OGH 13Os128/01

OGH13Os128/017.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cornelius O***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 29. März 2001, GZ 40 Vr 2052/00-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, des Angeklagten sowie seines Verteidigers Dr. Hirsch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Cornelius O***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 26. Mai 2000 in Bad Gastein Alexandra D***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich dem mehrmaligen Einführen eines Fingers in ihre Scheide, genötigt hat, indem er sie festhielt, ihr die Kleider vom Leib riss und ihre Oberschenkel auseinanderdrückte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Der unter dem Gesichtspunkt vermeintlich unvollständiger und offenbar unzureichender Begründung partiell auf spekulativer Basis sowie durch isolierte Hervorhebung bloß einzelner, die Annahmen über die Glaubwürdigkeit der tatbetroffenen Zeugin Alexandra D***** erörternder Urteilserwägungen (US 8) erhobenen Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich - wie etwa mit dem Hinweis auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Angaben des Tatopfers - zur Gänze im Versuch, die insgesamt ausführliche und mit den Gesetzen der Logik im Einklang stehende Beweiswürdigung des Schöffengerichts durch Schmälerung des Beweiswertes der den Beschwerdeführer belastenden Teile der Zeugenaussage unter Betonung von bestimmten, ihn vermeintlich entlastenden Divergenzen nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen. Die dazu ins Treffen geführten Widersprüche in der Darstellung der Zeugin wurden vom Erstgericht hinlänglich (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - wenngleich nicht mit dem in der Beschwerde angestrebten Ergebnis - berücksichtigt und lassen ohne Ausnahmen den für die strafrechtliche Beurteilung maßgebenden Kern der inkriminierten Tathandlung (wiederholte digitale Vaginalpenetration) unberührt.

Im Übrigen haben die Tatrichter nachvollziehbar dargelegt, auf Grund welcher Umstände, nämlich der Art der vom Angeklagten und vom Opfer davongetragenen Verletzungen, der Sicherstellung der in der Wohnung des Beschwerdeführers zurückgebliebenen Unterwäsche der Frau (samt einem Knopf der von ihr getragenen Hose) im Konnex mit der die inkriminierte geschlechtliche Handlung nicht in Abrede stellende Ersteinlassung des Angeklagten (S 11, 37 ff iVm US 6 ff) und den in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Angaben der Zeugin Alexandra D***** (S 92 ff, 135 ff, insbes S 143) sie entgegen der leugnenden Verantwortung des Angeklagten von seiner Täterschaft ausgegangen sind. Mit hypothetischen Überlegungen auf nebensächliche Details abzielend, vermag die Beschwerde Unschlüssigkeiten oder sonstigen Mängel der tatrichterlichen Abwägung der Verfahrensresultate nicht aufzuzeigen.

Beim Vorwurf der Aktenwidrigkeit verkennt der Nichtigkeitswerber zudem, dass ein derartiger Begründungsmangel die (hier gar nicht behauptete) unrichtige Wiedergabe des Inhaltes einer Aussage oder einer Urkunde im Urteil voraussetzt.

Die Einwände der Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpfen sich der Sache nach ebenfalls lediglich in einer Anfechtung der den Tatrichtern vorbehaltenen Beurteilung der Überzeugungskraft der Depositionen der Belastungszeugin D*****. Der in diesem Zusammenhang vorgetragene Hinweis auf jenes Aussagedetail, demzufolge der Genannten die Beantwortung der Frage, ob das Bestreben des Angeklagten auf Durchführung eines Geschlechtsverkehrs gerichtet war, nicht möglich gewesen sei (S 94), bezieht sich - als Wiedergabe eines bloß subjektiven Empfindens - ebenso wenig auf einen entscheidungsrelevanten Tatumstand wie die ferner relevierte Möglichkeit des ungehinderten Verlassens der Wohnung des Beschwerdeführers seitens des Opfers. Dies trifft gleichermaßen auf die - fallspezifisch keineswegs aussagekräftige - Tatsache des Fehlens von Verletzungsspuren im Genitalbereich der Frau zu.

Schließlich vermag der Beschwerdeführer weder aus dem auf den Versuch der Vollziehung des Beischlafs abgestellten Inhalt der vom Rechtsvertreter der Alexandra D***** verfassten Strafanzeige (S 53 f), noch aus dem von der Genannten für die Durchsicht ihres gerichtlichen Zeugenprotokolls beanspruchten Zeitraum (S 95) oder aus der Tatsache des freiwilligen Aufsuchens der Wohnung des Angeklagten zum Zweck der zunächst beabsichtigten Übernachtung erhebliche Bedenken gegen die wesentlichen Urteilsfeststellungen anhand der Aktenlage aufzuzeigen; vielmehr trachtet der Beschwerdeführer (abermals) nur danach, mit spekulativen Erwägungen die Aussageverlässlichkeit des Opfers in den entscheidenden Belangen in Frage zu stellen.

Auch die Subsumtionsrüge (Z 10), in der sich der Nichtigkeitswerber gegen die Unterstellung des Urteilssachverhalts unter die Bestimmung des § 201 Abs 2 StGB mit der Behauptung wendet, das inkriminierte Einführen eines Fingers in die Scheide der Frau stelle nach Lage des Falles - angesichts der keineswegs gravierenden Begleitumstände der Tat - (noch) keine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung dar, weshalb rechtsrichtig die Vorschrift des § 202 Abs 1 StGB zur Anwendung zu bringen gewesen wäre, versagt.

Nach der gefestigten Judikatur entspricht nämlich (entgegen der vom Angeklagten gestützt auf Pallin im WK1 Ergänzungsheft Rz 21a und Bertel/Schwaighofer BT II3 Rz 2, je zu § 201 vertretenen Auffassung) das Eindringen mit dem Finger in das weibliche Geschlechtsorgan nach Art und Intensität der sexuellen Inanspruchnahme, der Schwere des sexuellen Eingriffs in die Selbstbestimmung des Opfers sowie im Ausmaß seiner Demütigung und Erniedrigung den für die Gleichwertigkeit einer geschlechtlichen Handlung mit jener des Beischlafs maßgeblichen Kriterien (JUS 1999/6/2744; 11 Os 77, 78/97; EvBl 1995/153; 14 Os 144/93; 15 Os 15/95 ua).

Die Tatbeurteilung nach § 201 Abs 2 StGB erweist sich demnach als rechtsrichtig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 201 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Dabei wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die Unbescholtenheit und das vor der Polizei abgelegte Geständnis, welches nicht unwesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Gegen die Höhe der bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf einen Tag begehrt wird. Sie ist nicht im Recht.

Vorerst sind die vom Erstgericht ansonsten zutreffend angenommenen Strafzumessungstatsachen dahin zu ergänzen, dass die leichten Verletzungen des Opfers als erschwerend zu werten sind. Unter zusätzlicher Relativierung des Milderungsgrundes des bei der polizeilichen Vernehmung abgelegten Geständnisses, das darin bestand, dass der Angeklagte die Tathandlung lediglich als "möglich" nicht abgestritten hat, kann von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinn des § 41 Abs 1 StGB nicht gesprochen werden. Damit fehlt es aber an der grundlegenden Voraussetzung der Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Im Übrigen trägt die verhängte Freiheitsstrafe ohnedies umfassend den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung, sodass zu einer Korrektur kein Anlass besteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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