OGH 5Ob32/02w

OGH5Ob32/02w12.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Mag. Robert G*****, vertreten durch Haarmann, Hemmelrath, Hügel, Dr. Gregor Schett & Dr. Andreas Manak, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Peter K*****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und 12 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Oktober 2001, GZ 39 R 285/01b-67, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Juli 2001, GZ 45 Msch 51/98f-61, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Mieter der Wohnung top Nr 5 im Haus ***** in*****, der Antragsgegner Eigentümer dieses Hauses. Mit Antrag vom 24. 10. 1997, gerichtet an die zuständige Schlichtungsstelle, begehrte der Antragsteller festzustellen, dass durch die Vorschreibung eines bestimmten Hauptmietzinses das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wurde. Diesem Feststellungsbegehren wurde keine zeitliche Einschränkung der Mietzinsüberprüfung zu bestimmten Zinsterminen hinzugefügt. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 17. 12. 1998 lautete dahin, dass eine monatliche Mietzinsüberschreitung von S 4.726,30 für den Zeitraum September 1996 [Mietvertragsabschluss] bis Oktober 1997 [Anrufung der Schlichtungsstelle] festgestellt wurde. Nach Anrufung des Gerichtes stellte das Erstgericht mit Teilsachbeschluss vom 8. 3. 2001 (ON 56) fest, dass der Antragsgegner dem Antragsteller gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung eines Betrages von S 8.800 in der Zeit von September 1996 bis Oktober 1997 monatlich um S 4.157,49 überschritten habe. Dieser Teilsachbeschluss ist seit 20. 4. 2001 rechtskräftig. In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung vom 11. 5. 2001 (ON 58) stellte der Antragsteller einen Zwischenantrag auf Feststellung dahin, dass auf das gegenständliche Bestandverhältnis hinsichtlich der Mietzinsbildung § 46c MRG nicht anwendbar sei, dass die Mietzinsbildung nach dem Richtwert zu erfolgen habe und die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses unzulässig sei. Mit Sachbeschluss vom 17. 7. 2001 (ON 61) stellte das Erstgericht über den bezeichneten Zwischenantrag auf Feststellung fest: "Es wird festgestellt, dass § 46c MRG auf das zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner am 24. 7. 1996 abgeschlossene Mietverhältnis mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht anwendbar ist. Weiters festgestellt, dass die Mietzinsbildung für das vorgenannte Mietverhältnis nach § 16 Abs 2 MRG in der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung geltenden Fassung zu erfolgen hat (Richtwertmietzins). Weiters wird festgestellt, dass die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses für das vorgenannte Mietverhältnis unzulässig und unwirksam ist".

Das Erstgericht begründete diese Entscheidung damit, dass der verfahrenseinleitende Antrag vor der Schlichtungsstelle sich auf Überprüfung des Hauptmietzinses gerichtet habe und nicht nur den im Teilsachbeschluss bezeichneten Zeitraum September 1996 bis Oktober 1997 betroffen habe, sondern ein Feststellungsbegehren ohne zeitliche Einschränkung enthalten habe. Der rechtskräftige Teilsachbeschluss vom 8. 3. 2001 habe aber nur über die bezeichnete Überschreitungsperiode abgesprochen und nicht zur Gänze über den verfahrenseinleitenden Antrag.

Einem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, dass der Zwischenantrag zurückgewiesen wurde. Der verfahrenseinleitende Antrag habe sich im Zeitpunkt der Anrufung der Schlichtungsstelle nur auf den vor der Antragstellung liegenden Zeitraum, also auf jenen von September 1996 bis Oktober 1997 beziehen können. Eine Ausdehnung auf weitere Zinsperioden, die während des anhängigen Schlichtungsstellenverfahrens möglich gewesen wäre, sei jedoch unterblieben. Zu Recht habe sich das Erstgericht daher in seinem Teilsachbeschluss vom 8. 3. 2001 auf die Mietzinsüberschreitung für den angeführten Zeitraum beschränkt. Dadurch sei der verfahrenseinleitende Antrag vollständig und abschließend erledigt worden. Als "Teilsachbeschluss" sei diese Entscheidung zutreffenderweise deshalb bezeichnet worden, weil Fragen von Betriebskostenvorschreibungen noch offen gewesen seien. Dem erst nach Rechtskraft des die Hauptmietzinsfrage erledigenden Teilsachbeschlusses gestellten Zwischenantrag auf Feststellung mangle es daher an der erforderlichen Präjudizialität, sodass er zurückzuweisen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 nicht übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO vorliege.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragt, den Revisionsrekurs des Antragstellers zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist die Aufhebung einer erstgerichtlichen Entscheidung über einen Zwischenantrag auf Feststellung und dessen Zurückweisung durch das Rekursgericht in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG jedenfalls anfechtbar (WoBl 1992/108). Diese Anfechtbarkeit besteht unabhängig von der Höhe des Streitwerts, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen des Revisionsrekurses nicht eingegangen werden muss.

Dass sich das Rekursgericht in der Bezeichnung des Zurückweisungsbeschlusses als "Sachbeschluss" vergriffen hat, vermag im Übrigen keine Nichtigkeit zu bewirken.

Auch die behauptete Mangelhaftigkeit im Sinn einer Aktenwidrigkeit ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen, hat es doch nicht den verfahrenseinleitenden Antrag unrichtig wiedergegeben, sondern, wie im Folgenden auszuführen sein wird, in unrichtiger rechtlicher Beurteilung eine Auslegung des Antragsinhalts vorgenommen, die nicht zu billigen ist.

Im Bereich der Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG steht es dem Antragsteller frei, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses pro futuro oder aber zu bestimmten Zinsterminen, was meist in Form der "Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes" wie dies nach § 12 Abs 4 MG vorgesehen war, zu begehren. Er kann sich aber auch mit der Feststellung, dass der Hauptmietzins nach einer bestimmten gesetzlichen Vorschrift zu bilden ist begnügen, daneben ist noch die selbständige Feststellung von Kategorie oder Nutzfläche möglich (vgl Würth/Zingher Miet- und Wohnrecht20 Rz 21 zu § 37 MRG; RIS-Justiz RS0102514). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass dem Erfordernis der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung durch eine Geltendmachung der Mietzinsüberschreitung nur zu bestimmten Zinsterminen nicht entsprochen wird, da hier die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nur eine Vorfrage ist (RIS-Justiz RS0115309). Insofern bestehen, wie der Revisionsrekurs zutreffend ausführt, erhebliche Unterschiede in Hinblick auf § 16 Abs 8 MRG idF des 3. WÄG.

Das Begehren im Sachantrag muss einerseits im Zusammenhang mit dem Vorbringen hinreichend bestimmt sein, andererseits besteht eine Bindung des Gerichts an den Sachantrag des Antragstellers (vgl aaO Rz 27 und 28 mwN).

Der verfahrenseinleitende Antrag, festzustellen, dass durch Vorschreibung eines bestimmten Hauptmietzinses das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wurde, lässt sich, weil er eben nicht auf bestimmte Zinstermine eingeschränkt wurde, nicht einfach zum Nachteil des Antragstellers als Begehren auf Feststellung der Überschreitung nur zu bestimmten Zinsterminen reduzieren. Der erkennende Senat hat ausgesprochen, dass gerade in Anbetracht der durch das 3. WÄG eingeführten Regelung des § 16 Abs 8 MRG, die den Mieter von jeder weiteren Überprüfungsmöglichkeit nach Ablauf von drei Jahren ausschließt, bei Beurteilung des Umfangs eines Feststellungsbegehrens im Verfahren außer Streit die Notwendigkeit besteht, innerhalb der dreijährigen Frist gestellte Mietzinsüberprüfungsanträge nicht kleinlich nach ihrem Wortlaut, sondern so auszulegen, dass nach Möglichkeit - im Rahmen des äußersten Wort- und Bedeutungssinns des Begehrens - eine Überprüfung der gesetzlichen Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses im sachlich notwendigen Umfang gewährleistet werden kann (WoBl 2001/99). Das bedeutet, dass im Begehren auf Feststellung der Überschreitung des zulässigen Mietzinses durch Vorschreibung (Vereinbarung) eines bestimmten Hauptmietzinses, wenn dieses Begehren nicht auf bestimmte Monate eingeschränkt wurde, das Begehren um Feststellung der gesetzlichen (Un)Zulässigkeit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses beinhaltet ist.

Wegen der Häufigkeit derartiger Formulierungen in verfahrenseinleitenden Anträgen, die offenbar noch an § 12 Abs 4 MG orientiert sind, liegt hier, obwohl es nur um die Beurteilung des Umfangs eines bestimmten Feststellungsbegehrens im Verfahren außer Streit geht, doch eine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO vor. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das im Ergebnis, dass eine Entscheidung des Erstgerichtes über das Begehren auf Feststellung der gesetzlichen Unzulässigkeit des vereinbarten und begehrten Hauptmietzinses an sich (als Hauptfrage) noch aussteht. Insofern greift das Argument der mangelnden Präjudizialität der Entscheidung über den Zwischenantrag auf Feststellung nicht. Darauf hat sich aber der Antragsgegner in seinem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluss beschränkt.

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