OGH 13Os115/01

OGH13Os115/017.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jürgen Z***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach §§ 27 Abs 2 Z 1, 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Armin K***** und Günther B***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 6. Juni 2001, GZ 7 Vr 640/00-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Armin K*****, Günther B***** und der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten Armin K***** und Günther B***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die beiden Beschwerdeführer Armin K***** und Günther B***** wegen Suchtgiftdelikten schuldig erkannt, und zwar soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung

Armin K*****

zu B) I) des Verbrechens nach § 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3, erster und zweiter Fall SMG,

Günther B*****

zu D) I) des Verbrechens nach "§§ 27 Abs 2 Z 2, 28 Abs 2, vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG".

Danach haben

B) Armin K*****

I) gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande Suchtgift in einer

großen Menge aus- bzw eingeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar

1) im Jahr 2000 in zahlreichen Fahrten, davon zwei gemeinsam mit Jürgen Z***** und eine gemeinsam mit Gerhard G*****, insgesamt ca

4.745 Gramm Cannabisharz, ca 5.840 bis 5.940 Gramm Cannabiskraut und ca 750 Gramm Cannabis (Harz und/oder Kraut) sowie mindestens 305 Gramm "Schwammerl" von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich aus- und eingeführt,

2) aus der unter 1) angeführten Tat durch Verkauf in Verkehr gesetzt, nämlich

a) im Zeitraum Mai 2000 bis November 2000 in Ried im Innkreis dem Jürgen Z***** insgesamt ca 2 kg Cannabiskraut und ca 700 Gramm Cannabisharz,

b) im Zeitraum März 2000 bis Dezember 2000 in Ried im Innkreis dem Gerhard G***** bzw zahlreichen Endabnehmern insgesamt ca 3,5 kg Cannabiskraut, ca 720 Gramm Cannabisharz und eine unbekannte Menge "Schwammerl",

c) im Zeitraum Mai 2000 bis Jänner 2001 in Haag/Hausruck dem Günther B***** insgesamt 3.325 Gramm Cannabisharz und ca 340 bis 440 Gramm Cannabiskraut,

D) Günther B***** in Haag/Hausruck

I) im Zeitraum Mai 2000 bis Februar 2001 gewerbsmäßig Suchtgift in

einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich insgesamt 3.325 Gramm Cannabisharz und 340 bis 440 Gramm Cannabiskraut an großteils unbekannte Abnehmer durch Verkauf in Verkehr gesetzt, "wobei er durch diese Tat teilweise einem Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglichte und selbst volljährig und mehr als 2 Jahre älter als der Minderjährige war, indem er im Dezember 2000 dem am 1. Oktober 1982 geborenen Hannes S***** 10 Gramm Cannabisharz zum Preis von S 500,-- überließ";

Gegen ihre Schuldsprüche richten sich die von Armin K***** auf Z 4, von Günther B***** auf Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerden, die jedoch nicht berechtigt sind.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Armin K*****:

Die Mängelrüge richtet sich gegen die Abweisung des Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, "dass die Einkaufspreise von Cannabis-Kraut und Cannabis-Harz in Holland bei durchschnittlich S 60,-- pro Gramm für Kraut und S 30,-- pro Gramm für Harz liegen und dass die Rückrechnung der möglichen Einkaufsmengen bei den dortigen Preisen und den eingesetzten Geldmitteln lediglich die von mir (= K*****) gemachten Mengenangaben ergeben können und somit die der übrigen Angeklagten unrichtig sein müssen."

Zu Recht unterblieb die Beweisaufnahme, weil ein Sachverständiger bloß dann heranzuziehen ist, wenn die Sachkenntnis des Gerichts für die Beurteilung einer Tatfrage (im vorliegenden Fall des Handelspreises für Suchtgift) nicht ausreicht. Dass dies so wäre, wird im Antrag (und auch in der Beschwerde) ebensowenig behauptet wie der Umstand, dass durch das angestrebte Beweisergebnis eine Änderung der Qualifikation (zufolge der Menge), also ein bestimmtes Strafgesetz bzw ein anzuwendender Strafsatz berührt wird; vielmehr wird im Antrag selbst zutreffend zugestanden, "dass der Beweisantrag nichts mit der Tatbestandsmäßigkeit zu tun hat, sondern nur in Richtung des Strafausmaßes geht" (S 531/I).

Weiters richtet sich die Kritik gegen die Ablehnung der Einholung der Tachographenscheibe für das Fahrzeug R***** vom 28. Juli 2000 bei der Firma M***** (Dienstgeber des Angeklagten K*****). Abgesehen davon, dass - inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolles - ein Beweisthema gar nicht angegeben wurde (dies erfolgte prozessual verspätet erst in der Nichtigkeitsbeschwerde), betrifft das genaue Datum einer angeblichen Suchtgiftbeschaffungsfahrt im Hinblick auf den Inhalt des Schuldspruches (Vielzahl solcher Fahrten im Tatzeitraum) keine entscheidende Tatsache. Dazu kommt, dass die Angaben des Beschwerdeführers über die mit dem Angeklagten Jürgen Z***** durchgeführten gemeinsamen Autoreisen mit den Ausführungen des Letzteren ohnedies übereinstimmen, und schließlich, dass der Antrag auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinausläuft.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther B*****:

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine Unvollständigkeit der Gründe, weil das Urteil (in der Beschwerde wiedergegebene) Aussagen des Angeklagten übergehe, aus welchen sich ergeben würde, dass dieser die Tat vorwiegend deshalb begangen habe, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu beschaffen. Daraus würde sich letztlich die Privilegierung des § 28 Abs 3 zweiter Satz und somit eine Bestrafung bloß nach § 28 Abs 2 SMG ergeben.

Entgegen der Beschwerde bedurfte es dazu keiner Erörterung, weil der Verkauf der großen Suchtgiftmengen dem Beschwerdeführer ein ("Neben")Einkommen verschaffte, das er nicht für den Ankauf von Suchtgift für den Eigenbedarf verwendete. Diesen konnte er nämlich mit einer "Naturalentlohnung" abdecken (s US 13).

Zur Mängelrüge betreffend die subjektive Tatseite des Angeklagten hinsichtlich des Alters des (minderjährigen) Hannes S*****, dem er Suchtgift überlassen hat, genügt es, auf die Bemerkungen am Schluss dieser Entscheidung zu verweisen.

Die Strafbemessungsrüge (Z 11) orientiert sich mit der Behauptung einer vorwiegenden Beschaffungskriminalität nicht am Schuldspruch.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher als unbegründet bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich für die Entscheidung über die Berufungen der Beschwerdeführer und der Staatsanwaltschaft (betreffend die Mitangeklagten Jürgen Z***** und Gerhard G*****) die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz ergibt (§ 285i StPO).

Die Schuldsprüche der Angeklagten Jürgen Z***** (der keine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben hat) wegen des Verbrechens nach "§§ 27 Abs 2 Z 1, 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG" und des Angeklagten Günther B***** wegen des Verbrechens nach "§ 27 Abs 2 Z 1, § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG" geben zu dem Bemerken Anlass, dass die Unterstellung auch unter § 27 Abs 2 Z 1 SMG rechtlich verfehlt ist. § 28 Abs 2 SMG ist nämlich gegenüber tateinheitlichem Überlassen eines Suchtgiftes nach § 27 Abs 1 SMG in Teilmengen, die für sich allein die Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG nicht erreichen, einschließlich der unselbständigen Qualifikationen des § 27 Abs 2 SMG die spezielle Norm und verdrängt Vergehen nach § 27 Abs 1 und Abs 2 SMG infolge Scheinkonkurrenz (13 Os 40/00, Ratz in WK2 Vorbem §§ 28 bis 31 insbes 2. Punkt Rz 35).

Ein amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 2 StPO konnte jedoch unterbleiben, weil sich der Rechtsfehler nicht zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat: Weder wurde ein anzuwendender Strafsatz berührt noch wurde diese Qualifikation als erschwerend gewertet.

Stichworte