Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Klagsforderung wird von der klagenden Partei darauf gestützt, dass sie der Beklagten mit Anwartschaftsvertrag vom 20. 7. 1999 eine Eigentumswohnung in Kufstein um einen Kaufpreis von S 3,350.000,-- verkauft habe; in der Folge habe die Beklagte aus privaten Gründen den Vertrag nicht zugehalten, wodurch der klagenden Partei ein Schaden entstanden sei. Die Beklagte habe den Anwartschaftsvertrag blanko unterfertigt und der klagenden Partei zur weiteren Ausfüllung übergeben.
Das Erstgericht sprach der klagenden Partei S 631.698,02 s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 31.797,40 s.A. ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Beklagte zur Zahlung von S 570.330,02 verpflichtete, während das Mehrbegehren von (insgesamt) S 93.165,40 s.A. rechtskräftig abgewiesen wurde.
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass es am 20. 7. 1999 zwischen dem Geschäftsführer der klagenden Partei und der Beklagten zu einer definitiven, bedingungs- und vorbehaltlosen Einigung über den Kauf der Wohnung um S 3,350.000,-- durch die Beklagte kam. Die Beklagte unterfertigte den Anwartschaftsvertrag, der nur unter der Rubrik "Käuferin" von ihr ausgefüllt wurde, im übrigen aber weder den Vertragsgegenstand noch den Kaufpreis noch die Zahlungsbedingungen enthielt. Sie fügte ihrer Unterschrift "(mit Vorbehalt)" bei, wobei sich dieser Zusatz nicht auf den Abschluss des Vertrages als solchen, sondern auf die ursprünglich besprochene Fälligkeit des Kaufpreises mit 1. 8. 1999 bezog. Die Beklagte wies nämlich darauf hin, dass sie erst am 15. 8. 1999 bezahlen könne, womit der Geschäftsführer der klagenden Partei einverstanden war.
Zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der klagenden Partei war vereinbart, dass dieser den Anwartschaftsvertrag gemäß den am 20. 7. 1999 getroffenen Vereinbarungen fertig ausfüllt. Dem entsprechend fügte der Geschäftsführer der klagenden Partei in das Formular als Vertragsgegenstand die bestimmte Bezeichnung der Wohnung, den Kaufpreis und unter der Rubrik "Zahlungsbedingungen" die Fälligkeit des Kaufpreises mit 15. 8. 1999 ein.
Der Punkt 7) des Anwartschaftsvertrages lautet unter der Überschrift "Schriftlichkeit": "Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages oder der essentiellen Bestandteile müssen, um verbindlich zu sein, schriftlich erfolgen."
Dem Einwand der Beklagten, aus dem Schriftlichkeitserfordernis folge, dass die vom Geschäftsführer der klagenden Partei handschriftlich eingefügten Zusätze nicht von der Unterschrift der Beklagten gedeckt seien, entgegnete das Berufungsgericht, dass die handschriftlichen Zusätze keine abweichenden Vereinbarungen bzw Vertragsbestandteile zum Inhalt hätten; vielmehr sei nur dasjenige schriftlich festgehalten worden, was die Streitparteien zuvor bereits mündlich vereinbart hätten.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Die Beklagte führt zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels aus, das Berufungsgericht sei von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage des Formerfordernisses im Falle eines rechtsgeschäftlichen (gewillkürten) Schriftlichkeitsgebotes abgegangen. Das Schriftlichkeitserfordernis müsse konsequenterweise nicht nur für (nachträgliche) Veränderungen und Ergänzungen, sondern insbesondere auch für den Anwartschaftsvertrag selbst in seiner ursprünglichen Fassung gelten.
Abgesehen davon, dass der Punkt 7) des Anwartschaftsvertrages nach seinem Wortlaut das Schriftlichkeitsgebot nur auf "Änderungen und Ergänzungen" des Vertrages" bezieht, ist nicht erkennbar, wodurch das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Judikatur zu den Formerfordernissen im Falle eines gewillkürten Schriftlichkeitsgebots abgewichen wäre. Die Beklagte vermengt offensichtlich Schriftlichkeit (im Sinne von "Unterschriftlichkeit" nach § 886 ABGB) mit der hier relevanten Befugnis einer Vertragspartei, eine unterfertigte, aber unvollständige Urkunde zu vervollständigen. Die solcherart zulässig und vereinbarungsgemäß vervollständigte Urkunde genügt dem Schriftlichkeitsgebot und bildet im Rechtsverkehr eine Erklärung dessen, der die Unterschrift geleistet hat (RdW 1987, 369). Da die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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