Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Josef W***** wurde des Verbrechens des versuchten Mißbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er am 7.Dezember 1995 in Strass und an anderen Orten Beamte des Gendarmeriepostenkommandos Strass dazu zu bestimmen getrachtet, mit dem Vorsatz, den Staat im konkreten Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen, indem er die gegen ihn einschreitenden Gendarmeriebeamten Manfred R***** und Franz H***** durch die wiederholte Aufforderung, "die Sache zu vergessen" bzw "fallen zu lassen", zur Unterlassung der Anzeigeerstattung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand zu bewegen suchte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Was zur Tatsachenrüge (Z 5 a) vorgebracht wird, vermag in keinem Punkt in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes faßbare Bedenken gegen die Richtigkeit der den bekämpften Schuldspruch tragenden Tatsachengrundlagen zu erwecken. Die auf eine nach § 302 Abs 1 StGB tatbestandsessentielle Rechtsschädigung ausgerichtete Vorsatzkomponente beruht nicht nur auf den Aussagen der mit der in Rede stehenden Amtshandlung befaßt gewesenen Exekutivbeamten über den Wortlaut und Sinngehalt der inkriminierten Aufforderungen des Angeklagten (139 bis 143), sondern auch auf der - im wesentlichen auch in subjektiver Hinsicht unmißverständlich geständigen - eigenen Verantwortung des Angeklagten, wonach ihm "natürlich klar" gewesen sei, "daß die Beamten Anzeige erstatten müssen" (135; US 5 bis 7). Diese Verfahrensergebnisse erweisen sich aber - erneut dem Beschwerdestandpunkt zuwider - im Sinn der Urteilserwägungen durchaus auch dafür als tragfähig, daß der Angeklagte um die mit der Unterlassung der Anzeigeerstattung nach Lage des Falles zwangsläufig verbundene vorsätzliche Pflichtverletzung der Gendarmeriebeamten wußte. Daß in der verwaltungsrechtlichen Gendarmerieanzeige an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz wegen Verdachtes der Übertretung nach § 5 StVO unter der Überschrift "Sonstiges:" über den die Alkoholisierung betreffenden Anzeigebezug hinaus eine beharrliche Kritik des Josef W***** an der sicherheitsbehördlichen Amtshandlung Erwähnung fand, läßt den Inhalt der Sachverhaltswiedergabe in der Strafanzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Schwaz, insbesondere die dort enthaltene Konkretisierung der die Unterlassung einer Anzeigeerstattung betreffenden Beeinflussungsversuche des Angeklagten (15, 37 iVm 41, 67, 87 und 89) ohne jedweden erörterungsbedürftigen Widerspruch unberührt. Der Zeuge Manfred R***** räumte zwar in der Hauptverhandlung über Befragen durch den Verteidiger die subjektive Einschätzung ein, dem Angeklagten könnte nicht bewußt gewesen sein, daß sein inkriminiertes Verhalten auf strafbares Handeln der Gendarmeriebeamten hinwirkte, dies hatte jedoch keine Tatsachenwahrnehmung, sondern lediglich eine persönliche Mutmaßung des Zeugen zum Gegenstand und bedurfte daher gleichfalls keiner Erörterung in den Urteilsgründen. Lediglich vollständigkeitshalber sei dazu auf die eindeutig gegenteilige Deposition des Zeugen Franz H***** verwiesen (141, 143). Daß schließlich wegen einer Verletzung, die der Angeklagte angeblich im Zusammenhang mit der durch sein Verhalten ausgelösten Verweisung aus dem Gendarmeriedienstfahrzeug erlitten haben soll, Erhebungen in Richtung § 88 Abs 1 StGB durchgeführt wurden, betrifft ein hier nicht entscheidendes Randgeschehen, das weder für sich allein noch im Zusammenhang mit bereits erörterten anderen Argumenten der Tatsachenrüge geeignet ist, Bedenken in der Bedeutung des dazu relevierten Nichtigkeitsgrundes auszulösen. Die erstgerichtliche Bejahung der Ernsthaftigkeit der urteilsgegenständlichen Tathandlungen des Angeklagten schließlich findet schon in den Zeugenaussagen der vernommenen Gendarmeriebeamten die von der Beschwerde vermißte aktenmäßige Deckung.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder verfehlt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, soweit sie sich nicht - wie geboten - umfassend an den dem angefochtenen Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen orientiert. Dieser Mangel haftet schon dem (auf Literatur- und Judikaturhinweise gestützten) Einwand an, nicht jedes Ersuchen eines Verdächtigen um Abstandnahme von einer Anzeigeerstattung lasse zwingend auf einen nach § 302 StGB tatbestandsspezifischen Vorsatz schließen, weil das angefochtene Urteil in subjektiver Hinsicht - nach den im Beweisverfahren hervorgekommenen Begleitumständen wie dargelegt formell mängelfrei - unmißverständlich davon ausgeht, daß der in Rede stehende Bestimmungsversuch neben der Wissentlichkeit in bezug auf den Befugnismißbrauch der Beamten auch von entsprechendem Schädigungsvorsatz des Angeklagten geleitet war.
Die Beschwerde ist aber auch nicht im Recht, soweit das letztbezeichnete Vorsatzerfordernis unter Berufung auf Bertel (WK § 302 Rz 114) und Triffterer (StGB-Komm Rz 165 zu § 302) in der Richtung problematisiert wird, daß eine nach § 302 StGB faßbare Schädigung des staatlichen Verfolgungsrechtes bei Verhinderung der eigenen Bestrafung nicht in Betracht komme (in diesem Sinn auch Bertel-Schwaighofer, Österreichisches Strafrecht BT II**2 § 302 StGB Rz 27, 29).
Mag es auch zutreffen, daß ein Straftäter gesetzlich nicht dazu verhalten werden kann, an der Durchsetzung des ihn betreffenden konkreten staatlichen Verfolgungsanspruches mitzuwirken, einen straffällig gewordenen Beamten demnach keine Verpflichtung zur Erstattung einer den staatlichen Interessen an seiner Strafverfolgung dienlichen Anzeige trifft (JBl 1993, 464), so kann von einer diesen Rechtsgrundsatz aktualisierenden Fallkonstellation hier aber nicht die Rede sein. Beschränkte sich doch das vorliegend inkriminierte Verhalten des Angeklagten keineswegs auf die bloße Abstandnahme von persönlichen Beiträgen zur Durchsetzung des ihn betreffenden staatlichen Verfolgungsanspruches. Es hatte vielmehr die Einflußnahme auf zur Anzeigeerstattung verpflichtete Beamten zum Gegenstand, die zu einer strafgesetzwidrig amtsmißbräuchlichen Vorgangsweise mit dem Ziel einer rechtsschädigenden Hintanhaltung seiner Bestrafung bestimmt werden sollten. Die Ausschaltung der Strafverfolgung trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ist aber - entgegen vereinzelt vertretenen Lehrmeinungen (Bertel WK § 302 Rz 114; Bertel-Schwaighofer aaO Rz 27; Triffterer StGB-Kommentar § 302 Rz
165) - in jedem Fall (auch bei entsprechender Selbstinitiative des Delinquenten) als Beeinträchtigung eines konkreten staatlichen Hoheitsrechtes zu beurteilen, deren strafrechtliche Zurechnung jedenfalls dann unproblematisch ist, wenn sich der Tätervorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) - wie hier - darauf erstreckt, die Unterlassung des Hoheitsaktes durch wissentlich pflichtwidriges Verhalten des kontaktierten Beamten zu bewirken. Reduziert sich doch die Verhinderung der eigenen Bestrafung solcherart bloß auf die Bedeutung der tatauslösenden Motivation für die dessen unbeschadet sämtliche objektiven und subjektiven Voraussetzungen nach § 302 StGB strafbaren Mißbrauchs der Amtsgewalt erfüllende (versuchte) Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB. Da die somit zu Unrecht problematisierte Beurteilung des in Rede stehenden Tatgeschehens als strafbarer Bestimmungsversuch zum Mißbrauch der Amtsgewalt im Sinn gefestigter oberstgerichtlicher Rechtsprechung (ua JBl 1995, 801) dem Gesetz entspricht, haftet dem bekämpften Schuldspruch der geltend gemachte materielle Rechtsirrtum nicht an.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider ging das Erstgericht auch unmißverständlich davon aus, daß der Bestimmungsversuch des Angeklagten von entsprechendem Schädigungsvorsatz geleitet war, wozu eine genaue juristische Kenntnis vom Inhalt der in concreto verletzten staatlichen Rechte nicht erforderlich ist. Im Sinn auch dazu gefestigter Vorjudikatur genügt nämlich schon eine - wenn auch laienhafte - Vorstellung des Täters von diesen Rechten (ua SSt 59/9), welche Voraussetzung vom Erstgericht - wie dargelegt abermals mängelfrei - als erwiesen angenommen wurde.
Die Tatsachenfeststellungen zur Wissentlichkeit des Angeklagten hinsichtlich der Verpflichtung der Gendarmeriebeamten zur Anzeigeerstattung (US 5) vernachlässigt die Beschwerdebehauptung, Josef W***** habe sich von der Vorstellung leiten lassen, die Beamten hätten die Möglichkeit zur Verhängung einer Strafverfügung (§ 50 VStG) gehabt. Lediglich vollständigkeitshalber hinzuzufügen ist, daß der Hinweis auf SSt 46/6 schon daran scheitert, daß dort ein - mit der hier aktuellen Fallkonstellation nicht vergleichbarer - Sachverhalt zugrundelag, der ein Vorgehen nach § 50 VStG nicht ausschloß, während der reklamierte Ermessensspielraum hier nicht eröffnet war. Da dieser Umstand dem Angeklagten nach tatrichterlicher Überzeugung bekannt war, erweist sich die nunmehrige Inanspruchnahme eines ihm insoweit unterlaufenen Rechtsirrtums als nicht zielführend.
Der weitere Beschwerdeversuch, den inkriminierten verbalen Bestimmungsversuchen des Angeklagten einen von der erstgerichtlichen Würdigung abweichenden Sinngehalt zu unterlegen, erweist sich als eine im Rahmen der Rechtsrüge unzulässige Bekämpfung der subsumtionswesentlichen Tatsachengrundlagen, die im übrigen aus bereits zur Tatsachenrüge dargelegten Erwägungen auch sonst nicht überzeugt.
Was gegen die Urteilserwägungen, aus denen eine absolute Untauglichkeit des urteilsgegenständlichen Bestimmungsversuchs im Sinn des § 15 Abs 3 StGB ausgeschlossen wurde (US 8), vorgebracht wird, basiert auf der urteilsfremden Annahme, die an die Gendarmeriebeamten gerichteten Aufforderungen des Angeklagten wären weder bestimmt noch ernsthaft gewesen, und scheitern solcherart schon vom Ansatz her.
Jene Beschwerdeargumentation schließlich, mit dem (teils in wörtlicher Anlehnung an die Ausführungen Bertels WK § 302 StGB Rz 81) erneut aus der Sicht einer verzweiflungsgeleiteten "Primitivreaktion" mangelnde Ernsthaftigkeit der Verhaltensintention ins Treffen geführt wird, erschöpft sich abermals - nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung - in dem Versuch, eine für den Angeklagten im Vergleich zur erstgerichtlichen günstigere Variante der Beweiswürdigung nahezulegen.
Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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