OGH 2Ob127/02v

OGH2Ob127/02v23.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst S*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und andere Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, wider die beklagte Partei Verein E*****, vertreten durch Dr. Gerd Kapeller, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2002, GZ 2 R 24/02k-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirchen i. K., vom 22. Oktober 2001, GZ 2 C 1320/01m-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 199,87 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 33,31, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 11. 6. 1996 wurde zwischen den Streitteilen ein Bestandvertrag über eine etwa 140 m² große Wohnung im ersten Stock eines bestimmten Hauses abgeschlossen; als Zweck wurde der Betrieb eines privaten Kindergartens vereinbart.

Der Kläger begehrt die Aufkündigung wegen Eigenbedarfs nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG ohne den Bestandgegenstand im Aufkündigungsschriftsatz zu bezeichnen.

Der beklagte Verein erhob Einwendungen.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, es handle sich beim Bestandgegenstand um Geschäftsräumlichkeiten, welche nur nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG kündbar seien.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Das Berufungsgericht führte aus, § 30 Abs 2 Z 8 MRG setze voraus, dass es sich beim vermieteten Gegenstand um eine Wohnung handle. Zur Beurteilung, ob der Bestandgegenstand eine Wohnung oder eine Geschäftsräumlichkeit sei, sei die Parteienabsicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses heranzuziehen. Demgegenüber werde beim Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG kein Unterschied gemacht, ob es sich bei dem gekündigten Objekt um eine Wohnung oder eine Geschäftsräumlichkeit handle.

Der Begriff der Geschäftsräume werde durch den Vertragszweck bestimmt. Auch die Tätigkeit eines nicht untersagten Vereines werde als geschäftliche Tätigkeit angesehen. Auch bei üblicherweise in Wohnungen ausgeübten Berufen, wie jene der Rechtsanwälte, Ärzte udgl, sei jedenfalls dann ein Geschäftsraum gegeben, wenn die Wohnung (ausschließlich) als Kanzlei, Ordination etc gemietet worden sei.

Im vorliegenden Fall habe der beklagte Verein die Räumlichkeiten des Klägers zum Zweck des Betriebes eines privaten Kindergartens angemietet. Dies stelle eine geschäftliche Tätigkeit dar, weshalb der Bestandgegenstand als Geschäftsräumlichkeit zu qualifizieren sei. Hiefür stehe der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG nicht zur Verfügung, weshalb das Klagebegehren zu Recht abgewiesen worden sei. Auf die Frage der Verbesserbarkeit der Aufkündigung durch Beschreibung des Bestandgegenstandes brauche daher nicht eingegangen zu werden.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob der Begriff "Wohnräume" in § 30 Abs 2 Z 8 MRG auf die Baulichkeit an sich abstelle oder sich nach dem Vertragszweck (der Parteienvereinbarung) bestimme.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, es sei "der Betrieb eines privaten Kindergartens vereinbart" worden. Schon daraus ergebe sich, dass die Tätigkeit der beklagten Partei eine rein private, nicht aber eine geschäftliche Tätigkeit im Sinne des MRG sei. Im vorliegenden Fall ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Vereinsnames "Elterninitiative" einerseits und den erstgerichtlichen Feststellungen andererseits, dass es sich bei der beklagten Partei um eine rein "private" Vereinigung von Eltern handle, die eben alle gemeinsam versuchten, ihre Kinder tagsüber unterzubringen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG ist ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Mietvertrages dann gegeben, wenn der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrages ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung. Gemäß § 30 Abs 2 Z 9 MRG ist eine Kündigung möglich, wenn der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Mietgegenstand dann als Wohnung anzusehen, wenn er nach der Parteienabsicht bei Abschluss des Mietvertrages zu Wohnzwecken in Bestand gegeben bzw genommen oder wenn der Wohnzweck später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden ist (RIS-Justiz RS0069605; MietSlg 38.591). Die Parteienabsicht ist auch dafür entscheidend, ob "Wohnräume" im Sinne des § 30 Abs 2 Z 8 MRG gemietet wurden oder ob eine Geschäftsräumlichkeit im Sinne des § 30 Abs 2 Z 9 MRG vorliegt (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 30 MRG Rz 69; Reiber/Liehl, Die Kündigung im Mietrecht, Rz 235). Zutreffend hat das Berufungsgericht auch dargelegt, dass grundsätzlich jedes Handeln eines durch seine Organe vertretenen Vereins, das zur Schaffung der Voraussetzungen für die Errichtung der Vereinszwecke bestimmt ist, eine geschäftliche Tätigkeit ist, sohin auch die Anmietung von Räumlichkeiten im Interesse der Vereinszwecke (EvBl 1987/146 = RdW 1986, 369).

Daraus folgt, dass die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen sind, dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG hier nicht zur Anwendung kommen kann, weshalb der Revision keine Folge zu geben war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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