OGH 13Os159/01

OGH13Os159/0128.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lehr als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann Janosch S***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. Juni 2001, GZ 40 Vr 1925/00-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Neben in Rechtskraft erwachsenen - in einem Fall bloß unzulässig eine Subsumtion betreffenden (vgl zuletzt 13 Os 114/01) - Freisprüchen wurde Johann Janosch Sch***** - zu I bis III - jeweils einer unbestimmten Anzahl von Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I), Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (II) und Verbrechen der - teils bloß nach § 15 StGB versuchten - schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (III) sowie mehrerer Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (IV) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (V) schuldig erkannt.

Danach hat er in S*****, zu IV/A und D an einem nicht näher genannten Ort in Ungarn und zu IV/B in H*****,

I. in einer unbestimmten Anzahl selbständiger Taten von Ende 1995 bis zum 13. Dezember 1998 in unregelmäßigen Abständen, teils mehrmals pro Woche, außer dem Fall des § 206 StGB an seiner am 13. Dezember 1984 geborenen, mithin unmündigen Tochter Julia Sch***** durch intensives Ablecken der Brüste, Betasten der Scheide und Aufdrängen von Zungenküssen - darüber hinaus einmal im Mai 1996 durch intensives Betasten und Lecken der Scheide - geschlechtliche Handlungen vorgenommen;

II. in Tateinheit mit den zu I. bezeichneten Handlungen und darüber hinaus durch eine unbestimmte Anzahl weiterer gleichartiger Taten bis Mai 2000 sein minderjähriges Kind Julia Sch***** zur Unzucht missbraucht;

III. in einer unbestimmten Anzahl selbständiger Taten "ab 1996" durch gefährliche Drohung mit dem Umbringen, also mit dem Tod, zum Schweigen genötigt, zu III/A "teilweise" zu nötigen versucht, und zwar

A. Julia Sch***** über die zu I genannten Taten,

B. Hedwig Sch***** über "die Familiensituation";

IV. Hedwig Sch***** vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar

A. im Sommer 1996, indem er ihren Kopf gegen die Seitenscheibe eines PKW schlug, was eine Platzwunde an einem Auge hervorrief,

B. zu Ostern 1997, indem er sie an den Haaren zerrte, mit den Füßen trat und ihr mit den Fäusten ins Gesicht schlug, was Hämatome an verschiedenen Körperstellen Folge hatte,

C. im Dezember 1999, indem er ihren Kopf gegen einen Tisch schlug, was eine Platzwunde an der Stirn und eine Schädelprellung nach sich zog,

D. im August 2000 durch einen Faustschlag gegen die Lippe, was eine Blutunterlaufung an dieser zeitigte;

V. in Tateinheit mit der zu IV/C bezeichneten Handlung Hedwig Sch***** durch die mit Erfassen ihres Halses und angedeutetem Zudrücken unterstrichene Äußerung, er bringe sie um, gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Die aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Der Antrag auf "Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens nach einer entsprechenden Untersuchung der Julia Sch***** zum Beweis dafür, dass keinerlei Anzeichen erkennbar sind, die auf einen sexuellen Missbrauch hindeuten, obwohl bei einem derartigen von ihr geschilderten Vorfall ein geschulter Psychologe so etwas sehr wohl erkennen kann" (Bd II, Seite 209) wurde schon deshalb zu Recht abgewiesen (Z 4), weil er kein Vorbringen enthielt, warum anzunehmen sei, dass die Zeugin sich zu einer Befundaufnahme bereit finden würde (vgl Foregger/Fabrizy8 § 150 Rz 6). Dazu kommt, dass das Schöffengericht seine abweisliche Entscheidung treffend mit dem Hinweis begründet hat, der Antragsteller habe keine Mängel des von Dr. R***** erstatteten Befundes oder Gutachtens (§§ 125 f StPO) behauptet, sodass die verlangte Beweisaufnahme der Sache nach bloß auf dessen Überprüfung nach Art unzulässiger Erkundungsbeweisführung hinauslief. Dies umso mehr, als der Antragsteller dem Hinweis der Sachverständigen über die mangelnde Tauglichkeit von Tests zur "Messung" sexuellen Missbrauchs (Bd II, Seite 201 ff) nur mit einer substratlosen Gegenbehauptung widersprochen hat.

Welche angeblichen Widersprüche unerörtert geblieben sein sollen (Z 5 dritter Fall), ist der Mängelrüge nicht zu entnehmen (§ 285a Z 2 StPO). Zudem haben die Tatrichter fehlende Übereinstimmung der Aussagen von Hedwig und Julia Sch***** in Hinsicht auf Tatzeitpunkte und darüber erfolgte Gespräche zwischen den beiden erwogen (US 14 f). Mit - weit hergeholten - Spekulationen über die Überzeugungskraft einzelner Aussagen werden erhebliche Bedenken an den dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen nicht geweckt.

Die aus Z 5a vermisste Aufnahme "weiterer Beweise" scheitert schon daran, dass die Tatsachenrüge kein Vorbringen enthält, wodurch der Angeklagte an sachgerechter Antragstellung gehindert gewesen sein sollte (13 Os 99/00, 14 Os 85/01, 14 Os 137/01, der Sache nach iglS 15 Os 124, 125/01). Zudem werden Beweismittel, mit Ausnahme des bereits erwähnten Gutachtens, gar nicht genannt.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bloß einen "Widerspruch" zwischen festgestelltem Tatvorsatz und - im Rahmen der Erwägungen offen gelassener - "Motivation" zu den Taten auszumachen sucht, verzichtet sie auf einen Vergleich der tatsächlichen Urteilsannahmen mit dem darauf angewendeten Gesetz und verfehlt solcherart die notwendige Ausrichtung am Verfahrensrecht (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO). Den Grund, warum ausschließlich "sexuelle Triebhaftigkeit" geschlechtlichen Übergriffen der in Rede stehenden Art zugrunde liegen könne, verschweigt die Beschwerde ohnehin.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nicht öffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO) zieht die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung nach sich (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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