OGH 9ObA252/01a

OGH9ObA252/01a23.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Schenk und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Dr. Wolfgang M*****, Techniker, ***** vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH, ***** 2. Dr. Helmut K*****, Facharzt für Innere Medizin, ***** beide vertreten durch Dr. Heribert Neumann, Rechtsanwalt in Graz, wegen Rechnungslegung, Leistung und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 23.982,04 = ATS 330.000,-- sA), über die Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 23.982,04) und der zweitbeklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 7.994,01) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. März 2001, GZ 8 Ra 178/00h-130, womit das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. April 2000, GZ 24 Cga 53/97x-122, hinsichtlich der zweitbeklagten Partei bestätigt und hinsichtlich der erstbeklagten Partei abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

I. Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit EUR 1.251,99 (darin EUR 208,67 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Der Zweitbeklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 665,71 (darin EUR 110,95 USt) bestimmten Kosten seiner Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

II. Die Revisionsbeantwortung des Zweitbeklagten zur Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger trat am 19. 11. 1986 in ein Arbeitsverhältnis mit dem Zweitbeklagten ein, welches zunächst auf ein Jahr befristet war. Inhalt des Angestelltenvertrages war die Betreuung medizinisch-technischer Geräte, insbesondere die Durchführung notwendiger Servicearbeiten. Vereinbart war auch, dass dem Kläger, welcher nach dem Abschluss des Studiums der Elektrotechnik mit der Wahlfachgruppe Biomedizinische Technik eine Dissertation über die Treffsicherheit von Wünschelrutengeher-Angaben schreiben wollte, die medizinisch-technischen Geräte des Zweitbeklagten für Untersuchungen und Experimente zur Verfügung stehen sollten. Der Kläger erhielt für ein Beschäftigungsausmaß von 20 Wochenstunden ein Bruttogehalt von S 11.000. Im Frühjahr 1987 machte der Zweitbeklagte den Vorschlag, dass sich der Kläger mit einem weiteren Mitarbeiter auf der Basis eines schon bestehenden österreichischen Patentes mit einem Gerät beschäftigen sollte, mit welchem eine Reinigung und Desinfektion mittels Mikrowellen erfolgen könnte. Neben seiner sonstigen Tätigkeit beschäftigte sich der Kläger in der Folge gemeinsam mit zwei weiteren Mitarbeitern mit diesem Projekt. Wegen des Umfanges dieser Tätigkeit wurde mit schriftlichem Dienstvertrag vom 10. 7. 1987 zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten vereinbart, dass die wöchentliche Arbeitszeit künftig 40 Stunden und das Monatsbruttogehalt S 22.000 betragen sollten. Weiters wurden die Bereitstellung einer Dienstwohnung per 1. 6. 1987 und ein Mehrleistungspauschale von monatlich S 2.000 vereinbart. Mit diesem Dienstvertrag sollte derjenige vom 19. 11. 1986 außer Kraft treten. Im Herbst 1987 kam es zur Herstellung des ersten Prototyps eines Desinfektionsgerätes, welches unter anderem auf der Entwicklungsarbeit des Klägers beruhte. Daneben hatte er aber weiterhin die schon erwähnte Aufgabe, die technischen Geräte zu warten. Seit Frühjahr 1987 wandte der Kläger etwa 4/5 seines Arbeitsaufwandes für Entwicklungstätigkeiten, den Rest für andere Aufgaben auf. Mit ihrem an den Zweitbeklagten gerichteten Schreiben vom 4. 1. 1988 gaben der Kläger und zwei weitere Mitarbeiter als Miterfinder eine im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit gemachte Erfindung mit dem Titel "Gerät und Verfahren zur Desinfektion bzw Sterilisation infizierten Gutes mittels Mikrowellen" als Diensterfindung bekannt. Mit Schreiben vom 10. 1. 1988 erklärte der Zweitbeklagte, diese Diensterfindung als Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen und das Recht auf Überlassung geltend zu machen. Danach betrieb der Zweitbeklagte die Patentierung, was schließlich zur Erteilung des Europäischen Patentes Nr. 287549 führte. Mit schriftlichem Dienstvertrag vom 15. 3. 1988 wurde der Dienstvertrag zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten neuerlich geändert. Demzufolge wurden die Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden und das Monatsgehalt auf S 10.000 brutto zuzüglich eines Überstundenpauschales von S 2.000 monatlich reduziert. Am gleichen Tag schloss der Kläger einen Dienstvertrag mit der erstbeklagten Partei, deren Geschäftsführer und Gesellschafter der Zweitbeklagte war. In diesem Dienstvertrag wurden ein monatliches Bruttogehalt von S 12.000 und eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden vereinbart. Ab Juli 1988 erhielt der Kläger von der Erstbeklagten eine "Leiterzulage" in Höhe von S 5.000 monatlich, weil ihm die technische Leitung des Unternehmens der Erstbeklagten übertragen worden war. Der Sachbezug "Wohnung" war mit 1.500 S, der Sachbezug "Auto" mit S 2.100 monatlich veranschlagt worden. Mit Schreiben vom 16. 5. und 7. 9. 1994 machte der Kläger gegenüber der erstbeklagten Partei Ansprüche aus der zum Europäischen Patent angemeldeten Diensterfindung geltend und ersuchte die erstbeklagte Partei um Bekanntgabe der Umsatzzahlen im maßgeblichen Zeitraum.

Der Kläger begehrte zuletzt von beiden beklagten Parteien 1. die Rechnungslegung über die seit 16. 12. 1991 getätigten Umsätze im Zusammenhang mit der Erfindung Patent-Nr. 287549 des Europäischen Patentamtes, 2. die Zahlung von 3 % des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Umsatzes seit 10. 12. 1991 samt 4 % Zinsen seit Klagstag sowie 3. die Feststellung, dass die beklagten Parteien schuldig seien, auf Grund der Diensterfindung des Klägers, für die das Europäische Patent Nr. 287549 der zweitbeklagten Partei erteilt worden sei, zukünftig fällig werdende besondere Benützungsentschädigungen im Sinn des § 8 PatG während der zukünftigen Nutzung des Patentes durch die beklagten Parteien zu zahlen.

Der Zweitbeklagte als ehemaliger Arbeitgeber sowie die erstbeklagte Partei benützten auch noch nach dem Ausscheiden des Klägers dessen Diensterfindung, sodass diesem eine Vergütung nach § 8 PatG zustehe. Eine Rechnungslegung sei nicht bzw nur unvollständig (ohne Angabe der Kunden, bzw nicht für den gesamten in Frage kommenden Zeitraum) erfolgt. Daraus ergebe sich die Berechtigung der Stufenklage. Überdies habe der Kläger Interesse an der Feststellung, dass ihm zukünftige Vergütungen zukämen. Der Kläger berief sich zwar in der Folge auch darauf, dass eine freie (gemeint: gebundene freie) Diensterfindung vorliege, weil eine schriftliche Vereinbarung im Sinne des § 7 Abs 1 letzter Satz PatG nicht geschlossen worden sei, doch hielt er gleichzeitig bis zuletzt daran fest, dass die Ausschließlichkeitsrechte an dieser Erfindung dem Zweitbeklagten zukämen (AS 498 in Bd I; AS 18 in Bd II). Zur Passivlegitimation der Erstbeklagten brachte der Kläger lediglich vor, dass diese mit dem Zweitbeklagten solidarisch hafte, weil sie die Erfindung mit diesem gemeinsam verwerte.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Die erstbeklagte Partei erhob die Einrede der mangelnden Passivlegitimation; wenn ein Vergütungsanspruch zustehe, dann allenfalls gegen den Zweitbeklagten als Patentinhaber (AS 41 in Bd I). Zum Zeitpunkt der Erfindung sei der Kläger lediglich zur zweitbeklagten Partei in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Die beklagten Parteien wendeten weiters ein, dass der Kläger als Hochschulabgänger ohne Vorkenntnisse in das Dienstverhältnis zum Zweitbeklagten eingetreten sei. Von Anfang an sei klar und ausdrücklich vereinbart gewesen, dass der Kläger zu Erfindertätigkeiten angestellt worden sei, womit er auch fast ausschließlich beschäftigt worden sei. Mitte März 1987 sei ein Projekt "Dialysegerät" abgebrochen und mit der Arbeit am Mikrowellendesinfektionsgerät begonnen worden. Der Kläger habe sämtliche diesbezüglichen Kenntnisse durch seine Beschäftigung beim Zweitbeklagten erworben und von diesem auch eine klare Aufgabenstellung erhalten. Der Kläger sei am 31. 3. 1989 durch Selbstkündigung ausgeschieden und habe zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass das von ihm entwickelte Gerät noch nicht voll funktionstüchtig sei. Gemäß § 8 Abs 2 PatG stehe ihm eine besondere Vergütung nicht zu, da er ausdrücklich zur Erfindertätigkeit eingestellt, vorwiegend damit beschäftigt gewesen und überdies ein erhöhtes Entgelt erhalten habe, welches eine bereits angemessene Verfügung darstelle. Darüber hinaus habe der Kläger ein Patent angemeldet, welches als Diensterfindung anzusehen sei und dessen Nutzung daher der zweitbeklagten Partei zukommen müsse.

Das Erstgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren (Punkt 1 der Klage) gegenüber beiden beklagten Parteien mit Teilurteil Folge. Beide beklagten Parteien erhoben dagegen Berufung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der erstbeklagten Partei Folge und wies aus diesem Anlass das gesamte gegen die erstbeklagte Partei gerichtete Klagebegehren ab. Der Berufung des Zweitbeklagten gab es hingegen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat dem Urteilsbegehren - ohne Verstoß gegen § 405 ZPO - eine klarere und deutlichere Fassung gegeben; desgleichen hat es die Passivlegitimation der erstbeklagten Partei genauso zutreffend verneint, wie die ausdrückliche Anstellung des Klägers zur Erfindertätigkeit im Sinne des § 8 Abs 2 PatG. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerber entgegenzuhalten:

Zur Revision des Klägers:

Sowohl durch seine Verweisung auf das Ausschließlichkeitsrecht des Zweitbeklagten am Patent als auch durch die - im Feststellungsbegehren - ausdrückliche Bezugnahme auf § 8 PatG lässt der Kläger unzweifelhaft erkennen, dass sein Anspruch nicht auf unberechtigte Verwendung eines Patentes gestützt, sondern nur eine Vergütung im Sinne des § 8 PatG begehrt wird. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht - den diesbezüglichen Einwendungen der erstbeklagten Partei folgend, wobei es unerheblich ist, dass diese nur "aus anwaltlicher Vorsicht" erfolgt sind - die Arbeitgebereigenschaft der erstbeklagten Partei zum Zeitpunkt des Anbietens und der Annahme der Erfindung zur Verwertung verneint, sodass keine Anspruchsgrundlage gegenüber der Erstbeklagten gegeben ist. Das erstmalig im Berufungsverfahren erstattete Vorbringen, dass der Zweitbeklagte seine Rechnungslegungspflicht auf die Erstbeklagte überbunden habe (AS 81 in Bd II), ist als Neuerung genauso unbeachtlich wie die vom bisherigen Vorbringen und den Feststellungen nicht erfasste Behauptung in der Revision, dass der Betrieb vom Zweitbeklagten auf die erstbeklagte Partei übergegangen sei und diese daher dem Kläger nach den Bestimmungen des AVRAG hafte. Die Erstbeklagte hat daher gemäß §§ 41, 50 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung. Als unzulässig erweist sich hingegen die gleichzeitig erstattete Revisionsbeantwortung des Zweitbeklagten, welcher - mangels Vorliegens einer einheitlichen Streitgenossenschaft im Sinne des § 14 ZPO - von der Abweisung der Klage gegenüber der erstbeklagten Partei nicht betroffen und daher in diesem Umfang nicht Beteiligter ist.

Zur Revision des Zweitbeklagten:

Nach einhelliger Judikatur (zuletzt 9 ObA 92/98i = ÖBl 1999, 42 =

DRdA 1999, 387 [Mayr]; SZ 59/34 = Arb 10.496; Arb 9833 = DRdA 1981/16

jeweils mwN) wird der Vergütungsanspruch nach § 8 Abs 1 PatG jeweils mit der einzelnen Benützungshandlung fällig. Entgegen der Auffassung des Zweitbeklagten war somit der Kläger nicht verhalten, einen bestimmten Abrechnungsstichtag anzugeben. Vielmehr handelt es sich um ein echtes Rechnungslegungsbegehren, das einen längeren Zeitraum umfasst. Zieht man nun in Betracht, dass der Kläger im Rahmen seiner Stufenklage nicht nur ein Rechnungslegungs-, sondern darüber hinaus auch noch ein Feststellungsbegehren für die Zukunft angebracht hat, ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes zutreffend, dass es dem Willen des Klägers entsprach, als Endzeitpunkt für das Begehren auf Rechnungslegung den Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz zu wählen, zumal ein Ende der Benützung durch den Zweitbeklagten vor diesem Zeitpunkt weder behauptet wurde noch hervorgekommen ist (vgl auch Fasching, Kommentar II 94). Entsprechend der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0039357, insbesondere T 10; RS0041254) war daher das Berufungsgericht berechtigt, dem Urteilsspruch eine klare und deutliche Fassung zu geben und damit dem tatsächlichen Begehren des Klägers anzupassen.

Die Einrechnung eines überhöhten Entgelts im Sinne des § 8 Abs 2 PatG auf eine Vergütung nach Abs 1 leg cit hat zur zwingenden Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer ausdrücklich zur Erfindertätigkeit angestellt war (SZ 67/148 = 9 ObA 136/94), was aber nach den Feststellungen nicht der Fall war, zumal eine Weiterentwicklung oder Adaptierung nicht zwangsläufig eine Erfindungsaufgabe sein muss. Wenngleich "ausdrücklich" keine besondere Formvorschrift bedeutet, fordert Ausdrücklichkeit dennoch typische Erklärungszeichen (Rummel in Rummel I3 Rz 9 zu § 863), welche im vorliegenden Fall aber nicht festgestellt sind. Ein allfällig höher entrichtetes Entgelt ist somit für eine Vergütung im Sinne des § 8 PatG unbeachtlich (SZ 67/148).

Gemäß §§ 41, 50 Abs 1 ZPO hat der Kläger Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte