OGH 1Nd40/01

OGH1Nd40/0120.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und Dr. Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Karla S*****, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Bewilligung der Verfahrenshilfe folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag und zur Verhandlung und Entscheidung über eine allfällige, nach dem Amtshaftungsgesetz zu beurteilende Klage wird das Landesgericht Linz bestimmt.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beabsichtigt nach dem Inhalt ihres Protokollarantrags zu GZ 39 Nc 5/01b-1 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht wegen Fehlern von Richtern des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz in mehreren Verfahren, u.a. AZ 22 Cg 143/93s, 22 Cg 157/99h und 22 Cg 127/00a (letzteres Verfahren betrifft eine in drei Instanzen [hg. 9 Ob 299/00m] zurückgewiesene Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens 22 Cg 143/93s [hg. 9 Ob 1580/95]) gegen den Bund als Rechtsträger aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung klageweise vorzugehen und beantragte hiefür die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG ist auch verwirklicht, wenn über einen Verfahrenshilfeantrag, der solchen Klagen vorangeht, abzusprechen ist, weil ein Gericht, das in der Hauptsache - gleichviel, ob als Erst- oder als Rechtsmittelgericht - nicht verhandeln und entscheiden könnte, auch für einen solchen Antrag nicht zuständig sein kann (stRsp, 1 Nd 5/00 mwN uva). Die Bestimmung selbst regelt einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung und soll gewährleisten, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen kann, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach § 1 Abs 1 AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Deren rechtspolitischer Grund liegt darin, dass alle betroffenen Gerichte, aus deren Verhalten als Klagegrund ein Amtshaftungsanspruch bzw ein nach dem AHG zu beurteilender Anspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über solche Ansprüche ausgeschlossen sein sollen, weil Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen sollen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben. Deshalb kann ein bestimmter Gerichtshof erster Instanz nicht über eine Amtshaftungsklage verhandeln und entscheiden, wenn der geltend gemachte Anspruch aus dem Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs abgeleitet wird.

Demnach ist die Rechtssache an einen Gerichtshof erster Instanz außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz zu delegieren.

Stichworte