OGH 14Os117/01

OGH14Os117/016.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Lazar G***** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. April 2001, GZ 11 Vr 367/01-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Holzleithner, und des Verteidigers Dr. Karner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Lazar G***** des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (1) und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (2) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 7. Oktober 2000 in Graz

1.) dadurch, dass er GrInsp Christian G***** und RevInsp Günter B***** einen 1.000 S-Geldschein hinhielt und dazu mehrfach äußerte: "Nehmen sie das Geld, aber schreiben sie dafür bitte keine Anzeige!", Beamte der Bundespolizeidirektion Graz (gemeint:) wissentlich zum Missbrauch ihrer Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, mit dem Vorsatz, den Staat an seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, indem die Beamten von einer Anzeigenlegung Abstand nehmen sollten, zu bestimmen versucht, und

2.) Berechtigten der Firma B***** mehrere - näher bezeichnete - Waren im Gesamtwert von 273,80 S mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen.

Rechtliche Beurteilung

Der lediglich gegen den Schuldspruch zu 1) gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht habe verabsäumt festzustellen, wer und in welchen Rechten durch die Einflussnahme des Beschwerdeführers auf die Polizeibeamten hätte geschädigt werden sollen, versagt im Blick auf die insoweit unmissverständliche Fassung des Urteilsspruchs und die damit eine Einheit bildenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen. Hieraus folgt, dass das Tatverhalten des Angeklagten darauf abzielte, die Beamten zur missbräuchlichen Abstandnahme von ihrer Befugnis zur Anzeigeerstattung wegen des zu Punkt 2) des Urteilsspruchs bezeichneten Diebstahls zu veranlassen und damit den Staat in seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen (US 2 iVm US 5, 6 und 7).

Mit seiner Kritik an der Auffassung des Erstgerichts, dass für einen extranen Tatbeteiligten laienhaftes Wissen um den Befugnismissbrauch der Beamten genüge ((US 7), unterliegt der Beschwerdeführer einem Missverständnis. Das Schöffengericht ist nämlich ohnedies zutreffend davon ausgegangen, dass Bestimmungstäterschaft zum Missbrauch der Amtsgewalt in subjektiver Hinsicht voraussetzt, dass es der Bestimmende für gewiss hält, der Beamte werde bei bestimmungsgemäßem Verhalten seine Befugnis (zumindest) vorsätzlich missbrauchen (EvBl 1998/80, 15 Os 124/96 ua) und hat im Einklang damit auch die erforderlichen Feststellungen getroffen, indem es ausführte, dass der Angeklagte die Beamten von einer Anzeigeerstattung im Wissen davon abzuhalten versuchte, dass diese hiedurch ihre Befugnis - nach Lage des Falles zwangsläufig vorsätzlich - missbrauchen würden (US 5, 6).

Die bemängelte Urteilspassage bezieht sich demmach nur auf den Inhalt und die Reichweite der Befugnis der Beamten in Ansehung des staatlichen Rechts, dessen Verletzung vom Angeklagten angestrebt wurde. Insoweit ist aber eine genaue und besondere Kenntnis des Bestimmungstäters nicht erforderlich, sondern genügt vielmehr dessen (vom Erstgericht rechtsrichtig als Beurteilungsmaßstab herangezogenes) grundsätzliches, laienhaftes Wissen um die (angestrebte) objektive Pflichtverletzung seitens der Beamten (Mayerhofer StGB5 § 302 E 82, 12 Os 86/96, 15 Os 124/96).

Der eine Tatbeurteilung in Richtung des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs 1 Z 1 StGB monierenden Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider bringt das Urteil - wie oben ausgeführt - den Vorsatz des Angeklagten, den Staat an seinem konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck.

Die Ausschaltung der Strafverfolgung trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ist aber nach herrschender Auffassung in jedem Fall, und zwar auch bei entsprechender Eigeninitiative des Betroffenen, als Beeinträchtigung eines konkreten staatlichen Hoheitsrechts zu beurteilen, deren strafrechtliche Zurechnung stets dann unproblematisch ist, wenn sich der Tätervorsatz - wie hier - darauf erstreckt, die Unterlassung eines Hoheitsaktes durch pflichtwidriges Verhalten der betroffenen Beamten zu bewirken. Reduziert sich doch die Verhinderung der eigenen Bestrafung solcherart bloß auf die Bedeutung der tatauslösenden Motivation für die (versuchte) Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB zum Missbrauch der Amtsgewalt im Sinn des § 302 StGB (Mayerhofer aaO E 37 und 119, 12 Os 86/96; aM Bertel in WK2 § 302 Rz 135).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 302 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen ... 100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu fünfzig Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit, das zum Diebstahlsfaktum abgelegte reumütige Geständnis und die Sicherstellung der Beute.

Der auf Verhängung einer Geldstrafe unter Anwendung des § 37 (Abs 1) StGB antragenden Berufung des Angeklagten ist zwar zuzustimmen, dass ihm zusätzlich der Umstand als mildernd zustatten kommt, dass das Verbrechen im Versuchsstadium verblieb.

Angesichts seiner Einlassungen, dass es auch in seiner Heimat Rumänien nicht erlaubt sei, einschreitenden Polizeibeamten Geld anzubieten, damit sie eine Anzeige unterlassen (S 74), kann von einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum ebenso keine Rede sein wie im Blick auf die mehrfachen kriminellen Aufforderungen von einer Unbesonnenheit.

Gerade der wiederholte, insistierende, strafrechtlich relevante Bestimmungsversuch unmittelbar nach Überführung wegen eines ursprünglich geleugneten Vermögensdelikts verwehrt - ungeachtet allfälliger fremdenpolizeilicher Konsequenzen für den bereits kurz nach Beginn seines Aufenthaltes im Inland straffällig gewordenen Beschwerdeführer - eine Milderung der ohnehin maßvollen und an der Untergrenze des Strafrahmens orientierten Sanktion.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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