OGH 6Ob70/02s

OGH6Ob70/02s18.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der beim Landesgericht Wels zu FN ***** eingetragenen M*****-Gesellschaft mbH mit dem Sitz in B*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführerin Christine S*****, beide vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 31. Jänner 2002, GZ 6 R 15/02x-12, womit der Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 7. Jänner 2002, GZ 27 Fr 2167/01x-9, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof beurteilt in ständiger Rechtsprechung die handelsrechtlichen Offenlegungsvorschriften und ihre Durchsetzung mit Zwangsstrafen als dem Gemeinschaftsrecht entsprechend und erblickt in der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien nach mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (vor allem der Entscheidung vom 4. 12. 1997 Slg 1997 I-6843 - Daihatsu) keinen Eingriff in die Grundrechte der MRK oder Grundwerte der Europäischen Gemeinschaft (stRsp RIS-Justiz RS0113282). Der Oberste Gerichtshof hatte sich auch bereits mehrfach mit dem Argument, die Offenlegungsvorschriften verstießen gegen das Sachlichkeitsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip befasst und dieses als nicht zutreffend abgelehnt (GesRZ 2173; WBl 2000, 286 [Gruber 251]; zuletzt 6 Ob 2/02s). Er hat sich auch bereits wiederholt mit dem Einwand der Rechtsmittelwerber befasst, die Vorlage eines Jahresabschlusses aus der Vorperiode (nach ihrer Diktion eines “überholten" Jahresabschlusses) verstoße gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit. Diesem Einwand wurde bereits das Ziel der Offenlegungsvorschriften entgegengesetzt, die insbesondere der Information Dritter, vor allem Gläubigern oder Vertragspartnern der Gesellschaft dienen, um ihnen die in aller Regel sonst nicht zugänglichen Informationen über die finanzielle Lage der Gesellschaft zu ermöglichen. Diesem Ziel dient aber auch ein Jahresabschluss, der nicht den neuesten Stand wiedergibt, wobei selbst die Vorlage eines aktuellen Jahresabschlusses eine Vorlage vorangehender Jahresabschlüsse nicht obsolet macht, weil dem Informationsbedürfnis Dritter umso eher entsprochen wird, je kontinuierlicher Wirtschaftsdaten zur Verfügung stehen (6 Ob 2/02s). Der Senat hat auch bereits darauf hingewiesen, dass die Nichterzwingung von nach Ansicht der Rechtsmittelwerber “überholten" Jahresabschlüssen dazu führen würde, dass bei einer sich über Jahre erstreckenden Vorlageverweigerung die Vorlagepflicht überhaupt entfiele und nur die Vorlage des zeitlich letzten Jahresabschlusses erzwungen werden könnte. Diese Folge kann mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht gerechtfertigt werden (6 Ob 2/02s). Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen die Verhängung von Zwangsstrafen infolge Nichtvorlage von Jahresabschlüssen auch für bereits länger zurückliegende Geschäftsjahre gebilligt (6 Ob 304/00z; 6 Ob 2/02s, 6 Ob 41/02a). Das Argument der Rechtsmittelwerber, die Interessenwahrung Dritter könnte auch anders als durch Offenlegung erreicht werden und zwar insbesondere durch einen allgemein gehaltenen Bonitätsvermerk eines Wirtschaftsprüfers, richtet sich neuerlich gegen die Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen gesetzlichen Regelung und vermag keine Zweifel an der dargelegten bisherigen Rechtsprechung zu begründen (vgl auch 6 Ob 69/02v).

Die Befürchtungen der Rechtsmittelwerber, die Bekanntgabe detaillierter Informationen könnte zu abgestimmten Verhaltensweisen führen, übersieht, dass (selbst wenn man die Offenlegung als Bekanntgabe “vertraulicher Informationen" qualifizieren möchte) nicht schon die Bekanntgabe, sondern erst das darauf abgerstimmte Verhalten zu Art 81 EG in Widerspruch treten könnte.

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