OGH 4Ob114/02x

OGH4Ob114/02x28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner F*****, vertreten durch Mag. Heinz Koller, Rechtsanwalt in Bregenz, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagten Parteien 1. Franz M*****, 2. Sigrid M*****, beide vertreten durch Dr. Rainer Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 5.180,12 EUR sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2001, GZ 2 R 283/01k-46, mit dem infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 25. Mai 2001, GZ 5 C 135/00w-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Eigentümer der Liegenschaft H*****. Auf der Liegenschaft befanden sich ein Wohnhaus und ein Stadel. Der Kläger plante, die Gebäude auszubauen und Wohnungen zu errichten. Nach der Entfernung tragender Teile stützte er die Decke des oberen Stockwerks mit einem Gerüst ab, um ihren Einsturz zu verhindern. Die im Innern der Gebäude verwendeten etwa 300 m² Gerüst hatten einen Verkehrswert von rund 35.000 S; darüber hinaus waren die Gebäude auch außen eingerüstet.

Die Beklagten haben die Liegenschaft am 8. 4. 1997 in dem gegen den Kläger zu 8 E 2173/96 des Bezirksgerichts Bregenz eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren ersteigert. Das - vom Kläger auf der Liegenschaft belassene - Gerüst war weder in den Versteigerungsbedingungen noch im Versteigerungsedikt noch im Schätzungsgutachten als Zubehör erwähnt; es ist jedoch auf den dem Gutachten angeschlossenen Fotos zu sehen.

Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt nach der Versteigerung holte der Kläger das an der Außenseite der Gebäude angebrachte Gerüst ab. Das im Gebäudeinnern aufgestellte Gerüst hätte nur entfernt werden können, wenn es durch Lasttürme ersetzt worden wäre. Andernfalls wäre das Dach eingestürzt. Für den Einbau von Lasttürmen wären 35.000 S aufzuwenden gewesen. Für ein Gerüst werden 1 S bis 2 S je Quadratmeter und Woche verrechnet. Ob der Kläger auf ein Benützungsentgelt verzichtet hat, konnte nicht festgestellt werden.

Am 29. 4. 1999 brachte der Kläger gegen die Beklagten zu 5 C 991/99y des Bezirksgerichts Bregenz eine Klage ein, mit der er die Herausgabe des Gerüsts begehrte. Das Verfahren endete am 22. 10. 1999 mit einem Vergleich, in dem die Beklagten das Alleineigentum des Klägers am Gerüst anerkannten und sich verpflichteten, das Gerüst herauszugeben und einen Prozesskostenbeitrag zu leisten. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus bereits abgebrochen und das Gerüst auf dem Grundstück gelagert. Durch das Gerüst hatten sich beim Abbruch Mehrkosten ergeben, weil die Arbeiter Beschädigungen des Gerüsts vermeiden mussten und den Bauschutt nicht unsortiert abführen konnten.

Der Kläger begehrt 71.280 S sA. Die Beklagten hätten das Gerüst im Zeitraum 8. 4. 1997 bis 22. 10. 1999 zu ihrem Vorteil verwendet, ohne dazu berechtigt zu sein. Seine Forderung errechne sich wie folgt: 360 m² Baugerüst x 1,25 S x 132 Wochen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Die Beklagten hätten den Nutzen, den sie aus der Verwendung des Gerüsts gezogen hätten, selbst beschrieben. Ihr Vertreter habe darauf hingewiesen, dass das Haus ohne das Gerüst zusammengebrochen wäre, was sich auf das zu erzielende Meistbot sehr negativ ausgewirkt hätte.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Sie hätten dem Kläger bereits 1998 mitgeteilt, dass sie nicht bereit seien, für das Gerüst eine Entschädigung zu leisten. Die Gerüstteile seien wertlos. Das Gerüst habe ihnen keinen Vorteil, sondern einen Nachteil gebracht, weil es die Abbruchsarbeiten erschwert und die Abbruchskosten erhöht habe.

Das Erstgericht sprach dem Kläger 44.250 S sA zu und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagten hätten annehmen dürfen, dass das Gerüst zum Haus gehörte, nachdem es mit dem Gebäude untrennbar verbunden war und zu einem höheren Meistbot geführt hatte. Die Beklagten seien daher redliche Benützer im Sinn des § 1041 ABGB. Sie hätten das Gerüst insgesamt 125 Wochen genützt. Von dem sich daraus ergebenden Entgelt von 46.875 S sei ein gemäß § 273 ZPO festzusetzender Betrag von 10.000 S für die Mehrkosten beim Abbruch abzuziehen. Das ergebe einen Betrag von 36.875 S; zuzüglich 20 % Umsatzsteuer errechne sich die Forderung des Klägers somit mit insgesamt 44. 250 S.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach - aufgrund eines Antrags nach § 508 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beklagten hätten davon ausgehen können, mit dem Zuschlag auch Eigentümer des Gerüsts geworden zu sein, weil das Gerüst auf den Fotos im Schätzungsgutachten zu sehen gewesen sei und das Gebäude ohne das Gerüst eingestürzt wäre. Als Eigentümer des Gerüsts hätten die Beklagten kein Benützungsentgelt zu zahlen. Daran ändere auch ihr Anerkenntnis im Verfahren 5 C 991/99y des Bezirksgerichts Bregenz nichts, weil damit eine neue selbstständige Verpflichtung geschaffen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kläger seien mit dem Zuschlag auch Eigentümer des Gerüsts geworden. Er verweist darauf, dass ein Gerüst auch dann als selbstständige Sache gewertet werde, wenn es mit einem Gebäude fest verbunden sei. Es teile daher sachenrechtlich nicht das Schicksal des Gebäudes. Ein Gerüst sei auch kein Zubehör, weil es dem Gebäude nicht auf Dauer gewidmet sei. Durch den Zuschlag habe das Eigentum am Gerüst nicht auf die Beklagten übergehen können, weil das Gerüst weder in den Versteigerungsbedingungen noch im Edikt noch im Schätzungsprotokoll angeführt gewesen sei. Dass es auf den dem Schätzungsgutachten angeschlossenen Fotos sichtbar gewesen sei, reiche nicht aus. Die Beklagten seien demnach nicht Eigentümer des Gerüsts geworden; sie hätten das Gerüst auch nicht redlich benützt. Dass sie beim Abbruch des Hauses dafür Sorge getragen haben, das Gerüst nicht zu beschädigen, zeige, dass ihnen bewusst gewesen sei, nicht Eigentümer des Gerüsts zu sein. Als unredliche Benützer schuldeten die Beklagten das höchst erzielbare Entgelt.

Der Kläger erhebt damit gewichtige Einwendungen gegen den vom Berufungsgericht angenommenen Eigentumserwerb der Beklagten am Gerüst; ob die Einwendungen zutreffen, kann aber offenbleiben. Der Anspruch des Klägers ist nämlich auch dann nicht berechtigt, wenn die Beklagten nicht Eigentümer des Gerüsts geworden sind:

Der Kläger stützt seinen Anspruch auf § 1041 ABGB. Danach kann der Eigentümer einer Sache, die ohne Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen verwendet worden ist, die Sache in Natur, oder, wenn dies nicht mehr geschehen kann, den Wert verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist. Der Verwendungsanspruch setzt damit voraus, dass eine Sache entgegen ihrem Zuweisungsgehalt zum Nutzen eines anderen verwendet wurde (Rummel in Rummel, ABGB³ § 1041 Rz 3 mwN). Verwendet kann die Sache durch einen Eingriff des Bereicherten in die Rechtszuständigkeit des Verkürzten, durch eine Handlung des Verkürzten, die nicht in einer Leistung an den Bereicherten besteht, oder auch ohne Zutun des Verkürzten und des Bereicherten werden (Schwimann/Apathy, ABGB² § 1041 Rz 5 ff mwN).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger selbst das Haus mit dem Gerüst abgestützt; allerdings zu einem Zeitpunkt, als er noch Eigentümer des Hauses war. Er hat daher mit der Bereitstellung des Gerüsts keine Leistung an die Beklagten erbracht, so dass deretwegen die Voraussetzungen für einen Verwendungsanspruch gegeben wären.

Als Bereicherungsanspruch kann der Verwendungsanspruch aber nur zustehen, wenn und soweit ein Nichtberechtigter Vorteile aus der Sache gezogen hat (Schwimann/Apathy aaO § 1041 Rz 4 mwN). Das gilt unabhängig davon, ob der Benützer redlich oder unredlich ist. Auch wer fremdes Gut wissentlich in Anspruch nimmt und damit unredlich nützt, muss, wenn auch ohne konkreten Nutzen, (nur) für einen im Gebrauch liegenden Vorteil ein (angemessenes) Entgelt zahlen (6 Ob 280/98i = JBl 1999, 458 mwN). Der Verwendungsanspruch gegenüber dem redlichen Benützer ist weiter eingeschränkt. Er hat nur den Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist (3 Ob 54/98g = wobl 2001/179).

Im vorliegenden Fall hat die Verwendung des Gerüsts den Beklagten selbst bei objektiver Betrachtung keinen Vorteil gebracht:

Der Kläger hat durch das Abstützen des Gebäudes mit dem Gerüst verhindert, dass das Gebäude in sich zusammenstürzte. Dadurch ergab sich ein höherer Schätzwert der Liegenschaft und damit - wie der Kläger selbst vorgebracht hat - ein höheres Meistbot. Entgegen seiner Behauptung ist daraus aber nicht den Beklagten ein Vorteil erwachsen, sondern ihm selbst. Der durch das höhere Meistbot bewirkte höhere Versteigerungserlös floss seinen Gläubigern zu und verminderte damit seine Verbindlichkeiten; für die Erwerber war dies naturgemäß ein Nachteil, weil sie es waren, die mehr für die Liegenschaft zahlen mussten als sie gezahlt hätten, wäre das Gebäude in sich zusammengestürzt gewesen.

Auch in der Folge hat das Gerüst den Beklagten keinen Vorteil gebracht. Das Gebäude wurde abgebrochen, weil eine Renovierung offenbar unwirtschaftlich gewesen wäre. Die Abbruchsarbeiten wurden durch das Gerüst erschwert und verteuert, so dass dieses auch bei objektiver Betrachtung in keinem Stadium - weder bei der Ersteigerung der Liegenschaft noch danach - für die Beklagten von Nutzen war.

Das schließt einen Verwendungsanspruch des Klägers unabhängig von den Eigentumsverhältnissen am Gerüst und selbst dann aus, wenn die Beklagten - wie er behauptet - unredliche Benützer des Gerüsts gewesen wären.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagten haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.

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