OGH 10ObS403/01i

OGH10ObS403/01i15.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Herbert Böhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj. Markus M*****, vertreten durch seine Mutter und gesetzliche Vertreterin Stefanie M*****, diese vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch das Amt der Tiroler Landesregierung, 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 17, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. September 2001, GZ 25 Rs 89/01s-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Juni 2001, GZ 47 Cgs 194/00h-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 333,06 Euro (davon 55,51 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 10. 10. 1999 geborene Kläger leidet seit Geburt an einer schweren Herzfehlbildung, die mehrfach operativ versorgt wurde. Auf Grund dieser Erkrankung besteht bei ihm eine latente cardiale Dekompensation. Der Kläger wird derzeit therapeutisch antikoaguliert. Er ist auf Grund dieser Erkrankung stark ermüdbar und zeigt deutlich weniger Kraft und Ausdauer als ein gesundes Kind. Er neigt überdies verstärkt zu Bronchialinfekten. Außer der Herzfehlbildung mit den damit einhergehenden Symptomen besteht keine Behinderung. Der Kläger bedarf bei der Einnahme von Mahlzeiten gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind einer vermehrten Unterstützung, weil er auf Grund seiner bestehenden Herzfehlbildung und Herzschwäche sowohl beim Saugen aus der Flasche als auch beim Essen sehr rasch ermüdet. Der Kläger erhält gleichzeitig sieben Medikamente, davon fünf dreimal täglich und zwei einmal täglich. Die entsprechenden Kapseln müssen jeweils geöffnet, aufgelöst und mit einer kleinen Spritze in den Mund verabreicht werden. Dieser Vorgang erfordert jeweils etwa 10 bis 15 Minuten. Wegen der ständigen Bronchialinfekte werden zwei- bis dreimal täglich Inhalationen durchgeführt. Mit den Inhalationen können Medikamente verabreicht werden, die in Bezug auf die Bronchialinfekte eine vorbeugende oder eine heilende Wirkung haben. Das Inhalationsgerät muss regelmäßig gereinigt werden, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass zusätzliche Keime in den Körper des Klägers eingeführt werden. Unter Berücksichtigung des Aufwandes für das Herrichten und Reinigen des Inhalationsgerätes ist ein monatlicher Zeitbedarf von fünf Stunden zu veranschlagen. Die Durchführung des Coagu-Checks, einer Kontrolle der Blutverdünnung, die zu therapeutischen Zwecken durchgeführt wird, erfordert einen Zeitaufwand von 20 bis 25 Minuten pro Tag. Der Kläger ist allein auf Grund des Alters auf die ständige Bereitschaft einer Pflegeperson angewiesen.

Mit Bescheid vom 9. 10. 2000 hat die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 27. 4. 2000 auf Gewährung von Pflegegeld mit der Begründung abgelehnt, dass beim Kläger kein Pflegebedarf im Sinne des § 2 TPGG bestehe.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei, dem Kläger ab 1. 5. 2000 Pflegegeld der Stufe 1 in der Höhe von S 2.000 monatlich zu bezahlen. Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass beim Kläger ein Pflegeaufwand von insgesamt 55 Stunden monatlich (15 Stunden für die Einnahme der Mahlzeiten, 15 Stunden für die Einnahme der Medikamente, 10 Stunden für die Durchführung des Coagu-Checks, 5 Stunden für das Inhalieren sowie Herrichten und Reinigen des Gerätes und 10 Stunden für Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) bestehe. Auch die Durchführung des Coagu-Checks sei als pflegerische Maßnahme vergleichbar der Kanülen- oder Katheterpflege anzusehen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im klagsabweisenden Sinn ab. Bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von Kindern sei nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern hinausgehe. Der Pflegebedarf eines Kleinkindes sei daher insoweit nicht in Anschlag zu bringen, als es sich um notwendige Verrichtungen handle, die auch von einem gesunden Kind dieses Alters nicht selbständig vorgenommen werden könnten. Bei Kindern im Alter des Klägers stellten daher weder die Einnahme von Medikamenten, der Coagu-Check und das Inhalieren noch die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn einen Pflegebedarf im Sinne der §§ 1 f Tiroler Pflegebedarfsverordnung dar. Da der vom Erstgericht festgestellte (Mehr-)Aufwand an Pflege beim mj. Kläger auf dessen Alter und nicht auf eine körpliche, geistige oder psychische Behinderung zurückzuführen sei, stehe dem Kläger daher kein Anspruch auf Pflegegeld zu. Mangels eines behinderungsbedingten Pflegeaufwandes erübrige sich auch die Abklärung der Frage, ob der Coagu-Check und das Inhalieren als Betreuung im Sinne des § 1 Abs 1 Tiroler Pflegebedarfsverordnung oder als Pflegebehandlung bzw Therapie, die keinen Anspruch auf Pflegegeld begründe, zu werten sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Das Pflegegeld hat den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten. Da Kinder Hilfe und Betreuung im Sinne des BPGG und der Landespflegegeldgesetze auch ohne Zusammenhang mit einer Behinderung benötigen, ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfs bei Kindern nur jenes Ausmaß an Betreuung und Hilfe zu berücksichtigen, welches über das altersmäßig erforderliche Ausmaß hinausgeht (RIS-Justiz RS0106555). Dieser in der Judikatur entwickelte Grundsatz wurde durch die Novelle BGBl I 1998/111 in das BPGG aufgenommen. Nach § 4 Abs 3 BPGG in der Fassung dieser Novelle ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (RV 1186, BlgNR XX. GP, 11 f) heißt es dazu: "Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll die schon bisher übliche und der Judikatur des Obersten Gerichtshofes entsprechende Vorgangsweise aus Gründen der Rechtssicherheit in das Gesetz aufgenommen werden. Das Pflegegeld hat den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten. Da Kinder und Jugendliche auch ohne Behinderung bestimmte Verrichtungen nicht selbständig durchführen können, wird bei der Beurteilung des Pflegebedarfes nur jenes Ausmaß an Betreuung und Hilfe berücksichtigt, das über das altersmäßig erforderliche Ausmaß hinausgeht. So können etwa auch nichtbehinderte Kinder und Jugendliche üblicherweise sämtliche Hilfsverrichtungen - mit Ausnahme der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn - bis etwa zum vierzehnten Lebensjahr nicht selbständig durchführen, weshalb ein Hilfsbedarf bei diesen Verrichtungen in der Regel erst nach diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sein wird. Selbstverständlich muss jedoch im Einzelfall eine verzögerte Entwicklung durch körperliche, geistige oder psychische Defizite bei der Beurteilung des Pflegebedarfes berücksichtigt werden." Auch nach der hier maßgebenden Bestimmung des § 2 Abs 3 TPGG idF LGBl 1999/1 ist bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von Personen, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß an Pflege von gleichaltrigen nicht behinderten Personen hinausgeht. Auf Grund der Schwierigkeit der Abgrenzung der notwendigen Betreuungsmaßnahmen von gesunden und behinderten Kindern wurde im BPGG ursprünglich die Vollendung des dritten Lebensjahres als Altersgrenze für die Gewährung von Pflegegeld festgesetzt (vgl § 4 Abs 1 BPGG erster Satz idF BGBl 1993/110). Da die ärztliche Begutachtungspraxis jedoch zeigte, dass gravierende Behinderungen bereits bei jüngeren Kindern einen feststellbaren Mehraufwand an Pflege gegenüber einem gleichaltrigen motorisch und geistig "normal" entwickelten Kind bewirken können, wurde - wie bereits zuvor in den meisten Landespflegegeldgesetzen - durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, auch in das BPGG eine Härteklausel aufgenommen, die für den Fall besonders berücksichtigungswürdiger Umstände eine Abstandnahme von der Altersgrenze des dritten Lebensjahres ermöglichte (§ 4 Abs 1 letzter Satz BPGG idF BGBl 1996/201). In diesem Zusammenhang wurde in einem Erlass des BMAS vom 13. 5. 1996, Zl 48.100/25-9/96, veröffentlicht im ARD 4765/36/96, unter anderem darauf hingewiesen, dass auch schon bei Säuglingen die Nahrungsaufnahme auf Grund einer schweren Fehlbildung oder Behinderung erheblich erschwert und zeitaufwendig sein könne. Zur Ermittlung des Betreuungsbedarfs könne nur der über das übliche Maß hinausgehende Zeitaufwand - abhängig vom Lebensalter - herangezogen werden. In Fällen mit besonders schweren angeborenen Fehlbildungen könne auch bei der Reinigung bei Inkontinenz ab vollendetem zweiten Lebensjahr von einem erhöhten Zeitaufwand ausgegangen werden. Schließlich könnten bei Säuglingen und Kleinkindern mit schweren Paresen, Fehlbildungen, Cerebralparesen und Dystonien vermehrte Lagerungen und unterstützende Haltegriffe bei den einzelnen Pflegemaßnahmen erforderlich sein, sodass auch bei der Mobilitätshilfe im engeren Sinn ein erhöhter Betreuungsbedarf pro Monat vorliegen könne.

Da die Erfahrungen in der Praxis gezeigt haben, dass ein Pflegebedarf bereits ab Geburt bestehen kann, wurde durch die Novelle BGBl I 2001/69 durch den generellen Entfall der Altersgrenze seit 1. Juli 2001 die Zuerkennung eines Pflegegeldes nach dem BPGG mit Rechtsanspruch bereits ab der Geburt ermöglicht. Auch nach dem hier anzuwendenden TPGG, LGBl 1997/8 in der geltenden Fassung, besteht für den Anspruch auf Pflegegeld keine Altersgrenze mehr. Auf Grund dieser Ausführungen ist davon auszugehen, dass bei der Beurteilung des Pflegebedarfs nach dem BPGG und auch nach dem TPGG ein Vergleich zwischen behinderten Minderjährigen mit gleichaltrigen nichtbehinderten Kindern bzw Jugendlichen anzustellen ist und nur der bei behinderten Minderjährigen auftretende "pflegebedingte Mehraufwand" durch Gewährung von Pflegegeld auszugleichen ist; der altersbedingte Pflegeaufwand ist demgegenüber bei der Beurteilung des Pflegegeldanspruches auszuscheiden (vgl jüngst 10 ObS 172/01v). Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, inwieweit bei dem am 10. 10. 1999 geborenen Kläger - im Vergleich zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Kind - ein pflegebedingter Mehraufwand im hier maßgeblichen Zeitraum seit 1. 5. 2000 besteht:

Der Kläger bedarf bei der Einnahme von Mahlzeiten gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind einer vermehrten Unterstützung, weil er auf Grund seiner bestehenden Herzfehlbildung und Herzschwäche sowohl beim Saugen aus der Flasche als auch beim Essen sehr rasch ermüdet. Da § 2 Abs 3 TPGG darauf abstellt, dass das bei gleichaltrigen gesunden Kindern erforderliche Pflegeausmaß nicht zu berücksichtigen ist, kommt die Heranziehung des im § 1 Abs 4 Tiroler Pflegebedarfsverordnung vorgesehenen Mindestwerts von einer Stunde täglich nicht in Betracht, sondern es ist der tatsächliche Mehraufwand im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgeblich, welcher vom Erstgericht unbekämpft mit 15 Stunden monatlich festgestellt wurde.

Da die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn auch die Begleitung zum Arzt umfasst, besteht beim Kläger auch insoweit ein krankheitsbedingter Mehraufwand, als er regelmäßig zu den wöchentlichen ärztlichen Kontrollen und Untersuchungen begleitet werden muss. Der vom Erstgericht dafür festgesetzte Zeitaufwand von 10 Stunden monatlich wird auch in der Revision nicht in Frage gestellt.

Weiters benötigt der Kläger Hilfe für das Einnehmen von Medikamenten. Dass es sich dabei um eine pflegegeldrelevante Betreuungsleistung handelt, zeigt schon der Umstand, dass § 1 Abs 3 EinstV zum BPGG dafür ausdrücklich einen Richtwert von sechs Minuten täglich (= drei Stunden monatlich) vorsieht. Im Hinblick darauf, dass der Kläger gleichzeitig sieben Medikamente, davon fünf Medikamente dreimal pro Tag und zwei Medikamente einmal pro Tag einnehmen muss, wobei die entsprechenden Kapseln jeweils geöffnet, ausgelöst und mit einer kleinen Spritze in den Mund verabreicht werden müssen, beträgt der beim Kläger dafür erforderliche Zeitaufwand 15 Stunden monatlich. Im Verhältnis zu einem gesunden Kind im Alter des Klägers liegt der pflegebedingte Mehraufwand darin, dass ein solches zwar nicht zur selbständigen Medikamenteneinnahme in der Lage ist, aber nicht regelmäßig Medikamente einnehmen muss (vgl 10 ObS 172/01v). In diesem Sinn liegt ein pflegebedingter Mehraufwand vor, dessen zeitliches Ausmaß von 15 Stunden monatlich auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen wird.

Zu dem pflegegeldrelevanten Bereich der Einnahme von Medikamenten sind jedenfalls im vorliegenden Fall auch die wegen der ständigen Bronchialinfekte des Klägers zwei- bis dreimal täglich notwendigen Inhalationen zu zählen, da mit diesen Inhalationen dem Kläger Medikamente mit einer vorbeugenden oder heilenden Wirkung verabreicht werden können. Es ist daher beim Pflegebedarf des Klägers auch der für die Durchführung dieser Inhalationen sowie für die damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Reinigung des Inhalationsgerätes notwendige Zeitaufwand von fünf Stunden monatlich zu berücksichtigen. Ebenfalls im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten und damit als pflegegeldrelevante Betreuungsleistung ist auch die Durchführung des Coagu-Checks zu zählen, da es sich dabei um eine Kontrolle der Blutverdünnung im Zusammenhang mit der Verabreichung der Medikamente handelt (vgl dazu die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Gutachtenserörterung ON 12). Es liegt damit ein der Blutentnahme zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels mit der Verabreichung einer Insulininjektion vergleichbarer Zusammenhang vor, wo ebenfalls beide Leistungen pflegegeldrelevant sind (vgl SSV-NF 10/133). Es handelt sich damit sowohl bei der Inhalation als auch bei der Durchführung des Coagu-Checks um einen pflegebedingten Mehraufwand, da ein gesundes Kind keinen solchen Aufwand hat. Da, wie soeben dargelegt, sowohl das Inhalieren als auch die Durchführung des Coagu-Checks unter den pflegegeldrelevanten Bereich der "Einnahme von Medikamenten" zu subsumieren sind, kann auch der Ansicht der beklagten Partei, es handle sich dabei um nicht pflegegeldrelevante medizinische Leistungen, nicht gefolgt werden. Es erübrigt sich somit ein weiteres Eingehen auf die Rechtsprechung des erkennenden Senates, wonach die Abgrenzung zwischen dem anzurechnenden Pflegeaufwand und dem nicht im Rahmen der Pflegegeldgesetze des Bundes und der Länder zu ersetzenden medizinischen Behandlungen so vorzunehmen ist, dass ein Pflegeaufwand jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die ein nicht behinderter Mensch gewöhnlich selbst vornimmt (SSV-NV 12/81 ua). Es hat vielmehr das Erstgericht zutreffend beim Kläger einen pflegebedingten Mehraufwand von 55 Stunden monatlich gegenüber einem gleichaltrigen nicht behinderten Kind ermittelt, wobei dieser Pflegebedarf zum Teil ausschließlich durch die beim Kläger festgestellte Behinderung bedingt ist (Einnahme der Medikamente, Inhalation, Durchführen des Coagu-Checks) und zum Teil auf einen durch die Behinderung erhöhten Pflegeaufwand (Einnahme der Mahlzeiten, Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) zurückzuführen ist. Der Kläger erfüllt somit die Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 1.

Es war daher in Stattgebung der Revision des Klägers das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 lit a ASGG.

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