Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.868,11 (darin EUR 311,35 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gem § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:
Das Vorbringen in der Revision, der von der Klägerin der Patientin überbrachte Tee und der “Aloe-Vera" - Extrakt seien konzessions- und bewilligungspflichtige Arzneimittel, die Klägerin habe “durch das Abliefern und das Inkasso jedenfalls eine Verwaltungsübertretung begangen", ist im Verfahren erster Instanz nicht erstattet worden und daher unbeachtlich (§ 482 ZPO). Abgesehen davon wäre es damit und mit dem weiteren Vorbringen über eine mögliche Gefährdung der Patienten wohl unvereinbar, dass das sichergestellte Präparat nach Prüfung durch den Abteilungsvorstand wieder an die Patientin ausgefolgt wurde (S 10 des Ersturteils).
Gemäß § 45 Abs 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien (VBO 1995) kann das Dienstverhältnis von der Gemeinde durch Entlassung aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden. Ein solcher wichtiger Grund liegt gemäß § 45 Abs 2 Z 2 VBO 1995 insbesondere dann vor, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens der Gemeinde unwürdig erscheinen lässt. Wie sich aus den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichts ergibt, hat die Klägerin die von ihr überbrachten Essenzen weder aktiv angeboten, noch für sie Werbung gemacht. Die Klägerin hatte kein persönliches wirtschaftliches Interesse an dem nur in einem Fall unter ihrer Beteiligung durchgeführten Verkauf der Mittel und wurde dabei nur aus Gefälligkeit als Botin tätig. Die Klägerin eröffnete nach den Feststellungen auch nicht etwa einem Außenstehenden die Möglichkeit zu kommerzieller Tätigkeit, sondern war der Verkäufer der Mittel selbst Patient der onkologischen Abteilung des Spitals, der einer Mitpatientin von der Besserung seines Zustandes durch Konsum eines bestimmten Tees berichtete. Beide Vorinstanzen gingen grundsätzlich davon aus, dass eine Pflichtwidrigkeit der Klägerin vorliege, war doch nach den Feststellungen dem Reinigungspersonal - zu dem die Klägerin gehörte - der Kontakt zu Patienten untersagt. Bedenkt man jedoch, dass sich derartige Kontakte praktisch nicht vermeiden ließen (S 11 des Ersturteils) und dass es üblich ist, dass “Wundermittel" von den todkranken Menschen in derartigen Stationen genommen werden (S 12 des Ersturteils), hätte es eines - weder behaupteten noch festgestellten - Verstoßes gegen konkrete Weisungen bedurft, um der einmaligen ohne Eigennutz begangenen Pflichtwidrigkeit der Klägerin das vom Gesetz geforderte Gewicht zu geben. Der Mangel an klaren Anweisungen fällt regelmäßig dem Arbeitgeber zur Last (8 ObA 283/01b mwH), weshalb die - wenngleich in der rechtlichen Beurteilung enthaltene (S 17 des Ersturteils) - weitere Feststellung, die Klägerin sei sich der Problematik ihrer Vorgangsweise (gemeint: aus medizinischer Sicht) nicht bewusst gewesen, auch bei der erforderlichen Anwendung eines objektiven Maßstabs (RIS-Justiz RS0029733) gegen das Vorliegen einer besonders schweren Pflichtverletzung spricht. Aus eben diesen Gründen ist auch der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nicht gegeben, zumal die anstandslose Dienstleistung der Klägerin bei der Beklagten seit dem Jahre 1973 in Anbetracht der dargestellten Beschaffenheit der Pflichtwidrigkeit die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar erscheinen lässt.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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