OGH 5Ob61/02k

OGH5Ob61/02k12.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der in der Grundbuchssache der Antragstellerin R***** registrierte Genossenschaft mbH, ***** wegen Vornahme von Grundbuchseintragungen in der EZ ***** GB*****, infolge Revisionsrekurses der Agrarbezirksbehörde für Oberösterreich, Dienststelle Linz, Knabenseminarstraße 2, 4040 Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 28. November 2001, AZ 22 R 416/01k, womit der Rekurs der Agrarbezirksbehörde für Oberösterreich gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Eferding vom 1. Oktober 2001, TZ 2216/01, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Über Begehren der Antragstellerin bewilligte das Erstgericht aufgrund der Pfandurkunde mit Vorrangseinräumungserklärung vom 21. 9. 2001 im Lastenblatt der EZ ***** GB ***** des Bezirksgerichtes ***** die Einverleibung des Pfandrechts für gewährte und künftig zu gewährende Kredite im Höchstbetrag von S 1,000.000 zugunsten der R***** registrierte Genossenschaft mbH sowie die Einverleibung des Vorrangs des genannten Pfandrechts vor dem in ClNr 11a einverleibten Wohnungsrecht gemäß Punkt 3a des Übergabsvertrags vom 21. 12. 2000 für Friederike S*****, geboren am *****.

Gegen den bezeichneten erstgerichtlichen Bewilligungsbeschluss richtete sich der Rekurs der Agrarbezirksbehörde für Oberösterreich, mit dem geltend gemacht wurde, dass der erstgerichtliche Beschluss mit dem anhängigen Flurbereinigungsverfahren unvereinbar sei. Friederike S*****, die bücherliche (Vor-)Eigentümerin habe nämlich im Rahmen des anhängigen und im Grundbuch angemerkten Flurbereinigungsverfahrens das Grundstück Nr 1108/5 der EZ ***** KG ***** an die Ehegatten Friedrich und Herta M***** lastenfrei veräußert.

Gemäß § 44 Abs 1 FlVfGG und § 96 Abs 1 OÖ FLG habe die Anmerkung der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens die Wirkung, dass jedermann die Ergebnisse des Verfahrens gegen sich gelten lassen müsse. Gemäß §§ 50 Abs 1, 43 Abs 1 FlVfGG und § 94 Abs 1 OÖ FLG dürfe vom Einlangen der Mitteilung über die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens an bis zum Abschluss des Verfahrens in den Grundbuchseinlagen über den das Flurbereinigungsgebiet bildenden Grundbuchskörper keine bücherliche Eintragung vorgenommen werden, die mit der durchzuführenden Flurbereinigung unvereinbar sei. Das Grundbuchsgericht habe alle während dieses Zeitraums einlangenden sowie die schon vorher eingelangten aber noch nicht erledigten Grundbuchsgesuche samt allen Beilagen mit dem Entwurf des zu erlassenden Grundbuchsbescheides der Agrarbehörde zu übermitteln. Finde die Agrarbehörde, dass die beantragte und nach dem entworfenen Grundbuchsbescheid vom Gericht für zulässig gehaltene Eintragung mit der Flurbereinigung vereinbar sei, so habe sie ihre Zustimmung unverzüglich dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben (§ 45 Abs 1 FlVfGG, § 97 Abs 1 OÖ FLG). Andernfalls habe sie durch Bescheid auszusprechen, dass die Eintragung mit der Flurbereinigung unvereinbar sei, wobei der Bescheid dem Gesuchssteller, dem bücherlichen Eigentümer und gegebenenfalls demjenigen, dem das betreffende Grundstück als Abfindung zukommen solle, zuzustellen und nach Eintritt der Rechtskraft dem Gericht unter Rückstellung des Gesuches und des Entwurfes des Grundbuchsbescheides mitzuteilen sei (§ 45 Abs 2 FlVfGG, § 97 Abs 2 OÖ FLG). Das Grundbuchsgericht sei an die Entscheidung der Agrarbehörde kraft gesetzlicher Anordnung gebunden und habe sie seiner Entscheidung zugrundezulegen (§ 45 Abs 2 letzter Satz FlVfGG, § 97 Abs 3 OÖ FLG).

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Agrarbehörde mit der Begründung zurück, es fehle dieser an der Rekurslegitimation, weil das Grundbuchsgericht auch im Rahmen der oben zitierten Flurverfassungsbestimmungen von Amts wegen vorzugehen habe. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG für zulässig, weil aus jüngerer Zeit keine höchstgerichtliche Judikatur zur Rekurslegitimation der Agrarbehörden bei ohne ihre gesetzlich vorgeschriebene Anhörung und trotz Anmerkung des Flurbereinigungsverfahrens vorgenommenen Grundbuchseintragungen fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Agrarbezirksbehörde für Oberösterreich mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschluss im Sinne einer Aufhebung der verfügten Zurückweisung. Hilfsweise wird beantragt, auch den Beschluss des Erstgerichtes aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgangsweise aufzutragen. Der Rekurs der Agrarbezirksbehörde ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig. Er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie den oben zitierten Bestimmungen des FlVfGG und der in dessen Ausführung ergangenen Bestimmungen des OÖ FLG klar zu entnehmen ist, ist ab der Mitteilung über die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens an das Grundbuchsgericht bis zu dessen Abschluss in sämtlichen Grundbuchseinlagen über die das Flurbereinigungsgebiet bildenden Grundbuchskörpern eine bücherliche Eintragung, die mit der durchzuführenden Flurbereinigung unvereinbar ist, nicht vorzunehmen. Durch die ausdrückliche gesetzliche Anordnung, dass das Grundbuchsgericht an die diesbezügliche Entscheidung der Agrarbehörde gebunden ist und sie seiner Entscheidung zugrundezulegen hat (§ 45 Abs 2 FlVfGG und § 97 Abs 3 OÖ FLG), ist die Entscheidung darüber, ob die begehrte bücherliche Eintragung mit der durchzuführenden Flurbereinigung unvereinbar ist oder nicht der Agrarbehörde vorbehalten.

Es ist im vorliegenden Fall darüber zu entscheiden, ob jener Behörde, der die ausschließliche Zuständigkeit über die (Vorfragen-)Entscheidung zugeordnet ist, ob begehrte Eintragungen mit der durchzuführenden Flurbereinigung vereinbar sind oder nicht, eine Befugnis zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen Grundbuchsbeschlüsse zukommt, wenn es auf die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 50 Abs 1, 43 Abs 1 und 45 Abs 2 FlVfGG und die entsprechenden landesgesetzlichen Bestimmungen der §§ 94 Abs 1, 97 Abs 1, 2 und 3 OÖ FLG abzielt.

Dies wurde zuletzt in SZ 30/41 mangels Parteistellung der Agrarbehörde im Grundbuchsverfahren verneint.

In ständiger Rechtsprechung wird judiziert, dass der Agrarbehörde gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes, mit denen dieses aufgrund der von der Agrarbehörde übersendeten Behelfe von Amts wegen die Richtigstellung des Grundbuchs vornimmt oder ablehnt, kein Rekursrecht zukommt (RIS-Justiz RS0058963). Anträge der Beteiligten - auch der Agrarbehörde - haben in solchen Verfahren nur die Bedeutung von Anregungen (dort § 47 Abs 2 FlVfGG und § 110 Abs 2 NÖ FLG [5 Ob 51/00m]).

Die hier zu beurteilenden bundes- und landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen, deren Einhaltung die Agarbehörde mit ihrem Rechtsmittel gewährleisten will, stellen sich nicht anders dar als solche, in denen die Bewilligung einer Verwaltungsbehörde als Voraussetzung für eine bücherliche Eintragung normiert ist. Die Zuordnung der rechtskräftigen Beurteilung der Vorfrage, ob eine begehrte Eintragung mit der durchzuführenden Flurbereinigung vereinbar ist an eine bestimmte Verwaltungsbehörde und die ausdrückliche gesetzliche Bindung des Grundbuchsgerichts an die Entscheidung dieser Behörde kommen im Ergebnis dem Erfordernis einer Bewilligung gleich. In solchen Fällen, etwa der erforderlichen Bewilligung der Agrarbehörde für eine Absonderung von einer Stammsitzliegenschaft (§ 17 Abs 2 FlVfGG und § 38 Abs 2 TFLG), wurde vom Obersten Gerichtshof wiederholt eine Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde bejaht, wenn das Rechtsmittel auf die Einhaltung der bezeichneten gesetzlichen Bestimmungen abzielte (JBl 1950, 186; EvBl 1978/167; SZ 4/135; RIS-Justiz RS0006663).

Anders als dort, wo eine Agrarbehörde bei der Richtigstellung des Grundbuchs nach agrarischen Operationen keine Rekurslegitimation zuerkannt wird, lässt sie sich hier mit jenen Entscheidung belegen, die den Agrarbehörden zur Wahrung eigener (öffentlicher) Interessen das Recht zur Anfechtung von Grundbuchsbeschlüssen zugebilligt haben (vgl auch NZ 1977, 118; EvBl 1978/167; NZ 1981, 175, NZ 1986, 43; vgl auch Feil, Grundbuchsgesetz³ Rz 17 zu § 122).

In diesem Sinn hat der erkennende Senat erst kürzlich in seiner Entscheidung 5 Ob 25/02s erkannt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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