragsgegner ist - was der Oberste Gerichtshof trotz des gegenteiligen Ausspruchs des Rekursgerichtes wahrzunehmen hat - unzulässig.

Der primäre Anfechtungsgrund besteht für die Antragsgegner, wie dies auch in ihrem Rechtsmittelbegehren zum Ausdruck kommt, darin, dass sie meinen, die Antragstellerin habe die falsche Verfahrensart gewählt, weil über die Aufkündigung einer bestehenden Benützungsregelung im streitigen Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden sei. Bei dieser Argumentation wird übersehen, dass der Oberste Gerichtshof die vermeintliche Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs gar nicht mehr wahrnehmen kann, wenn beide Vorinstanzen dieses Prozesshindernis verneint haben (EvBl 2000/156 mwN; jüngst 5 Ob 198/01f; 5 Ob 13/02a). Es liegt dann nämlich in Ansehung der geltend gemachten Nichtigkeit eine bindende Entscheidung iSd § 42 Abs 3 JN vor. Dazu genügt es, wenn sich die Vorinstanzen - wie hier geschehen - in ihren Entscheidungsgründen mit der Frage befasst und die Zulässigkeit der gewählten Verfahrensart bejaht haben (Stohanzl, JN-ZPO 15. Aufl. E 21 zu § 42 JN). Die von den Rechtsmittelwerbern aufgeworfene (auch vom Rekursgericht als erheblich iSd § 14 Abs 1 AußStrG erachtete) Rechtsfrage kann daher der Oberste Gerichtshof im Anlassfall gar nicht lösen. Die zweite dem Obersten Gerichtshof zur Lösung vorgelegte Rechtsfrage, ob die Rekursfrist im gegenständlichen Fall nach § 11 Abs 1 AußStrG oder nach § 37 Abs 3 Z 17 lit b MRG (hier iVm § 26 Abs 2 WEG) zu bemessen war, wird in den Rekursausführungen der Antragsgegner nur gestreift, hat jedoch das Rekursgericht als klärungsbedürftig hervorgehoben. Auch sie ist im Anlassfall nicht entscheidungswesentlich. Durch die Vorlage des unbedenklichen Post-Aufgabescheins ist nämlich die Annahme des Rekursgerichtes widerlegt, die Antragstellerin hätte die 14-tägige Rekursfrist des § 11 Abs 1 AußStrG - sollte sie maßgeblich sein - versäumt. Der damit nicht übereinstimmende Eingangsvermerk des Erstgerichtes gilt zwar als öffentliche Urkunde und ist daher mit besonderer Beweiskraft ausgestattet, doch hinderte dies die Antragstellerin nicht an der Antretung des Gegenbeweises iSd § 292 Abs 2 ZPO (vgl Stohanzl aaO, E 10 ff zu § 292 ZPO; jüngst 5 Ob 217/01z). Das ist ihr auch gelungen, weil an der Richtigkeit des vorgelegten Post-Aufgabescheins und seiner Zuordnung zum Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss nicht zu zweifeln ist. Die vom Rekursgericht aus besonderen rechtlichen Erwägungen angenommene Rechtzeitigkeit bedarf keiner weiteren Klärung.

Schließlich meinte das Rekursgericht noch, die materiell-rechtliche Grundlage der (noch) verfahrensgegenständlichen Ansprüche - ob hiefür die §§ 834, 835 ABGB (wie das Rekursgericht meint) oder die Bestimmungen des § 13 Abs 2 WEG maßgeblich sind - bedürfe einer zusätzlichen Absicherung. Die Antragsgegner ziehen jedoch selbst gar nicht in Zweifel, dass "im konkreten Fall die Bestimmungen der §§ 834 ff ABGB und nicht die Bestimmungen des WEG, insbesondere nicht die Bestimmung des § 13 Abs 2 Z 2, anzuwenden sind" (Seite 4 unten des Rekurses ON 20). Damit kann die vom Rekursgericht aufgeworfene Rechtsfrage die Zulässigkeit einer Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht begründen. Selbst wenn nämlich zu Recht die Zulässigkeit eines Rekurses an den Obersten Gerichtshof ausgesprochen wurde, fehlen die in § 14 Abs 1 AußStrG oder § 528 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes, wenn der Rechtsmittelwerber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS-Justiz RS0102059).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG (iVm § 26 Abs 2 WEG) bzw auf die Erwägung, dass dem Außerstreitverfahren - von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmen abgesehen - keinen Ersatz der Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung kennt (RIS-Justiz RS0005964).

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