OGH 7Ob54/02w

OGH7Ob54/02w17.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Peter Resch, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch und Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen S 648.956,45 (= EUR 47.161,50) sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5. Dezember 2001, GZ 2 R 41/01s-27, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

In der Zulassungsbeschwerde macht die Revisionswerberin geltend, die Entscheidung des Berufungsgerichtes (dass die von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen mangels ordnungsgemäßer, innerhalb angemessener Frist erhobenen Mängelrügen gemäß Art 39 Abs 1 UN-K nicht zu Recht bestünden) stehe im Widerspruch zur oberstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach der Käufer gemäß Art 44 UN-K den Preis nach Art 50 UN-K herabsetzen oder Schadenersatz verlangen könne, wenn er eine vernünftige Entschuldigung dafür habe, dass er die erforderliche Anzeige unterlassen habe. Eine vernünftige Entschuldigung liege vor, wenn der Verkäufer deutlich zum Ausdruck gebracht habe, an einer rechtzeitigen Rüge nicht interessiert zu sein. Darüber hinaus könne der Verkäufer auch stillschweigend auf den Einwand der Verspätung der Mängelrüge verzichten. Das Berufungsgericht übersehe auch die oberstgerichtliche Rechtsprechung, dass Art 39 UN-K nur zur Anwendung komme, wenn von den Vertragsparteien keine anderweitige Vereinbarung getroffen werde. Eine solche abweichende Vereinbarung sei jedoch nach den erstgerichtlichen Feststellungen mit der Garantievereinbarung vom 13. 2. 1989 getroffen worden. Darin sei vom Erfordernis einer rechtzeitigen Rüge nicht die Rede. Die klagende Partei habe im Rahmen der Geschäftsbeziehung auch laufend ohne ordnungsgemäße Rügen die Schadenersatzforderungen der Beklagten akzeptiert. Die Berufung auf die Einhaltung der Rügeformalitäten widerspreche daher auch Treu und Glauben und liege jedenfalls auch eine vernünftige Entschuldigung für das Unterbleiben der Mängelrüge im Sinne der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 2 Ob 191/98x vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes weiche damit von der zitierten oberstgerichtlichen Rechtsprechung ab, weshalb die außerordentliche Revision zulässig sei.

Mit diesen Ausführungen vermag die Revisionswerberin eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bzw eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von oberstgerichtlicher Judikatur nicht aufzuzeigen:

Rechtliche Beurteilung

Eine "vernünftige Entschuldigung" iSd Art 44 UN-K kann dann vorliegen, wenn der Käufer die Mängelanzeige aus Gründen unterlassen hat, die einen durchschnittlichen Käufer im redlichen Geschäftsverkehr nachgesehen werden können, und wenn er dabei mit der ihm nach den Umständen subjektiv zuzumutenden Sorgfalt gehandelt hat. An diese Ausnahmevorschrift ist ein strenger Maßstab anzulegen (2 Ob 191/98x, RIS-Justiz RS0111003). Ob die Voraussetzungen einer "vernünftigen Entschuldigung" gegeben sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist daher nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Davon kann hier keine Rede sein: Dass mit der Garantievereinbarung vom 13. 2. 1989 auf das Erfordernis der Erhebung einer Mängelrüge innerhalb angemessener Frist verzichtet worden wäre, lässt sich dem Wortlaut dieser Vereinbarung nicht entnehmen; dass das Erfordernis einer Mängelrüge innerhalb angemessener Frist darin nicht erwähnt wird, erlaubt keineswegs ohne weiteres den Schluss, die Klägerin habe darauf verzichtet: Bei der Beurteilung der Frage, ob ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist besondere Vorsicht geboten. Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS-Justiz RS0014190 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Ob nach den Umständen des Einzelfalles ein Verzicht anzunehmen ist oder nicht, stellt im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0107199).

Insgesamt vermag die Revisionswerberin ein Abweichen der berufungsgerichtlichen Entscheidung von der zitierten oberstgerichtlichen Judikatur (außer auf die Entscheidung 2 Ob 191/98x, ecolex 1999/98 wird in der ao Revision nur noch auf die Entscheidung 1 Ob 253/99x [soll heißen 1 Ob 223/99x], ecolex 2000, 565 hingewiesen) nicht aufzuzeigen; ein tauglicher Zulassungsgrund wird somit nicht dargetan.

Stichworte