OGH 3Ob118/01a

OGH3Ob118/01a30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Mira Antonia H*****, geboren am 6. Mai 1990, vertreten durch ihre Mutter Monika H*****, diese vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in Dornbirn, infolge Revisionsrekurses des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 23. März 2001, GZ 1 R 76/01m-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 22. Jänner 2001, GZ 2 P 260/99y-12, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der am 6. 5. 1990 geborenen Minderjährigen ist geschieden. Die obsorgeberechtigte Mutter betreut das Kind in ihrem Haushalt. Der Vater war gemäß Scheidungsfolgenvereinbarung vom 22. 5. 1995 zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 3.200 S verpflichtet. Das Erstgericht erhöhte den monatlichen Unterhalt ab 1. 1. 2001 rechtskräftig auf 5.000 S und wies den weitergehenden Antrag des Kindes auf Erhöhung des Unterhalts ab 1. 1. 2001 auf monatlich 6.000 S ab.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hat der Vater ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 26.185 S. Auf sein Ansuchen ist sein Beschäftigungsausmaß vom 29. 7. 1999 bis 31. 7. 2002 mit 70 % festgesetzt. Der Vater ist wieder verheiratet; seine Ehegattin erzielt eigene Einkünfte aus einer vollen Lehrverpflichtung. Er ist für ein weiteres, am 28. 7. 1996 geborenes Kind aus dieser Ehe sorgepflichtig. Die Mutter ist halbtags beschäftigt und erzielt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 9.600 S.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Kind nehme mit dem nun bestimmten Unterhalt, der dem nach der Prozentwertmethode mit 19 % errechneten Betrag entspreche, angemessen an den Einkommensverhältnissen des Vaters teil. Die Voraussetzungen, den Vater auf ein höheres fiktives Einkommen anzuspannen, seien nicht gegeben. Der Vater habe sein bereits seit 1999 vermindertes Beschäftigungsausmaß mit der Betreuungspflicht für ein weiteres Kind begründet; es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er bezwecke, das Kind in seinen unterhaltsrechtlichen Ansprüchen zu beschneiden. Da der Unterhaltsbetrag wesentlich über dem sogenannten Durchschnittsbedarfssatz liege, könne auch von einer Unteralimentierung nicht gesprochen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Kindes nicht Folge; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Grenzziehung der Anspannung bei Umwandlung der Vollerwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung insbesondere im Zusammenhang auch mit der Übernahme von Betreuungsleistungen in einer neuen Partnerschaft entscheidende Bedeutung zukomme.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, der nach der vom Erstgericht vorgenommenen Unterhaltserhöhung vom Vater zu leistende monatliche Unterhaltsbetrag von 5.000 S liege deutlich über dem sogenannten Regel- oder Durchschnittsbedarfssatz von 3.830 S. Das Kind werde mit diesem Unterhalt immer noch angemessen alimentiert. Die auf Wunsch des unterhaltspflichtigen Vaters bewilligte Umwandlung seiner Vollerwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 70 % bleibe damit für seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind im Hinblick auf dessen angemessene Alimentierung ohne Auswirkung. Eine Anspannung des Vaters auf ein bei einer Vollerwerbstätigkeit erzielbares Einkommen komme damit nicht in Betracht. Bei dem geleisteten Unterhalt von 5.000 S handle es sich jedenfalls um einen im Sinn des § 140 ABGB angemessenen Unterhalt, über den hinaus eine Anspannungsobliegenheit zulasten des Vaters nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Kindes ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in den vom Rekursgericht

zitierten Entscheidungen 1 Ob 21/98i (= EvBl 1998/109 = ÖA 1998, 204)

und 1 Ob 78/00b (= EF 92.20 f), beide in RIS-Justiz RS0109322,

ausgesprochen, dass es im Grundsätzlichen auch einem Unterhaltsverpflichteten jedenfalls so lange, als der angemessene Unterhalt seines Kindes durch die zuerkannte Leistung erheblich über dem Durchschnittsbedarf gedeckt wird, unbenommen bleiben muss, zur Befriedigung seines persönlichen Erholungs- und Freizeitbedürfnisses Zeitausgleich anstelle eines Überstundenentgelts zu wählen; auch das Unterhaltsrecht verwehre dem Unterhaltspflichtigen nicht einen angemessenen Gestaltungsspielraum bei der Befriedigung seiner eigenen Lebensinteressen, auch wenn eine derartige Selbstverwirklichung einer sonst bis zur Luxusgrenze möglichen Unterhaltsmaximierung entgegenstehe. Die Entscheidung 1 Ob 78/00b betraf einen Fall, in dem der Unterhaltspflichtige seine Vollerwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung von 60 % umwandelte; auch dort kam eine Anspannung nicht in Frage.

Das Rekursgericht hat - diesen Grundsätzen folgend - bei einem Durchschnittsbedarf von 3.830 S einen monatlichen Unterhalt von 5.000 S als ausreichend angesehen. Die Gründe für die Annahme einer bloßen Teilzeitbeschäftigung durch den Unterhaltsberechtigten spielen bei dieser Sachlage nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes keine entscheidende Rolle. Die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Frage, inwieweit die Übernahme von Betreuungsleistungen in einer neuen Partnerschaft Einfluss auf die Verpflichtung des Unterhaltspflichtigen zur Anspannung seiner Arbeitskraft hat, stellt sich hier nicht, weil eben bei einer erheblich über dem Durchschnittsbedarf liegenden Unterhaltsleistung wie hier keine weitere Anspannungsobliegenheit bis zur Luxusgrenze besteht. Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs durch den Vater bei der Umwandlung seiner Vollerwerbstätigkeit in eine Teilzeitbeschäftigung, der die Anspannung des Unterhaltsberechtigten auf das real erzielbare Einkommen als Grundlage für die Unterhaltsbemessung rechtfertigen könnte (1 Ob 78/00b), besteht hier kein Anhaltspunkt. Das Rechtsmittel ist demnach zurückzuweisen.

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