OGH 7Ob305/57

OGH7Ob305/5710.7.1957

SZ 30/41

Normen

Außerstreitgesetz §9 Grundbuchsgesetz 1955 §123 Grundbuchsgesetz 1955 §126
Außerstreitgesetz §9 Grundbuchsgesetz 1955 §123 Grundbuchsgesetz 1955 §126

 

Spruch:

Die Agrarbehörde hat in einem Grundbuchsverfahren, das trotz Anmerkung eines Zusammenlegungsverfahrens ohne ihre Anhörung durchgeführt wird, keine Parteistellung und kann den Grundbuchsbeschluß nicht mit Rekurs bekämpfen.

Entscheidung vom 10. Juli 1957, 7 Ob 305/57.

I. Instanz: Bezirksgericht Wolfsberg; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

In EZ. 16 KG. Klein-R. ist die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens in Ansehung der zum Gutsbestande der Einlage gehörenden Grundstücke angemerkt.

Mit Beschluß des Erstgerichtes als Grundbuchsgerichtes wurden dessen ungeachtet auf Grund des Kaufvertrages vom 23. Dezember 1952, des Lageplanes vom 2. Mai 1950 und der Freilassungserklärung vom 5. Februar, 29. April und 20. Mai 1953 a) die Berichtigung der Grundbuchsmappe hinsichtlich der Grundstücke 583, 586/1 Wiesen und 762 Bach angeordnet, b) das Grundstück 586/1 Wiese in die Grundstücke 586/1 und 586/3 Wiesen untergeteilt und c) die Grundstücke 586/3 Wiese und 28/2 Baufläche von der EZ. 16 KG. Klein-R. lastenfrei abgeschrieben, für sie eine neue Einlage eröffnet und bei dieser neuen EZ. 101 KG. Klein-R. das Eigentumsrecht für Stefan B. einverleibt. Ein Beschlußentwurf im Sinne der vom Erstgericht bewilligten grundbücherlichen Eintragungen wurde vor Fassung des erstgerichtlichen Beschlusses der Agrarbehörde nicht übermittelt. Am 27. Oktober 1954 wurde ob EZ. 101 KG. Klein-R. auf Grund der güterrechtlichen Vereinbarung vom 10. Juni 1954 das Eigentumsrecht für Anna B. und das Belastungs- und Veräußerungsverbot für Stefan B. einverleibt.

Am 18. April 1957 erhob die Agrarbezirksbehörde K. gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 2. April 1953, der ihr am 12. April 1957 zugestellt worden war, Rekurs, in dem unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 96 und 98 des Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG.), LGBl. für Kärnten Nr. 7/1936, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt wurde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse teilweise Folge und hob den Beschluß des Erstgerichtes in seinen Punkten b) und c) auf. Im übrigen gab es dem Rekurs keine Folge. Es ordnete gleichzeitig die Anmerkung der Rekursentscheidung in den EZ. 16 und 101 KG. Klein-R. an und trug dem Erstgericht als Grundbuchsgericht in Ansehung der in den Punkten b) und c) des erstgerichtlichen Beschlusses angeführten Grundstücke auf, das Grundbuchsgesuch mit dem Entwurf des zu erlassenden Grundbuchsbescheides der Agrarbezirksbehörde K. zu übermitteln. Es erachtete die Legitimation der Agrarbezirksbehörde zur Rekurserhebung im Hinblick auf § 9 AußStrG. für gegeben, weil im Zusammenlegungsgebiet gemäß den §§ 96 und 98 FLG. eine bücherliche Eintragung nur mit Zustimmung der Agrarbehörde erfolgen könne. Diese sei daher von Gesetzes wegen berechtigt und verpflichtet, einzuschreiten, wenn bücherliche Eintragungen die Durchführung des Zusammenlegungsverfahrens hindern. Sie sei daher als Partei kraft Amtes durch den den Bestimmungen der genannten Gesetzesstellen widersprechenden Grundbuchsbeschluß beschwert, weshalb ihr die Befugnis zum Rekurs zustehe. Damit stehe die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl. 1957 Nr. 116 nicht im Widerspruch. Denn dort werde der Agrarbehörde die Berechtigung zum Rekurse gegen die Verbücherung der Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens versagt, weil es sich um ein Verfahren handle, das ohnedies von Amts wegen durchzuführen sei. Im vorliegenden Falle gehe es aber darum, das Zusammenlegungsverfahren zu ermöglichen. Der angefochtene Beschluß stehe mit den Bestimmungen der §§ 96, 98 FLG. im Widerspruch, soweit die Unterteilung und Abschreibung von Grundstücken bewilligt wurde. Da es das Erstgericht unterlassen habe, gemäß § 96 Abs. 2 FLG. die Stellungnahme der Agrarbehörde einzuholen, sei der Beschluß des Erstgerichtes, soweit er die Unterteilung und Abschreibung bewilligte, aufzuheben gewesen. Die Aufhebung stehe mit den Bestimmungen der §§ 126 ff. GBG. 1955, die nur eine abändernde oder bestätigende Entscheidung vorsehen, nicht im Widerspruch, weil diese Bestimmungen davon ausgingen, daß das Gericht in Grundbuchssachen in der Regel ohne Zwischenerledigung zu entscheiden habe, § 96 Abs. 2 FLG. aber die Zwischenerledigung ausdrücklich vorschreibe. Der Oberste Gerichtshof wies in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Rekurs der Agrarbehörde K. zurück und stellte den erstrichterlichen Beschluß vollständig wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 102 des durch Gesetz vom 1. August 1950, LGBl. für Kärnten Nr. 16, wieder in Geltung gesetzten Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG.) vom 7. Dezember 1935, LGBl. Nr. 7/1936, ist der Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Einleitung eines Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regelungsverfahrens und über den Abschluß eines solchen Verfahrens u. a. dem Grundbuchsgericht von der Agrarbehörde mitzuteilen. Das Grundbuchsgericht hat die Einleitung des Verfahrens bei den betreffenden Grundbuchseinlagen ersichtlich zu machen (§ 97 l. c.). Vom Einlangen der erwähnten Mitteilung an bis zum Abschluß des Verfahrens darf in den Grundbuchseinlagen keinerlei Eintragung vorgenommen werden, die mit der durchzuführenden Zusammenlegung, Teilung oder Regelung unvereinbar ist (§ 96 Abs. 1 l. c.). Um dies zu gewährleisten, hat das Grundbuchsgericht alle während des erwähnten Zeitraumes einlangenden sowie die schon vorher eingelangten, aber noch nicht erledigten Grundbuchsgesuche mit dem Entwurfe des zu erlassenden Grundbuchsbescheides der Agrarbehörde zu übermitteln. Die Agrarbehörde hat ihre Zustimmung unverzüglich dem Grundbuchsgericht bekanntzugeben, falls sie die vom Gericht für zulässig gehaltene Eintragung mit der Zusammenlegung, Teilung oder Regelung vereinbar hält (§ 98 Abs. 1 l. c.); andernfalls hat sie durch Bescheid auszusprechen, daß die Eintragung mit der Zusammenlegung, Teilung oder Regelung unvereinbar ist. Der Bescheid ist nach Eintritt der Rechtskraft dem Gericht mitzuteilen, das an die Entscheidung der Agrarbehörde gebunden ist und sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 98 Abs. 2 l. c.). Die Vorschriften der §§ 96, 97 und 98 FLG. für Kärnten gelten auch für das Gericht zweiter Instanz und den Obersten Gerichtshof, wenn eine in der Vorinstanz vor Einlangen der Mitteilung über die Einleitung des Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regelungsverfahrens verweigerte Eintragung im Rekurswege bewilligt werden soll (§ 99 l. c.). Aus allen diesen Bestimmungen kann nicht entnommen werden, daß der Agrarbehörde die Stellung eines Beteiligten im Grundbuchsverfahren zukommt. Sie hat keine Anträge zu stellen, sondern ihre Bescheide dem Gericht nur mitzuteilen. Das Gericht hat nach § 96 FLG. von Amts wegen vorzugehen. Gerade daraus ergibt sich aber, daß der Agrarbehörde kein Rekursrecht zusteht. Sie kann die Verletzung der zuletzt angeführten Gesetzesbestimmung und somit die Unterlassung der Einholung ihres in § 98 FLG. vorgesehenen Bescheides nicht mittels Rekurses gegen die Bewilligung des Grundbuchsgesuches geltend machen. Es steht ihr nur zu, ein allenfalls abgeschriebenes Grundstück in das bei ihr anhängige Verfahren einzubeziehen und hievon sodann dem Grundbuchsgericht Mitteilung zu machen (§ 97 Abs. 2 l. c.). Auch mit der Wahrnehmung öffentlicher Interessen läßt sich die Rekurslegitimation der Agrarbehörde nicht begrunden, weil es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt, die ihr ein Beschwerderecht zur Wahrung öffentlicher Interessen einräumt. Es sei in diesem Zusammenhang nur darauf verwiesen, daß auch die Grundverkehrskommission öffentliche Interessen zu wahren hat, ihr aber dennoch kein Rekursrecht zusteht, wenn ihre Zustimmung entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht eingeholt wurde. Auch dem Pflegschaftsgericht steht ein Rekursrecht nicht zu, wenn zu Lasten eines Pflegebefohlenen ohne die erforderliche pflegschaftsbehördliche Genehmigung zugunsten eines Vertragspartners des Pflegebefohlenen ein bücherliches Recht einverleibt wurde. Es geht daher nicht an, den Agrarbehörden ein Rekursrecht gegen die Entscheidungen des Grundbuchsgerichtes einzuräumen. Soweit in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1950 S. 186 eine mit der vorstehenden Ansicht im Widerspruch stehende Rechtsmeinung zum Ausdruck kommt, wird sie nicht aufrechterhalten.

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