OGH 10ObS75/02f

OGH10ObS75/02f19.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Günther Degold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Peter P*****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. November 2001, GZ 10 Rs 303/01d-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. Mai 2001, GZ 11 Cgs 215/00p-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 19. 4. 1969 geborene Kläger ist in seinem ersten Lebensjahr an Meningitis erkrankt. Im Vordergrund seines Beschwerdebildes stehen ein organisches Psychosyndrom mittleren Grades, eine hochgradige intellektuelle Mangelbegabung, ein psychisches Abbaugeschehen sowie eine sehr unzureichende Aggressions-, Impuls- und Verhaltenskontrolle mit affektiven Ausbrüchen und stark reduzierter Einordenbarkeit. Der Kläger war von 3. 12. 1984 bis 31. 10. 1999 bei seinem Vater Helmut P***** in dessen Hufschmiedbetrieb tätig. Er hat hiebei 179 Monate der Pflichtversicherung erworben; weiters liegen 10 Monate einer Ersatzzeit vor.

Der Kläger ist zur Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in der Lage. Dies gilt bereits für den Zeitraum ab 1984.

Mit Bescheid vom 13. 11. 2000 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 28. 8. 2000 auf Gewährung der Invaliditätspension mit der Begründung ab, dass ein bereits vor Eintritt in das Berufsleben eingetretener und damit in das Versicherungsverhältnis mitgebrachter, im Wesentlichen unveränderter Zustand nicht zum Eintritt des Versicherungsfalls der Invalidität führen könne.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage im Hinblick auf die den Ausschluss vom Arbeitsmarkt bedingende psychische Behinderung ab, die bereits seit dem Eintritt in das Berufsleben unverändert vorhanden sei. Ebenso wie bei seinem Vater sei der Kläger auf ein besonderes Entgegenkommen des Dienstgebers angewiesen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sah die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht als gegeben an, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass bereits bei Beginn der Erwerbstätigkeit bestehende Behinderungen, die im Wesentlichen in unveränderter Form weiter bestünden, den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nicht begründen könnten. Im Hinblick auf die Grunderkrankung, die von vornherein zu einem Ausschluss des Klägers vom allgemeinen Arbeitsmarkt geführt habe, müsse eine allfällige zusätzliche weitere Verschlechterung durch Hinzutreten einer Depression nicht näher geprüft werden.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Wie der Kläger selbst einräumt, können die vom Berufungsgericht verneinten und nun in der Revision neuerlich gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061). Davon abgesehen resultiert die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der aufgenommenen Beweise aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (RIS-Justiz RS0043061 [T11]). Die Ausführungen der Mängelrüge stellen daher den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der das Leistungskalkül betreffenden Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar (10 ObS 409/98i; 10 ObS 3/99k), nach denen bereits bei Aufnahme der Berufstätigkeit ein Ausschluss vom allgemeinen Arbeitsmarkt bestand. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist zutreffend, sodass es genügt, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit hat zur Voraussetzung, dass eine zuvor bestandene Arbeitsfähigkeit, durch nachfolgende Entwicklungen beeinträchtigt wurde (SZ 61/187 = SSV-NF 2/87 uva). Ein bereits vor Beginn der Erwerbstätigkeit eingetretener und damit in das Versicherungsverhältnis mitgebrachter, im Wesentlichen unveränderter körperlicher oder geistiger Zustand kann deshalb bei Leistungen aus den Versicherungsfällen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht zum Eintritt des Versicherungsfalls führen (SSV-NF 1/67, 2/60 uva).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

Stichworte