OGH 1Ob214/01d

OGH1Ob214/01d30.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christel A*****, vertreten durch Dr. Gottfried Zandl und Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wilhelmine S*****, vertreten durch Dr. Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (EUR 4.360,37) infolge "außerordentlicher Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2001, GZ 36 R 271/01x-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 30. März 2001, GZ 11 C 1419/00x-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die "außerordentliche Revision" der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin und die Beklagte sind Hauptmieterinnen übereinanderliegenden Wohnungen.

Die Klägerin begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, jede störende Lärmerregung aus ihrer Wohnung, insbesondere "durch Herumstampfen und Hüpfen in der Wohnung, lautes Radiospielen, Klopfen und zu Bodenwerfen von Gegenständen etc" sowie ferner "das Herabwerfen von Gegenständen sowie das Herabschütten von Flüssigkeiten" auf den Balkon der Klägerin zu unterlassen. Dieses Unterlassungsbegehren bewertete die Klägerin mit ATS 60.000,- -.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und stellte die ihr vorgeworfenen Handlungen in Abrede.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, aus ihrer Wohnung jede störende Lärmregelung durch lautes Fernsehen, Trampeln und Klopfen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr (Nachtruhe) sowie an Sonn- und Feiertagen (Punkt 1.) sowie das Herabwerfen von Gegenständen und das Herabschütten von Wasser vom Balkon auf den darunterliegenden Balkon der Klägerin (Punkt 2.) zu unterlassen. Das Mehrgegehren, die in Punkt 1. angeführten Handlungen auch außerhalb der dort genannten Zeit sowie die störende Lärmerregung durch Hüpfen und "zu Bodenwerfen" von Gegenständen zu unterlassen, wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der dagegen nur von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes ATS 52.000,-- nicht übersteige und dass die ordentliche Revision jedenfalls unzulässig sei. Die Klägerin habe ihr Gesamtbegehren im erstinstanzlichen Verfahren mit ATS 60.000,-- bewertet. Im Berufungsverfahren sei jedoch nur mehr ein Teil dieses Begehrens strittig, dessen Wert ATS 52.000,-- nicht übersteige.

Die "außerordentliche Revision" der Klägerin ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht bei allen nicht ausschließlich in Geld bestehenden Ansprüchen einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands zu treffen. Es ist dabei nicht an die Bewertung des Klägers nach §§ 56 Abs 2 und 59 JN gebunden (3 Ob 53/00s mwH); sein Ausspruch ist unanfechtbar (§ 500 Abs 4 ZPO) und bindend, soferne nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden, eine Bewertung gar nicht vorzunehmen war oder die Revisionszulässigkeit in den im § 502 Abs 5 ZPO angeführten Angelegenheiten unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands geregelt ist (EvBl 1990/146; RZ 1992/16; 3 Ob 53/00s; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 500).

Das Berufungsgericht hat gegen die nach § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 500 Abs 3 Satz 1 ZPO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm nicht verstoßen. Die hier anzuwendende - in § 500 Abs 3 ZPO nicht genannte - Bewertungsvorschrift des § 59 JN ist nicht zwingend in dem Sinn, dass der Wert des Streitgegenstands nach objektiven Kriterien zu bemessen wäre (4 Ob 72/98m ua). Der maßgebende (Kodek aaO Rz 1 zu § 502) Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz wurde nur mehr durch den allein bekämpften klagsabweisenden Teil des Ersturteils bestimmt. Diesen hat das Berufungsgericht ausgehend von der Bewertung des Gesamtbegehrens durch die Klägerin selbständig eingeschätzt und diese Einschätzung auch begründet. Seine im Ermessensbereich vorgenommene Bewertung entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof (EvBl 1990/146; 4 Ob 2380/96w ua).

Die "außerordentliche Revision" der Klägerin ist daher gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Die Revision ist zurückzuweisen.

Stichworte