OGH 4Ob60/02f

OGH4Ob60/02f9.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton H*****, vertreten durch Dr. Bernt Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Univ. Prof. Dr. Matthias Z*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 31.075,49 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.180,19 EUR), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Februar 2002, GZ 4 R 15/02s-64, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. Oktober 2001, GZ 5 Cg 125/98f-56, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte hat den Kläger am 11. und 12. 11. 1997 an beiden Augen mit der sogenannten LASIK-Methode operiert. Der Kläger begehrt zuletzt vom Beklagten 427.608,07 S (= 31.075,49 EUR) sA Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen kausalen Schäden aus der Lasik-Operation im November 1997, das Feststellungsbegehren hat er mit 30.000 S bewertet. Nach der Operation habe sich seine Sehleistung verschlechtert; er sei vom Beklagten über diese mögliche Folge der Operation nicht aufgeklärt worden, und hätte bei entsprechender Aufklärung die schädigende Operation niemals durchführen lassen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe die Operation fachgerecht durchgeführt und den Kläger gründlich und umfassend auch über alle möglichen Risken und Komplikationen aufgeklärt.

Das Erstgericht erkannte mit Teil- und Zwischenurteil vom 26. 4. 2001, dass der Beklagte dem Kläger für alle künftigen Schäden aus der Lasik-Operation am 12. 11. 1997 am linken Auge hafte und das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe; implizit wies es das darüber hinausgehende Feststellungsmehrbegehren, wonach der Beklagte dem Kläger auch für alle künftigen Schäden aus der Lasik-Operation am 11. 11. 1997 am rechten Auge zu haften habe, ab. Dieses Teil- und Zwischenurteil erwuchs in seinem klagsstattgebenden Teil unangefochten in Rechtskraft. Die - implizite - Abweisung des Feststellungsmehrbegehrens bekämpfte der Kläger mit Berufung, der das Berufungsgericht Folge gab und mit Beschluss vom 20. 9. 2001, GZ 4 R 209/01v-55, das angefochtene Teil- und Zwischenurteil im Umfang der Abweisung des Feststellungsmehrbegehrens betreffend die begehrte Haftung für alle künftigen Schäden aus der Lasik-Operation am rechten Auge im November 1997 aufhob und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies.

Das Erstgericht stellte mit dem nunmehr angefochtenen Teilurteil fest, dass der Beklagte dem Kläger auch für alle künftigen Schäden aus der Lasik-Operation am 11. 11. 1997 am rechten Auge hafte.

Das Berufungsgericht wies die gegen dieses Urteil gerichtete fristgerecht eingebrachte Berufung des Beklagten, die sich nur auf die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung stützt, als unzulässig zurück. Gemäß § 501 Abs 1 ZPO in der hier noch zur Anwendung kommenden Fassung der WGN 1997 könne ein Urteil nur wegen Nichtigkeit und wegen einer ihm zugrundeliegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache angefochten werden, wenn das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geld oder Geldeswert 26.000 S nicht übersteige. Mit dem angefochtenen Teilurteil habe das Erstgericht über einen Teil des vom Kläger mit insgesamt 30.000 S bewerteten Feststellungsbegehrens entschieden, wobei das gesamte Feststellungsbegehren die Haftung für die Lasik-Operationen an beiden Augen betreffe und nunmehr nur noch über die Haftung für nachteilige Folgen aus der Operation am rechten Auge zu entscheiden gewesen sei. Dementsprechend entfalle auf diesen Teil des Feststellungsbegehrens ein Streitwert von 15.000 S. Eine offensichtliche Unterbewertung des Feststellungsbegehrens durch den Kläger liege nicht vor, weil selbst bei Heranziehung des Zweifelsstreitwertes nach § 56 Abs 2 JN der anteilige, die Haftung für nachteilige Folgen der Operation am rechten Auge betreffende Streitwert 26.000 S nicht überstiege. Eine offensichtliche Unterbewertung sei vom Beklagten auch nie geltend gemacht worden. An die vom Kläger vorgenommene Bewertung seines Feststellungsbegehrens sei das Berufungsgericht daher gebunden. Dass der Streitwert ursprünglich höher gelegen sei und infolge Fällung zweier Teilurteile unter die Grenze des § 501 ZPO gesunken sei, könne nicht dazu führen, den ursprünglichen Gesamtstreitwert als maßgeblich zu erachten. Dieser Fall liege nicht anders, als hätte der Beklagte den Klageanspruch zum Teil erfüllt und der Kläger sein Begehren sodann entsprechend eingeschränkt. Es komme also nur auf den Streitgegenstand bei Urteilsfällung an, welcher 26.000 S nicht übersteige. Der Beklagte sei daher gem § 501 ZPO auf die Berufungsgründe der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beschränkt, die er aber weder seiner Erklärung noch dem Inhalt seines Rechtsmittels nach geltend mache. Die Berufung sei daher als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist zulässig, weil gegen den Beschluss, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung zurückweist, der Rekurs ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes erhoben werden kann (SZ 65/157; 4 Ob 2134/96v = RZ 1997/56 mwN); das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals unter Ablehnung der Lehrmeinungen von Fasching (Lehrbuch² Rz 1837) und Fucik (RZ 1984, 54 ff [60]) dargelegt, dass in Rechtsstreitigkeiten mit einem 15.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand Berufungen, in denen ausschließlich andere als die in § 501 Abs 1 ZPO genannte Berufungsgründe geltend gemacht werden, als unzulässig zurückzuweisen sind (SZ 65/157; 4 Ob 2134/96v = RZ 1997/56 ua). Eine sachliche Entscheidung ist nur dann zu treffen, wenn zulässige Berufungsgründe geltend gemacht und ausgeführt werden (RZ 1997/56). An dieser Rechtsmeinung ist festzuhalten.

Die Berufung beschränkt sich ihrem Inhalt nach ausschließlich auf Ausführungen zu den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung. Die Zurückweisung durch das Berufungsgericht erfolgte daher mit Rücksicht auf § 501 Abs 1 ZPO zu Recht.

Die vom Beklagten vertretene Auffassung, es sei von einer Bewertung mit 30.000 S auszugehen, übersieht, dass im zweiten Rechtsgang nur mehr jener Teil des Feststellungsbegehrens streitanhängig war, der sich auf das rechte Auge bezieht. Hat nun aber der Kläger die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden an beiden Augen mit 30.000 S bewertet, ist es mangels anderer Anhaltspunkte nicht unsachlich, davon auszugehen, dass auf die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden nur am rechten Auge die Hälfte dieses Betrags entfällt. Im Übrigen hatte der Beklagte selbst sein Berufungsinteresse mit 15.000 S bewertet (S 405 in 421).

Der Ansicht des Rekurswerbers, das Berufungsgericht habe seiner aufhebenden - und damit inhaltlich absprechenden - Entscheidung im ersten Rechtsgang eine andere Rechtsmeinung zur Rechtsmittelzulässigkeit zugrunde gelegt, an die es nunmehr gebunden sei, ist entgegenzuhalten, dass das erstgerichtliche Teil- und Zwischenurteil vom 26. 4. 2001 seinem Inhalt nach über das Leistungsbegehren dem Grunde nach sowie über das Feststellungsbegehren betreffend beide Augen abgesprochen hat; der Streitgegenstand dieses Urteils lag demnach - anders als im zweiten Rechtsgang - über der Grenze des in § 501 Abs 1 ZPO genannten Betrags, weshalb diese Rechtsmittelbeschränkung dort nicht zur Anwendung gelangen konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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