OGH 6Ob228/01z

OGH6Ob228/01z8.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers und Gegners der gefährdeten Partei Walter B*****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte und gefährdete Partei Karin B*****, vertreten durch Dr. Wilfried Mayer, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Ehescheidung, hier wegen einstweiligem Unterhalt, über den Revisionsrekurs der beklagten und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 6. Juni 2001, GZ 21 R 187/01a-13, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 27. April 2001, GZ 1 C 7/01b-9, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten seines Rekurses und seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung und ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der am 5. 5. 1917 geborene Kläger und die am 31. 3. 1957 geborene, aus Gmunden stammende Beklagte schlossen am 5. 5. 1984 vor dem Standesamt Gmunden die Ehe. Beide Parteien sind amerikanische Staatsbürger und lebten zuletzt in Texas. Nachdem sie sich entschieden hatten, nach Österreich zu übersiedeln, reiste die Beklagte 1998 mehrmals nach Gmunden, um dort eine Wohnung zu suchen. Hiefür erhielt sie vom Kläger einen Scheck über ca 1,000.000 S. Sie deponierte diese Summe auf einem Sparbuch bei einer Bank in Gmunden, dessen Einlagestand im Herbst 1998 ca 2,700.000 S betrug. Anfang September 1998 übersiedelte die Beklagte endgültig nach Gmunden. Der Kläger kam Anfang Oktober 1998 dorthin nach. Einige Tage nach seiner Ankunft teilte ihm die Beklagte mit, dass sie einen anderen Mann kennengelernt habe und sich vom Beklagten trennen wolle. Sie lehne aufgrund ihres intimen Verhältnisses mit dem anderen Mann Geschlechtsverkehr ab. Durch diesen Zustand wurde der Kläger seelisch sehr belastet. Er empfand die Situation letztlich als unhaltbar und stimmte zu, aus der gemeinsamen Wohnung in Gmunden auszuziehen. Die Beklagte suchte für den Kläger eine neue Wohnung, in die dieser auch einzog. Der Kläger verfasste am 8. 11. 1998 ein von beiden Parteien unterzeichnetes Schreiben, in dem festgehalten wurde, dass er am 1. Dezember 1998 in eine eigene Wohnung ziehen werde und dass dies mit dem Wissen und Einverständnis seiner Ehefrau geschehe.

Anfang Oktober 1998 wurden die auf dem Sparbuch befindlichen Ersparnisse zwischen den Parteien je zur Hälfte aufgeteilt. Die Beklagte erhielt 1,334.131 S.

Am 29. 10. 1998 unterfertigten die Parteien eine von der Beklagten verfasste Vereinbarung folgenden Inhaltes:

"Ich.... (Kläger) verpflichte mich, meiner Frau... monatlich S 12.650 (inklusive Teilmiete S 6.650 plus S 6.000 Unterhalt) bis zum Zeitpunkt einer Scheidung zu bezahlen. Wir werden in zwei verschiedenen Wohnungen leben".

Bei Unterfertigung dieser Vereinbarung wurde kein konkreter Scheidungstermin in Aussicht genommen. Der Kläger zahlte den vereinbarten Betrag auch einige Male. Nachdem er die Zahlungen zunächst eingestellt hatte, zahlte er der Beklagten im Juni 2000 noch einmal 200.000 S für Rückstände aus dieser Vereinbarung. Seitdem leistet er keine Zahlungen mehr.

Der Kläger maß zunächst der von ihm unterfertigten Unterhaltsvereinbarung keine Bedeutung zu. Er dachte sich, "dass eigentlich das Gericht das richtige Urteil machen muss". Er war zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung geistig gesund und geschäftsfähig.

Der Kläger bewarb sich einige Zeit hindurch immer wieder darum, die Beklagte als Ehefrau zurückzugewinnen. Nun ist aber eine Wiederaufnahme der Ehe ausgeschlossen.

Der Kläger war vor seiner Pensionierung als Offizier im Rang eines Oberst beim "Military Inteligence" tätig. Er erhält monatlich eine Heerespension von 1.485,17 US-Dollar, eine Beamtenpension von 3.244,38 US-Dollar und Leistungen aus der Sozialversicherung von 241 US-Dollar (12 x jährlich). Für das Jahr 2000 wurden ihm Einkommensteuerzahlungen von 6.461 US-Dollar vorgeschrieben.

Die Beklagte hat kein eigenes Einkommen und bisher auch keine Arbeitsbewilligung in Österreich.

Der Mann (ein Rechtsanwalt), mit dem sie nun eine Liebesbeziehung unterhält, nächtigt fallweise bei ihr. Die beiden gehen auch fallweise mitsammen essen oder ins Kino. Sie verbringen aber nicht ihre gesamte Freizeit gemeinsam. Die Beklagte wird von diesem Mann finanziell nicht unterstützt. Er hat keine persönlichen Sachen in ihrer Wohnung. Es ist nicht feststellbar, dass das Verhältnis der Beklagten zu diesem Mann ausschließlich zur Zerrüttung der Ehe der Parteien geführt hat.

Mit der am 23. 1. 2001 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Scheidung aus dem Alleinverschulden der Beklagten. Diese sprach sich nicht gegen die Ehescheidung aus, beantragte aber die Feststellung des überwiegenden Verschuldens des Klägers, weil sie sich nicht wegen ihrer Beziehung zu einem anderen Mann, sondern aufgrund des - näher beschriebenen - ehewidrigen Verhaltens des Klägers von diesem getrennt habe.

Am 5. 2. 2001 brachte die Beklagte den Antrag ein, den Kläger gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO zur Leistung eines vorläufigen Unterhaltsbeitrages von 12.650 S monatlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens zu verpflichten. Sie habe den Haushalt geführt, habe kein eigenes Einkommen und keine Arbeitsbewilligung in Österreich. Der Kläger beziehe ein Pension von 5.000 US-Dollar netto monatlich. Das Unterhaltsbegehren werde insbesondere auf die Vereinbarung vom 29. 10. 1998 gestützt. Der Kläger leiste seit Juli 2000 keinen Unterhalt mehr.

Der Kläger beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Die Beklagte führe mit dem Rechtsanwalt eine Lebensgemeinschaft. Sie habe ihren Unterhaltsanspruch durch ihr ehebrecherisches Verhalten verwirkt. Der Kläger sei mit der Trennung nicht einverstanden gewesen, habe hiefür keinerlei Ursachen gesetzt und immer gehofft, dass die Beklagte zu ihm zurückkehren werde. Die ihm vorgeworfenen Eheverfehlungen würden bestritten. Die Beklagte habe ohinhin die Hälfte der Ersparnisse erhalten. Dem Kläger seien die rechtlichen Konsequenzen der Vereinbarung nicht klar gewesen. Ihm sei die Unterschrift von der Beklagten arglistig entlockt worden. Er habe sich in einem von ihr veranlassten wesentlichen Geschäftsirrtum befunden.

Das Erstgericht erließ die begehrte einstweilige Verfügung. Auf den Unterhaltsanspruch sei österreichisches Recht anzuwenden, weil amerikanische Gerichte in Ehescheidungssachen lex fori anwendeten, worin eine versteckte Rückverweisung im Sinn des § 5 Abs 2 IPRG zu erblicken sei. Die getroffene Unterhaltsvereinbarung, die der gesetzlichen Regelung vorgehe, sei weder sittenwidrig noch sonst unwirksam. Eine Lebensgemeinschaft zwischen der Beklagten und ihrem neuen Partner liege nicht vor. Da der Kläger die Vereinbarung in Kenntnis der ehebrecherischen Beziehung unterfertigt habe und auch nicht feststehe, dass ausschließlich die Aufnahme dieser Beziehung die Zerrüttung der Ehe bewirkt habe, liege kein Rechtsmissbrauch bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruches vor.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, das es den Antrag auf Leistung des einstweiligen Unterhalts abwies. Es billigte die Ausführungen des Erstgerichtes zur Anwendung österreichischen Sachrechtes. Die trotz Kenntnis einer Pflichtverletzung des anderen Ehegatten getroffene Unterhaltsvereinbarung sei zwar nicht sittenwidrig. Mit dieser Vereinbarung sei aber nicht der gesetzliche Unterhalt der Ehefrau näher geregelt worden, weil die Beklagte diesen Anspruch aufgrund ihres festgestellten Verhaltens verwirkt habe. Es liege eine sich außerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegende Regelung vor, wenn sich ein Ehegatte Unterhaltsleistungen versprechen lasse, obwohl er selbst nicht mehr zur Erfüllung der betreffenden ehelichen Verpflichtungen bereit sei. Nicht auf einer gesetzlichen Unterhaltspflicht beruhende Ansprüche könnten jedoch nicht Gegenstand einer Leistungsverfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO sein, sondern könnten nur nach § 379 Abs 3 EO gesichert werden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO auf vertragliche Unterhaltsvereinbarungen zwischen Ehegatten fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist aus dem vom Rekursgericht dargelegten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass der geltend gemachte Unterhaltsanspruch der Beklagten nach österreichischem Recht zu prüfen ist, blieb von beiden Parteien unbekämpft. Sie steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass im Fall der Gesamtverweisung der - hier aufgrund der Anknüpfung des § 18 IPRG an das Personalstatut der Parteien - zunächst heranzuziehenden fremden Rechtsordnung nach § 5 Abs 2 IPRG mittelbar die österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden sind. Das österreichische Sachrecht kommt - analog zu § 5 Abs 2 IPRG - auch dann zum Zug, wenn das fremde Kollisionsrecht bei Jurisdiktion seiner Gerichte einseitig nur sein eigenes Sachrecht beruft. Eine Sachnormrückverweisung wird auch in der sogenannten "versteckten Rückverweisung" erblickt, die vorliegt, wenn das fremde Kollisionsrecht bei Jurisdiktion seiner Gerichte einseitig sein eigenes Sachrecht beruft und im konkreten Fall der fremde Staat seine Jurisdiktion verneint (6 Ob 638/91 = ZfRV 1993, 164 [Hoyer] - Israelisches Erbkollisionsrecht; 1 Ob 549/80 = JBl 1981, 36 = EvBl 1981/21 und 6 Ob 232/00m mit Literaturnachweisen - Ehescheidung von Staatsbürgern der Vereinigten Staaten). Das Recht der US-Staaten stellt - wie bei der Beurteilung der materiellrechtlichen Scheidungsvoraussetzungen - auch für Unterhaltsansprüche getrennt lebender Ehegatten auf das materielle Recht des erkennenden Gerichtes, dessen Jurisdiktion gegeben ist, ab (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Vereinigte Staaten von Amerika, 56 f; Schwimann, Internationales Privatrecht3 40). Im Hinblick auf den Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien in Österreich und die Zuständigkeit österreichischer Jurisdiktion sowohl für die Ehescheidung als auch für den vorläufigen Unterhaltsanspruch haben die Vorinstanzen diesen daher zutreffend nach österreichischem Sachrecht beurteilt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Auferlegung eines vorläufigen Unterhalts gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO keine einstweilige Verfügung im engeren Sinn, weil damit nicht ein Leistungsanspruch gesichert werden soll,der als Geldforderung unter den Voraussetzungen des § 379 Abs 2 EO mit den Mitteln des § 379 Abs 3 EO zu sichern wäre. Im Gegensatz zu einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO, der es nicht gestattet ist, die Entscheidung im Prozess vorwegzunehmen, soll den Berechtigten nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO ein Exekutionstitel verschafft werden, aufgrund dessen Exekution zur Hereinbringung geführt werden kann (3 Ob 520/87 = SZ 60/97; 4 Ob 2371/96x = ÖAV 1997, 165). Eine einstweilige Verfügung zugunsten des Unterhaltsanspruchs nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a ist nicht durch die Bescheinigung einer Gefährdung nach § 381 EO bedingt. Nur der Umstand, dass eine Verletzung der Unterhaltspflicht stattgefunden hat, muss bescheinigt werden (Heller/Berger/Stix, Kommentar zur EO III 2767). Zur Sicherung des Anspruchs auf Unterhalt kann eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO auch dann bewilligt werden, wenn sein Ausmaß gerichtlich oder vertraglich bereits in Geld festgesetzt wurde (Heller/Berger/Stix aaO 2766 mwN). Andererseits sind auch gesetzliche Geldunterhaltsansprüche Geldforderungen im Sinn des § 379 EO und können daher (auch) nach dieser Bestimmung gesichert werden (4 Ob 2371/96x; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, § 382 EO Rz 8 mwN; Kodek in Angst, EO-Komm. § 382 Rz 34).

Diese Sonderstellung der Regelungen über den einstweiligen Unterhalt nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO und die daraus resultierende, sich von sonstigen Sicherungsansprüchen unterscheidende, Möglichkeit, Unterhaltsansprüche im Sicherungsverfahren durchzusetzen, machen es erforderlich, zwischen Unterhaltsansprüchen und anderen Geldansprüchen zu unterscheiden. Dabei kann es nicht allein darauf ankommen, ob die Parteien in einer Vereinbarung, die im Exekutionsverfahren als Anspruchsgrundlage für eine zu sichernde Geldforderung herangezogen wird, eine Widmung als Unterhaltszahlung vorgenommen haben. Besteht keine gesetzliche Unterhaltspflicht, sind Geldleistungen, auf die auch sonst kein Rechtsanspruch des Empfängers besteht, unabhängig von der von den Parteien gewählten Bezeichnung als Schenkungen zu qualifizieren, die zwar nach § 379 EO gesichert werden können, nicht aber durch die Sonderbestimmung des § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO privilegiert sind. Die Zweckbestimmung dieser Vorschrift liegt darin, dem aktuellen Mangel an Mitteln, die Lebensführung zu bestreiten, entgegenzuwirken, wofür eine bloße Sicherung des Unterhaltsanspruches nicht ausreichend wäre (König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren2, Rz 2/124). Eine solche bedrohliche Situation kann zwar auch dann bestehen, wenn der nicht über Eigenmittel verfügende Ehepartner oder ehemalige Ehepartner keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehepartner hat und dieser nicht bereit ist, dennoch finanzielle Unterstützung zu gewähren. Allein der Umstand, dass sich der andere Ehepartner freiwillig zu Geldzahlungen verpflichtet hat, kann nicht ausschlaggebend dafür sein, den Unterhaltsbedürftigen bei der Durchsetzung freiwillig zugestandener Geldleistungen besser zu stellen als sonstige Gläubiger.

Die Regelungsverfügung des einstweiligen Unterhalts nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO ist daher nur für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch möglich. Schon der historische Gesetzgeber wollte mit der Vorgängerbestimmung den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Ehepartners sichern (vgl König aaO, Rz 2/122, 2/135 mit Hinweis auf Gesetzesmaterialien). Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der eine analoge Anwendung des § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO wegen der darin enthaltenen Erleichterungen der Rechtsverfolgung auf andere Geldzahlungsansprüche mit Unterhaltscharakter ablehnt (SZ 20/43 - Leibrentenansprüche; 2 Ob 61-63/92 = EvBl 1993/106 = EFSlg 70.032 - Ansprüche nach § 1327 ABGB). Die Anwendung dieser Bestimmung kommt daher nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Ehepartner aus dem familienrechtlichen Naheverhältnis vom anderen Ehepartner aus dem Titel des Gesetzes Unterhaltsleistungen für sich begehrt (8 Ob 238/70 = SZ 43/182 - dort jedoch obiter, weil der Unterhalt eines unehelichen Kindes der Ehefrau durchgesetzt werden sollte; vgl auch Kodek aaO Rz 35-38).

Der durch Vereinbarung festgelegte Unterhalt behält grundsätzlich solange den Charakter eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, als sich die Vereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltsbestimmungen bewegt und somit nur in diesem Rahmen eine Fixierung und Konkretisierung des Unterhaltsanspruches der Höhe und den Leistungsmodalitäten nach erfolgt. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger dem Gesetz entsprechender Unterhalt vereinbart wurde, darf nicht engherzig vorgegangen werden (8 Ob 2213/96s = EFSlg 34/6 mwN). Eine Unterhaltsvereinbarung kann aber jedenfalls nur dann als weitere Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches angesehen werden, wenn ein solcher überhaupt besteht.

Das Rekursgericht meinte, die Beklagte habe durch Aufnahme eines ehewidrigen Verhältnisses ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ABGB verwirkt, also zum Erlöschen gebracht, weshalb die Vereinbarung vom 29. 10. 1998 nur mehr einen vertraglichen Unterhaltsanspruch begründen habe können. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen:

Ein Rechtssatz, wonach ein Ehepartner durch Eheverfehlungen grundsätzlich seinen (gesetzlichen) Unterhaltsanspruch verliere, ist dem österreichischen Recht fremd. Nach der vom Rekursgericht zutreffend herangezogenen Bestimmung des § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB behält die bisher unterhaltsberechtigte Ehegattin nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts ihren Unterhaltsanspruch, wenn nicht dessen Geltendmachung, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Rechtsmissbrauch ist mehr als bloß rechtswidriges Verhalten und nur in besonders krassen Fällen, nur bei besonders schweren Eheverfehlungen verwirklicht, bei denen die Zuerkennung von Unterhalt grob unbillig erschiene (vgl Stabentheiner in Rummel, ABGB3 § 94 Rz 16 mwN). Auch Gründe, die nicht für die Aufhebung der Gemeinschaft kausal waren, können den Einwand des Rechtsmissbrauchs herstellen (Stabentheiner aaO Rz 18). Ein allfälliger Rechtsmissbrauch ist jedoch in allen diesen Fällen nicht von Amts wegen wahr zu nehmen, sondern nur auf Einwendung des Unterhaltspflichtigen, dem die Behauptungs- und Beweislast für einen Rechtsmissbrauch auferlegt ist. Da aber Rechtsmissbrauch nur infolge Einwendung wahrgenommen werden kann, muss es auch möglich sein, auf diesen Einwand zu verzichten. Ein solcher Verzicht des Klägers auf den Einwand, die Beklagte mache ihren Unterhaltsanspruch rechtsmissbräuchlich geltend, ist im vorliegenden Fall bereits deshalb anzunehmen, weil er nach den Feststellungen in Kenntnis der maßgeblichen Eheverfehlungen der Frau, insbesondere auch ihres Verhältnisses mit einem anderen Mann, ihr vertraglich einen Unterhalt zubilligte, der - vom Einwand des Rechtsmissbrauchs abgesehen - durchaus dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch einer ohne eigenes Einkommen lebenden Ehefrau entspräche. Daher behielt der durch Vereinbarung unter dem darin zu erblickenden Verzicht des Klägers auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs festgelegte Unterhalt den Charakter eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, der einer Einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO im Sinne der Entscheidung des Erstgerichtes zugänglich ist.

Dem Revisionsrekurs der Beklagten war daher Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Klägers auf den §§ 41 und 50 ZPO iVm §§ 78, 402 EO, hinsichtlich der Beklagten auf § 393 EO.

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