OGH 11Os173/01

OGH11Os173/0115.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lauermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martina B***** wegen des teils im Versuchsstadium verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 SMG und 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. März 2001, GZ 25 Vr 1887/99-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Pramer sowie der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19. März 2001, GZ 25 Vr 1887/99-31, verletzt im Ausspruch, dass Martina B***** das Suchtgiftverbrechen (Punkt 1 des Urteilssatzes) gewerbsmäßig begangen hat, das Gesetz in den Bestimmungen des § 28 Abs 3 erster Fall SMG und § 70 StGB.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der zu Punkt 1 des Schuldspruches bezeichneten Tat als gewerbsmäßig begangen (§ 28 Abs 3 erster Fall SMG) sowie demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Über Martina B***** wird für den aufrecht bleibenden Schuldspruch wegen des als Beitragstäterin (§ 12 dritter Fall StGB) begangenen, teils im Versuchsstadium verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und § 15 StGB sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG nach § 28 Abs 2 SMG unter Anwendung des § 28 StGB und des § 5 Z 4 JGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten verhängt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Probezeit beginnt mit dem Tag der Rechtskraft des Urteiles erster Instanz folgenden Tag, somit mit 20. März 2001 (§ 49 StPO).

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19. März 2001, GZ 25 Vr 1887/99-31, wurde die am 18. April 1981 geborene Martina Gudrun B***** des teils im Versuchsstadium verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und § 15 StGB als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes), sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II) schuldig erkannt. Nach dem hier relevanten Schuldspruch zu I hat sie im Zeitraum von Anfang Juni 1999 bis 20. Juni 1999 in Linz, Wels, Steyr, Ybbs und an anderen Orten dazu beigetragen, dass den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer insgesamt großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) durch den gesondert verfolgten Martin W***** in Verkehr gesetzt wurde, nämlich 2110 Stück Ecstasy, 40 Gramm Speed und 2600 Gramm Haschisch, indem sie mit ihrem PKW als Fahrerin für W***** fungierte und ihn zu den verschiedenen Verkaufsplätzen chauffierte sowie ihr Fahrzeug als Versteck für das Suchtgift zur Verfügung stellte, wobei sie in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und es bezüglich 700 Gramm Haschisch und 40 Stück Ecstasy beim Versuch geblieben ist. Der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass das Gericht das Vorliegen der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG ausschließlich aus der Beteiligung der Martina B***** an den gewerbsmäßigen Suchtgiftgeschäften des Martin W***** ableitete (US 8 und 11).

Die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung zu Punkt I des Schuldspruches steht, wie der Generalprokurator mit seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Gewerbsmäßigkeit in der Bedeutung des § 70 StGB erfordert die Absicht des Täters, sich selbst eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Fremdnützigkeit, also das Abzielen auf die fortlaufende Einnahme eines anderen, genügt dafür ebenso wenig wie die bloße Kenntnis davon, dass ein Beteiligter gewerbsmäßig handelt, weil Gewerbsmäßigkeit immer nur denjenigen belastet, in dessen Person dieses Merkmal vorliegt (SSt 48/96; EvBl 1980/89; JBl 1980, 436; 14 Os 22/95; Leukauf/Steininger Komm3 § 70 RN 6a; Foregger/Fabrizy StGB7 § 14 Rz 3; Jerabek in WK2 § 70 Rz 14).

Das Gericht hat jedoch keine Feststellungen getroffen, die die Annahme gewerbsmäßigen Handelns der Martina B***** tragen könnten. Die vorsätzliche Beteiligung am gewerbsmäßigen Suchtgifthandel eines anderen reicht hiefür nicht aus. Dass aber die Genannte die ihr angelasteten Beitragshandlungen in der Absicht vorgenommen hätte, sich selbst eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), ist dem Urteil (aber auch den Verfahrensergebnissen) nicht zu entnehmen. Da die substanzlose Verwendung der verba legalia im Urteilsspruch die fehlenden Feststellungen nicht zu ersetzen vermag (Mayerhofer StPO4 § 270 E 94a), liegt Urteilsnichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 10 StPO vor.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben. Weil sich die unrichtige rechtliche Bewertung zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde auch materielle Wirkung zuzuerkennen und die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG und demgemäß auch der Strafausspruch aufzuheben.

Bei der demzufolge erforderlichen Neubemessung der Strafe für den aufrecht bleibenden Schuldspruch wegen des als Beitragstäter begangenen, teilweise im Stadium des Versuches verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 erster und zweiter Fall SMG und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG wurde, ausgehend von einem Strafrahmen bis zu zweieinhalb Jahren, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Tatwiederholung und die Intensität der Tatbeiträge als erschwerend, als mildernd hingegen der bisherige untadelige Lebenswandel und das umfassende und reumütige Geständnis gewertet. Eine Gesamtabwägung dieser Strafbemessungsfaktoren lässt eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten als tat- und tätergerecht erscheinen.

Die Gewährung bedingter Strafnachsicht ist schon im Hinblick auf das Verschlimmerungsverbot geboten, aus den vom Erstgericht zutreffend angeführten Erwägungen aber auch sachlich gerechtfertigt.

Stichworte